404: Not Found
Im Judentum gehört der Witz zu den essenziellen Bestandteilen des Lebens.
Der jüdische Witz wurde von sehr klugen Leuten analysiert (Sigmund Freud) und erklärt (Salcia Landmann). Deshalb gibt es keinen Grund dafür, das hier nochmals zu tun. Ich kann auch keine neuen Witze erfinden, habe aber beschlossen, Ezzes und kurze Gedanken zu einigen Witzen beizutragen, um diesen Aspekt des Judentums zu beleuchten. Man wird auch erkennen, dass im Judentum wir selbst Teil des Witzes sind. Wir Juden machen uns hauptsächlich über uns selbst lustig. Das ist ein wesentlicher Unterschied zu Witzen, in denen andere das Opfer sind. Hoffnung ist ein essenzieller Teil des jüdischen Lebens und auch Bestandteil vieler Witze. In grossen wie kleinen Tragödien, die einem das Leben beschert, gibt es immer die Hoffnung, dass es besser wird, dass man ok ist und, wenn es ganz aussichtslos scheint und die Welt aus den Fugen zu geraten droht, zu lachen, in der Tragik das Komische zu sehen. Ein Wort hat mich sehr geprägt: Trotzdem nicht aufgeben, an das Gute glauben, auch wenn es schwer fällt, und – »Nu ma lacht«, wenn es nichts anderes gibt in Situationen, die absurd und ausweglos erscheinen. Was ich also will, ist, einige Kategorien bekannter jüdischer Witze und Anekdoten zu präsentieren, und ich lasse Sie wissen, was die Ezzes dahinter sind. In diesem Sinne: Viel Vergnügen!
Lieber G’tt (Good God)
»Guter G’tt, erbarm Dich doch nicht nur über die Fremden!«
Eines der Dinge, die den Juden zugeschrieben werden, ist ihre Auseinandersetzung mit ihrem G’tt. Ich glaube nicht, dass irgendeine andere Religion das tut, aber im Judentum ist es durchaus üblich und ich liebe das.
Feilschen (Haggle)
Simon Parech wandert über Land. Da entdeckt er einen schönen Birnbaum.
»Lieber G’tt, wenn ich hinaufklettern und mir a por Birnen pflicken mechte, 10 Taler teet ich geben fir de Bedirftigen.«
Er beginnt zu klettern, es geht besser als gedacht. Auf halbem Weg sagt er: »Nu, drei Taler teet ich wirklich gebn.«
Endlich, als er schon in Reichweite der Birnen ist, meint er: »Ach wos, gor nix werd ich gebn.«
In diesem Augenblick bricht der As und. Simon fällt auf die Erde. Verstimmt murmelt er: »Gleich schmeisst er! Vielleicht hätt ich jo doch wos gegebn.«
Das ist ein Beispiel für das enge Verhältnis, das Juden zu G’tt haben, eingebunden in alltägliche Belange, in Kleinigkeiten, wie diese Anekdote zeigt: ein G’tt, mit dem man reden und verhandeln kann. Hier zeigt sich, dass G’tt Dir zuhört und Dich auch beim Wort nimmt, wenn Du mit ihm handeln möchtest. Du hältst Dich nicht an Dein Versprechen, G’tt bestraft Dich, aber nicht fürchterlich, sondern eher pragmatisch. Du fällst vom Baum, Deine Kleidung wird schmutzig, Du bekommst die ersehnten Birnen nicht, Du kannst Dich immer noch verteidigen und mit G’tt handeln. Hier zum Beispiel: G’tt, Du weisst auch nicht immer alles über mich. Vielleicht hätte ich ja was gegeben, wenn Du nicht so ungeduldig wärst? Vielleicht hab ich mich ja geändert? Vielleicht weiss ich es ja jetzt besser, nur weil ich denselben Fehler schon so oft gemacht hab, brauchst Du nicht glauben, ich kann mich nicht ändern. Vielleicht liegst Du diesmal falsch, G’tt.
