Christoph Tepperberg
Helmut Korherr: Für ein gutes Heute und ein besseres Morgen.
Wien: Ephelant Verlag 2021.
262 Seiten, Euro 22,00.-
ISBN: 978-3-900766-28-3
In diesem Buch wird Zeitgeschichte vermittelt: nicht wissenschaftlich referierend, sondern szenisch dargestellt. Der Wiener Ephelant Verlag hat hier sechs Bühnenstücke des österreichischen Dramatikers und Schriftstellers Helmut Korherr in einem Band vereinigt. Dramatische Szenen machen dramatische Schicksale von Persönlichkeiten des 20. Jahrhunderts erlebbar, speziell deren Schrecken und Gefahren im Nationalsozialismus. Es sind »Theaterstücke gegen die Unmenschlichkeit«. Neben berühmten Persönlichkeiten stellt Korherr auch unbekannte Menschen auf die Bühne. Dabei bettet er die Handlung der Stücke durch vorangegangene historische Recherchen in den geschichtlichen Kontext und zeichnet so lebendige Bilder der Vergangenheit. (Details zum Autor: https://helmutkorherr.at/)
»Jakob Wassermann« (S. 7-57)
Als seine Bücher verbrannt wurden, verlor er den Lebensmut! Im ersten Drama erscheint der deutsche Schriftsteller Jakob Wassermann in Gesprächen mit Hugo von Hofmannsthal und Arthur Schnitzler. Der heute eher unbekannte Jakob Wassermann (1873-1934) gehörte zu den meistgelesenen Erzählern des früheren 20. Jahrhunderts. Seine Popularität konnte nicht verhindern, dass er mit der Machtergreifung Hitlers 1933 aus der Preussischen Akademie der Künste ausgeschlossen, seine Werke verboten wurden. Seine Vision von einer Welt des Friedens ohne nationale Spannungen und ohne Rassenhass musste in den Flammen der Bücherverbrennung zu Asche zerfallen. Er starb 60-jährig in Altaussee.
»Eugenie Schwarzwald« (S. 58-86)
Eine Pionierin der Frauen- und Mädchenbildung! Es folgt die österreichische Schulpädagogin Eugenie Schwarzwald geb. Nussbaum (1872-1940), die in einer monologartigen Rede ihr Leben schildert. Die Pädagogin, Frauenrechtlerin und Sozialreformerin kannte in ihrem Kampf für Bildungsgerechtigkeit keine sozialen Schranken. Sie musste 1938 in die Schweiz flüchten, wo sie 1940 verstarb.
»Maria Montessori« (S. 87-114)
Sie hinterliess ihre Spuren im roten Wien! Ähnlich resolut war die Italienerin Maria Montessori (1870-1952), weltbekannte Begründerin der Montessori-Pädagogik. Auch sie lässt der Dramatiker Korherr in einer Ansprache über die Widrigkeiten beim Aufbau ihres weltumspannenden Schulwerkes erzählen.
»Familie Trapp« (S. 115-162)
Ein Chor flieht vor Hitler! Die kinderreiche, mittellose, aber sangesfreudige österreichische Familie Trapp emigrierte 1938 nach Amerika. Der in den U.S.A. ungemein populäre Familienchor gelangte durch das Broadway-Musical The Sound of Music (1959) zu Weltruhm. Korherr versucht in seinem Stück, aus der durch Legenden entstellten Familiengeschichte die Wahrheit herauszufiltern.
»Hakoah führt« (S. 163-211)
Ein Sportklub feiert Triumpfe! Der 1909 gegründete S.C. Hakoa (hebr. Kraft) ist schon lange aus unserem kollektiven Gedächtnis verschwunden. Ein jüdischer Verein, der zwischen 1911 und 1938 das Sportgeschehen in Wien dominierte. Der Zuschauer erlebt Gespräche in Wien, Paris und Tel Aviv, lernt selbstbewusste Sportler kennen, denen Siege über nichtjüdische Gegner gelingen. Das Stück führt in seinem Titel die Erinnerung an einen wichtigen Teil österreichischer Sportgeschichte.
»Untergetaucht« (S. 212-262):
Eine Jüdin überlebt als U-Boot in Wien! Dieses Drama bringt aufwühlende Spannung: Die Frau hat sich einen »deutschen« Namen zugelegt. Wird sie diese Schreckenszeit in ihren wechselnden Notquartieren überleben oder wird man sie aufgreifen und ins KZ deportieren? Das Theaterstück thematisiert die Hilfsbereitschaft von Nichtjuden und erklärt auch ein Stückweit den Gesamttitel dieses Buches.