Christoph Tepperberg
Eva Plank (Hrsg.): Stefan Zweig, Zwiesprache des Ich mit der Welt.
Schriften zu jüdischer Literatur, Kunst, Musik und Politik.
(= Schriftenreihe des Stefan Zweig Zentrum Salzburg, Bd. 14)
Würzburg: Königshausen & Neumann Verlag 2023.
Taschenbuch, 576 Seiten, Euro 49,80.- (Print und eBook)
ISBN/EAN 978-3-8260-7773-9
Stefan Zweig (1881–1942) ist einer der bekanntesten und meist übersetzten europäischen Schriftsteller des 20. Jahrhunderts. Grösste Bekanntheit erlangte er mit seinem letzten, kurz vor dem Suizid im brasilianischen Exil verfassten Werk »Die Welt von gestern«. Einer Facette seines Wesens und Schaffens wurde allerdings in der Literaturwissenschaft bisher wenig Beachtung geschenkt: seiner jüdischen Identität. Er selbst betonte zeitlebens sein Weltbürgertum. Der vorliegende Band verdeutlicht, wie vernetzt der assimilierte jüdische Schriftsteller mit jüdischen Kunstschaffenden seiner Zeit gewesen ist und wie sehr er sich dem Judentum verpflichtet fühlte. Zweigs jüdischen Identität wurde bislang nur in Einzelstudien thematisiert, dabei beschränkte sich die Forschung zumeist auf wenige, bekannte Texte des Schriftstellers. Mit der Textsammlung von Eva Plank wurde diese Lücke in beeindruckender Weise geschlossen. Es sind 170 weitgehend unbekannte, vor allem entlegene Texte zu Literatur, Lyrik und Autobiographischem, aber auch Zweigs politische Äusserungen nach 1933. Sie geben Einblick in das Leben und Wirken jüdischer Schriftsteller, Musiker, bildender Künstler und Politiker in den ersten vier Jahrzehnten des 20. Jahrhunderts. Zweigs publizistische Tätigkeit beleuchtet seine intensive Beschäftigung mit Werken unterschiedlicher Genres und zeigt neben eigener Schaffenskraft vor allem seine Wertschätzung für die Kunstschaffenden seiner Zeit. Die politische Entwicklung mit dem sich zuspitzenden Antisemitismus in Europa wurde von Stefan Zweig vor allem in Statements, Interviews, Aufrufen und Briefen thematisiert. Auch diese Dokumente verdeutlichen, wie sehr die jüdische Identität sein Denken und Handeln bestimmte.
Das Buch ist daher in zwei Abschnitte gegliedert: 1. »Literatur, Kunst, Musik, Psychoanalyse“, 2. »Geschichte, Politik, Zeitgeschehen«. Für den ersten Abschnitt wurden aus dem reichen Fundus kleiner literarischer Formen vor allem Portraits jüdischer Kunstschaffender ausgewählt, diese Materie ist nochmals anschaulich in mehrere Kapitel unterteilt: Literatur, Kunst, Musik, Sigmund Freud (als eigenes Kapitel!), Lyrik und Autobiographisches. Der zweite Teil bietet Texte, die das Zeitgeschehen, vor allem nach der Machtübernahme der Nationalsozialisten in Deutschland (1933) zum Gegenstand haben und Zweigs Engagement für die Anliegen und Nöte des geprüften jüdischen Volkes in schweren Zeiten dokumentieren.
Der Grossteil der Texte der vorliegenden Sammlung stammt aus Rezensionen, aus Vor- und Nachworten in Büchern jüdischer Autoren sowie aus Artikeln in Periodika oder Tageszeitungen. Viele wurden nach ihrem Erscheinen nicht mehr nachgedruckt. Manche Texte waren bereits in Sammelbänden erschienen, andere werden als Übersetzung bzw. in der hier vorliegenden Form erstmals veröffentlicht. Für den Druck wurde grundsätzlich die Erstveröffentlichung verwendet und – soweit ein Manuskript oder Typoskript vorhanden war – sogar Zweigs handschriftliche Korrekturen eingearbeitet. Der Band schliesst mit Kurzbiografien, Quellen- und Abbildungsverzeichnis, Personenregister sowie Nachwort und Nachbemerkung. Die vorliegende Textsammlung ist eine grossartige editorische Leistung!
Die Herausgeberin
Dr. theol. Eva Plank ist Lehrerin und Theologin. Sie absolvierte das Studium der Katholischen Fachtheologie an der Katholischen Privatuniversität Linz mit einer Dissertation über Zweigs Drama »Jeremias« im Vergleich mit dem biblischen Prophetenbuch; Publikationen zu Stefan Zweig und seinen jüdischen Bezügen.