Das Jenseits (The spirit world)
Kohn philosophiert: »Es geht uns schon recht mies auf dieser Welt. Nu, dafir wird es uns im Jenseits um so besser gehen. Dos heisst, gelacht hätt ich, wenn sich herausstellen wirde, dos es dos gor nicht gibt, dos Jenseits.«
Das ist ein Beispiel für das Element Hoffnung. Man erkennt, dass die Welt bis heute nicht besonders nett zu Juden ist oder war. Da ist es einleuchtend, sich in eine schönere, bessere Welt zu denken; wo Menschen freundlicher sind zu einander, wo Dinge gerechter sind und friedlicher. Aber es muss ein Witz sein, wenn es diese Welt im Jenseits nicht gibt. Dann die Erkenntnis und Aufforderung: Du willst eine bessere Welt? Dann trag Deinen Beitrag dazu bei, jeden Tag, viele kleine Dinge, mache sie gerechter, freundlicher, hübscher, friedlicher für alle. Sei präsent im Hier und Jetzt. Die Zukunft ist keinem versprochen, die Vergangenheit vorbei, tue was jetzt! Und wenn es auch anstrengend ist und Du nicht mehr weisst, wie es weitergehen soll: hab Humor und lache! Es hilft.
Cheskel Herz, ein russischer Nihilist, ist zum Tode verurteilt. Kurz vor der Exekution tritt der Rabbiner in seine Zelle.
»Ich komme zu Eich, um Eich das Wort G’ttes zu verkinden.
Herz: For dos brauch ich Eich? In a holben Stunde sprech ich mit Eirem Herrn Chef perseenlich!«
Zwei Dinge fallen auf: Zum einen, ein Rabbi gibt niemals auf, bis zum letzten Augenblick versucht er zu helfen. Zweitens, selbst ein Nihilist weiss offenbar, dass es noch eine höhere Macht geben muss. Nur weil jemand anders ist, andere Ideen oder Glaubensvorstellungen hat, heisst das nicht, dass unsere besser oder schlechter wären, sondern einfach nur anders. Vielleicht hat der andere ja einen direkteren Weg, den wir nicht kennen. Ich liebe das Judentum auch dafür, dass wir niemandem unseren Glauben aufzwingen, niemanden bekehren wollen. Niemand wird jemals den anderen davon überzeugen wollen, dass sein Weg der einzig richtige ist.
Ein anderer Witz dieser Kategorie:
Unglaube (Unbelief)
Zwei Juden treffen sich am Sabbat.
»Stimmt es«, sagt der eine, »dass Du unsern Glauben bist abtrinnig geworn?«
»Jo«, gibt der andere zur Antwort.
»Glaubst denn Du nicht mehr an G’tt?«
Weisst Du, loss uns von wos anderem reden.«
Am nächsten Tag treffen sie sich wieder.
»Es lässt mir keine Ruhe, glaubst Du noch an G’tt?«
»Nejn!«
»Na, dos hättest Du mir oich schon gestern gesagt haben kennen.«
»Bist Du meschugge? Am Sabbat!«
Hier ist es ein Beispiel dafür, dass Kultur und Tradition nicht etwas sind, das man so schnell aufgibt, manche Dinge bleiben einem im Gedächtnis, ob man will oder nicht. Du magst Deine Erziehung und deinen Glauben ausschalten, doch ob es dir gefällt oder nicht, es hat Spuren hinterlassen. Es ist schwierig, kein Jude zu sein.
Hier ein weiterer Witz, der dies unter Beweis stellt:
Nicht am Sabbat (Shabbat)
Am Sabbat geht ein Jude an einem jüdischen Geschäft vorbei. Der Besitzer tritt heraus und flüstert: »Heute Ausverkauf, alles zu halben Preisen!« Der Passant entrüstet sich: »Heute am Sabbat mocht Ihr Geschäfte?« – »Wos fir Geschäfte? – zu holbe Preise!«
Auch hier die Heiligkeit des Schabbat, aber auch das Feilschen mit G’tt. Es ist kein Geschäft, wenn ich alles zum halben Preis verkaufe, mache ich keinen Gewinn. Und ich weiss, dass ich es nicht verstohlen flüstern sollte. Der Passant entrüstet sich, aber vielleicht nicht allzu sehr. Denn schliesslich: Geschäft ist Geschäft, und ein guter Deal ist ein guter Deal.
Die äusseren und inneren Konflikte des Jüdischseins!
Die goldene Mitte (Good business sense)
In einem jüdischen Stetl gab es in einer Gasse ein Haus mit drei Schuhgeschäften. Natürlich hatten alle drei nur einen kümmerlichen Umsatz. Was tun? Eines Tages hing vor dem ersten Laden ein Schild: »Verkauf von hochmodernem Schuhwerk«. Als der Besitzer des zweiten Schuhgeschäfts das sah, liess er sich ebenfalls ein Reklameschild anfertigen: »Importschuhe, besonders preiswert«. Am nächsten Tag prangte über der Tür des dritten Laden ein grosses Schild mit der Aufschrift: »Haupteingang.«
Was wir hier lernen können ist, dass es überhaupt nichts ausmacht, wenn man mit einer guten Idee nicht der Erste ist. Selbst wenn zwei Firmen einander übertrumpfen, viel Geld für Werbung ausgeben, kann immer noch ein Dritter mit Kreativität und Humor den grösseren Profit machen. Deshalb ist es am besten, wenn man zusammenarbeitet.
Mit Hand und Fuss (With Hand and Feet)
Schlojme hat einen Sohn bekommen und lädt seine besten Freunde zur Namensgebung ein.
»Wenn ihr kummt, klopft nur kräftig mit dem Fuss an die Tir.«
»Nu, for wos mit dem Fuss, host Du kenn Klingel?«
»No, ihr werdet doch nicht mit leere Hende kummen.«
Wir werden daran erinnert, dass es unhöflich ist, ohne Gastgeschenk einer Einladung zu folgen. Ganz besonders dann, wenn es etwas zu feiern gibt. Geizige und Schnorrer sind hier angesprochen.
Schlaflosigkeit (Insomnia)
»Noch Eirer gestrigen Predigt konnte ich die ganze Nacht kein Auge zutun«, sagte ein Zuhörer zum Wanderprediger.
»So hobn Eich meine Worte beeindruckt?«
»Dos weenigr. Aber wenn ich am Tog schlafe, liege ich hinterher die gonze Nacht wach.«
Zwei Dinge fallen auf: selbst wenn Du von Deinem eigenen Job sehr beeindruckt bist, müssen andere das nicht auch so sehen. Manche teilen Deinen Enthusiasmus vielleicht nicht oder finden langweilig, was Du tust. Vielleicht schlafen sie auch dabei ein. Die Ezzes: Mach Dir nichts draus, tu, was Dir Freude macht, und kümmere Dich nicht allzu sehr darum, was andere davon halten. Es genügt, wenn Du Dein Bestes gibst. Das allein zählt. Zum anderen: Wer sich die Nacht um die Ohren schlägt, darf sich nicht wundern, wenn er am nächsten Tag nicht wach bleiben kann. Genauso wenig, wie man sauber bleibt, wenn man im Dreck spielt. Dein Tun hat Konsequenzen. Manchmal sind diese leicht zu verstehen, manchmal nicht sofort. Wenn Du Dich in einer heiklen Situation befindest, denke drüber nach, wieviel Du vielleicht selbst dazu beigetragen hast.
Kleingläubig? (Little Faith)
Ein chassidischer Rabbi errichtete am Ende des Dorfes einen Turm, auf dem einer seiner Jünger Posten steht, um das Dorf vom Eintreffen des Messias zu benachrichtigen.
Ein fremder Jude kommt des Wegs und ruft hinauf:
»Worauf wartet Ihr denn da oben?«
»Ich halte Ausschau nach dem Messias.«
»Damit verdienen Sie aber nicht allzu viel, oder?«
»Dos nicht, aber es ist ein sicherer Posten, bis on meines Lebensende.«
Dazu fallen mir folgende Dinge ein. Es ist in Ordnung, sich einen langweiligen Job zu wählen, wenn man nur ein geregeltes Einkommen haben möchte. Oft hält ein fader Job das Hirn frei für spannendere Dinge. Ein gutes Beispiel dafür war Albert Einstein, der sich für einen langweiligen Job in einem Patentamt in der Schweiz beworben hat. Das gab ihm die Sicherheit eines geregelten Einkommens, die Gewissheit, dass er sich um Miete und Rechnungen nicht sorgen musste. So konnte er in Ruhe über seine Projekte nachdenken, da sein Broterwerb nicht herausfordernd war. Man kann auch Dinge delegieren. Der Rabbi hatte vielleicht andere Dinge zu tun und noch keinen Plan für den Messias. So hat jemand anderer den Job bekommen. Man muss nicht immer alles selbst machen. Manchmal warten wir für eine lange Zeit auf etwas und wissen nicht, wie die Sache ausgeht. Vielleicht, weil wir das falsche Konzept haben, oder eine These sich nicht erfüllt hat, oder uns die nötige Einsicht fehlt. In der experimentellen Physik kann man oft viele Fragen noch nicht beantworten. Aber Studenten und Professoren stürzen sich mit Freude in ein Forschungsprojekt, dabei wissen sie nicht, ob sie Antworten finden werden und Resultate, die sie sich erhoffen. Das sind die Risken, die manche auf sich nehmen.
Bestechende Logik (Logic)
Der Rebbe ermahnt seinen Bruder, er solle doch mit dem Saufen aufhören, das schade dem Ruf der Familie.
»Wos willst Du denn?« fragte der Trinker, »meine Familie ist besser als Deine!«
Der Rebbe schaut ihn nur verständnislos an.
»Dos kann ich beweisen: ich hob einen Bruder, der ist Rabbiner, Du aber hast nur einen Sajfer zum Bruder!«
Dieser Witz beschreibt eine wichtige Perspektive. Es gibt ein Sprichwort: »Wenn Du die Dinge unter einem anderen Blickwinkel betrachtest, verändern sich die Dinge, die Du betrachtest.« Eine geänderte Perspektive ist manchmal das Einzige, was uns in schwierigen Situationen hilft, Dinge ändern zu können. Es kommt auch darauf an, worauf wir uns fokussieren. Die Dinge, auf die Du Dich konzentrierst, gewinnen an Bedeutung. In einer Familie können Geschwister ähnliche oder unterschiedliche Lebenswege einschlagen. Alle Mütter können beruhigt sein: es ist nicht Eure Schuld, wenn eines Eurer Kinder nicht das wählt, was Ihr für es erwünscht habt. Es ist ihr Weg, ihre Entscheidung. Vielleicht müssen oder wollen sie auch andere Dinge lernen. Auch wenn Du der Rabbi in der Familie bist, sei achtsam, liebevoll und geduldig, Dinge können sich ändern und zum Guten wenden.
Auch hier geht es um:
Zwei Juden sitzen auf einer Parkbank und lesen Zeitung.
Einer schaut zum anderen und meint ganz verwirrt: »Du liest den Stürmer?« Diese ganz schreckliche, antisemitische Nazi-Zeitung? Warum machst Du dos?«
Seufzend erwidert dieser: »Nu, was sogt Deine Zeitung iber uns Juden?«
– »Na ja, im Zionist steht, dass wir verfolgt werden, geschlagen, dass unsere Geschäfte niedergebrannt werden, unser Eigentum uns weggenommen wird, wir aus unseren Wohnungen vertrieben werden, und wir in Zügen wer weiss wohin verfrachtet werden.« – »Genau – Nu, in meiner Zeitung steht, wir haben wichtige Männer in allen wichtigen Ämtern weltweit, wir kontrollieren das gesamte Bankwesen, wir sind eine unaufherliche Macht, nicht unterzukriegen. Nu sag Du mir, welcher Jude mechtest Du sein?«
Dies ist ein anderes Beispiel dafür, dass Juden immer schon eine trotzige Resilienz haben, selbst unter den schrecklichsten Umständen. Wenn man an die Wand gedrückt wird, bleibt einem nur die Perspektive der Hoffnung. Man kann sich entscheiden: Schau ich auf die Welt und die Dinge, die mir Hoffnung geben, oder stürze ich mich in absolute Verzweiflung.
Ein Wunder (A Miracle)
Ein Chassid erzählt: »Einmal fiel unser Rebbe ins Wasser. Dort war es iber drei Meter tief, und der Rebbe konnte nicht schwimmen. Zum Glick hatte er zwej marinierte Heringe bei sich. Die nahm er in die Hände, sie wurden lebendig und zogen ihn heraus.«
»Das glaubst Du doch selber nicht. Wie willst Du das beweisen?«
»Nu, Du siehst doch: der Rebbe ist noch am Leben!«
Im Judentum gibt es einen Satz: Wer nicht an Wunder glaubt, ist kein Realist. Dieses Wunder-Satz ist im wahrsten Sinne des Wortes etwas Wunderbares. Es gibt viele Geschichten von wundersamen Heilungen, oder wundervollen Dingen, die geschehen sind. Manchmal gibt es Ereignisse, die so unglaublich erscheinen, dass selbst der Erzähler sie kaum zu glauben vermag. Man hat dann zwei Möglichkeiten, entweder man amüsiert sich darüber oder man glaubt, dass die Geschichten wahr sind oder möglicherweise wahr sein könnten. Auf jeden Fall fühlt man sich wieder an seine Kindheit zurückerinnert, als Wunder und viele phantastische Dinge geschehen konnten. Unserer Kreativität waren damals keine Grenzen gesetzt. Diesen Schatz und Zugang zur Welt sollten wir auch als Erwachsene nicht gänzlich verlieren. Denn Dinge geschehen, die Du nie für möglich gehalten hättest. Wunder geschehen. Das sollte man nie vergessen.
Weil Wunder so viel Spass machen: Es gibt noch einen anderen Witz, an den ich mich von meiner Mutter erinnere. »Wunder« ist ein gebräuchlicher jüdischer Name, im Deutschen jedoch zugleich das Wort für »Wunder« (das englische Miracle). Im Deutschen ist der Witz daher auch ein Wortspiel mit den verschiedenen Bedeutungen von »Wunder«
Kohn kommt zum Rabbi und fragt: »Rebbe, ich bin jetzt 76 Johr, und mein Weib, die Sarah, sie ist 25. Und wie’s G’tt will, ist sie schwanger. Ich tu nachts kein Auge mehr zu wegen der Frage: Bin ich der Vater von dem Kind oder nicht.«
Sagt der Rebbe: »Dariber muss ich klären [nachdenken], komm morgen wieder.«
Anderntags sagt der Rebbe:
»Kohn, ich hab geklärt:
Bist Du der Vater, is es a Wunder!
Bist Du nicht der Vater, is es a Wunder?«
Kinder sind immer ein Wunder. Und über manche Dinge soll man sich eben nicht wundern.
Da wird einem heiss! (Dialog in a streetcar)
Schmuel sitzt in der Strassenbahn in Berlin, es ist tiefster Winter und das Fenster neben seinem Sitz ist halb offen. Der Fahrgast hinter ihm friert und tippt Schmuel auf die Schulter: »Würden Sie bitte das Fenster zumachen, es ist kalt draussen!« Keine Reaktion. Er versucht es noch einmal und noch einmal, jedesmal mit mehr Nachdruck. Genervt ob so viel Unfreundlichkeit lehnt sich der Fahrgast schliesslich über die Sitzlehne und schmeisst das Fenster selbst zu.
Schmuel: »Nu, und jetzt is es worm draussen?«
Auf den ersten Blick könnten wir sagen: Dieser Typ ist unfreundlich! Wir wissen aber nicht, warum er nicht antwortet. Es könnte einfach ein Kommunikationsproblem sein. Vielleicht muss man präziser kommunizieren. Die Winter sind in der Regel kalt, ausser man lebt in Kalifornien oder an einem anderen sonnigen Ort. In dem Fall wäre eine Antwort nicht wirklich erforderlich. Wenn Sie aber sagen, »ich friere, mir ist kalt«, dann ist das eine andere Sache. Nicht immer ist es so einfach wie hier, ein Problem zu lösen, indem man einfach ein Fenster schliesst. Wenn man jedoch nicht das Schlimmste von seinem Gesprächspartner annimmt und versucht, Dinge präziser zu kommunizieren, könnte so manches schneller gelöst werden.
Der nächste hat auch mit Kommunikation zu tun:
Im Restaurant (A Rabbi in a restaurant)
Ein Rabbi bestellt in einem Restaurant eine Suppe.
Der Ober bringt die Suppe und will weggehen.
Sagt der Rebbe zu ihm: »Kosten Sie die Suppe!«
Der Ober: »Ze kalt? Ich kann eine andere bringn.«
Rabbi: »Kosten Sie die Suppe!«
Ober: »Kein Problem, ich kann Ihnen wirklich ganz schnell eine frische, warme Suppe bringen.«
Rabbi: »Kosten Sie die Suppe!«
Der Ober setzt sich an den Tisch. Er sucht nach etwas:
»Es is ka Leffl du.«
Der Rabbi: »O!«
Meschugge (Just crazy)
Zwei Freunde geraten in einen Streit.
»Du bist so verrückt!« schreit der eine.
»Vielleicht bin ich wirklich verrückt. Aber die Frage ist: Bin ich meschugge, weil ich Dein Freund bin, oder bin ich Dein Freund, weil ich meschugge bin?«
Des Pudels Kern (The essence of things)
»Eli, ich will Dir a Problem zu lesen geben: Do ist a Teich, rund herum fiehrt a Weg. An einem Ufer steht a Dackel und will auf die andere Seite. Er darf ober nicht schwimmen, oich nicht auf dem Weg laufen. Wie kummt er hiniber?«
»Do muss ich denken ... Nejn, ich wejs es nicht.«
»Gonz ejnfach: er schwimmt.«
»No, ich denk, er soll nicht schimmem?!«
»Nu, er schwimmt eben doch!«
Der falsche Adressat (Wrong one asked)
Ein Jude reitet wie wild auf seinem Ross durch die Gegend.
Ein Freund ruft ihm zu: »Was reitest so schnell? Und wohin?«
Ehe der Reiter aus Hörweite verschwindet, gibt er zurück:
»Was frogste mich, frog’s Pferd.«
Irrtum (Mistake)
Tante Sara, das grösste Schandmaul der Familie, ist verstorben. Der Rabbi hält die Leichenrede. Er lobt die Friedfertigkeit und Milde der Entschlafenen, ihre Bescheidenheit und Zurückhaltung. Onkel Isaak hält es nicht mehr aus: »Kumm«, sagt er zu seinem Neffen Moritz, »me sind auf der falschen Beerdigung.«
Es gilt die allgemeine Regel, dass man über Verstorbene nicht schlecht reden soll. Manchmal gibt es aber überhaupt nichts Nettes zu sagen. In diesem Fall ist es besser, gar nichts zu sagen, denn jedes Lob, dass nicht ehrlich ist, würde Personen, die den Verstorbenen gekannt haben, verärgern. Man kann das an diesem Beispiel erkennen. Es ist auch ok, Kindern zu sagen, wenn etwas nicht in Ordnung ist. Es ist viel besser, wenn Kinder die Wahrheit erfahren und man ihnen keine Lügengeschichten erzählt. Kinder vertragen die Wahrheit. Das gilt für Kinder in allen Belangen und Lebensbereichen. Es erinnert uns aber auch daran, dass wir ein gutes Leben führen und etwas hinterlassen, dass die Welt ein wenig besser gemacht hat und bereichert hat, weil Du gelebt hast.
Was ist Relativität? (What is relativity?)
»Feitl, Du bist doch a kluger Mensch; konnst Du mir erklären: Wos ist Relativität?« – »Gonz einfach. Stell Dir vor, Du sitzt mit’m Toches [Hintern] oif’m gliehende Ofn. Dann wird Dir eine Sekunde wie eine Stunde vorkommen. Bist Du aber mit einem hübschen Mädchen zusammen, wird Dir eine Stunde wie eine Sekunde vorkommen.« – »Und mit die Schmonzes reist Einstein nach Amerika?!«
Es gibt doch Dumme Fragen! (A Dumb question)
Ein berühmter jüdischer Pianist gibt ein Gastkonzert. Der Saal ist voll, das Voyer ist voll, die Vorhalle ist voll, die Leute stehen dicht gedrängt selbst auf der Treppe, wo sie nichts mehr sehen können. Mitten in Liszt’s »Mephistowalzer« fragt ein Jude den andern: »Geigt er oder blost er?«
Der Philosoph (The Philosopher)
Zwei Juden sitzen still bei einem Glas Tee. »Weisst Du«, sagt der eine, »Das Leben ist wie ein Glas Tee mit Zucker.« – »Ein Glas Tee mit Zucker?« fragt der andere. »Wie kommst Du da drauf?« – »Wie soll ich dos wissen?« antwortet der erste, »Bin ich a Philosoph?«
Es kommt drauf an (It depends)
»Weisst Du Moritz, den einen, den ich eingestellt hab, ist garantiert ehrlich.« – »Woher wejst Du dos?«
»No, ich hob 20 Cent oif’n Ladentisch gelegt und er hot se nicht genommen.« – »20 Cent! Zwej Dollar musst Du hinlegen!” – »Wos hejst zwej Dollar?« – »Na, zwej Dollar nehm ich oich!«
Es ist einfach, ehrlich zu bleiben, wenn es sich nicht lohnt, dabei unsere Reputation aufs Spiel zu setzen. Manchmal werden wir korrupt, wenn grosse Summen im Spiel sind. In der Politik und in der Wirtschaft kommt es leider vor, dass Menschen für grössere Summen ihre guten Grundsätze und Ehrlichkeit über Bord werfen. Aber früher oder später kommt es ans Tageslicht und unsere Konstrukte fallen in sich zusammen wie ein Kartenhaus. So ist schon manche umjubelte Person auf die Nase gefallen.
Der nächste knüpft auch an dieses Konzept an:
Der Wert von Beispielen: Vater, was ist Ethik? (Examples)
»Vater, wos bedeitet ejgentlich Ethik?« – »Ich will Dir a Beispiel sagen: Zu mir ins Geschäft kummt a Kunde, kauft an Mantel for 60 Dollar und zahlt mit an Hunderter. Wie ich hinschau, hot er dos Wechselgeld vergessen. Siehst Du, und jetzt beginnt die Ethik: Soll ich das Geld einstecken, oder soll ich’s mit meinem Kompagnon teilen?«
Wissen (Knowledge)
Ein Mann hat eine Autopanne. Mehrere Mechaniker versuchen sich daran, ohne Erfolg. Da kommt ein jüdischer Autoschlosser, hebt die Motorhaube, schlägt mit dem Hammer einmal zu und der Wagen läuft wieder. Der Mann ist glücklich und sagt: »Was bin ich Ihnen schuldig?«
»Zweihundert Dollar.« – »Zweihundert Dollar?« Das ist dem Mann zuviel und er verlangt eine detaillierte Rechnung.
Der Jude schreibt: »Schlag mit dem Hammer 10 Dollar, gewusst wo 190 Dollar, macht 200 Dollar.«
Die stärkeren Argumente (The stronger argument)
Ein jüdischer Versicherungsagent will sich getauft lassen. Eine volle Stunde bleibt er beim Pfarrer, bis er wieder auf die Strasse tritt.
»Nu, hot er Dich getäuft?«, will sein Freund wissen.
»Nejn«, entgegnet der Agent und wischt sich den Schweiss von der Stirn, »Ober ich hob en versichert!«
Qualitätsarbeit (Quality work)
Ein Mann bestellt bei einem Schneider ein Paar Hosen. Die Hosen wurden und wurden nicht fertig. Endlich, nach zwei Monaten kann er seine Hosen abholen.
Der Kunde will nicht weggehen, ohne vorher etwas zu sagen und
murrt: »Hat G’tt die Welt gemacht in sechs Teg und Ihr braucht far a por Hosen zwej volle Monatn!«
»Nu, wos: Schaut Eich die Welt an«, entgegnete der Schneider, »no und donn schaut Eich diese Hosen an!«
Qualitätsarbeit braucht Zeit. Und falls Du nicht G‘tt bist, solltest Du nicht hudeln, denn es kann Dich teuer zu stehen kommen und doppelt so lange brauchen. Ausserdem: Selbst ER darf für seine Arbeit kritisiert werden.
Grösser aber als alles ist die Weisheit! (Wisdom)
Der alte Blom übergibt seinem Sohn das Geschäft.
»An zwei Prinzipien musst Du unbedingt festhalten: das sind die Ehre und die Weisheit.«
»Wos bedeuten diese bejden Prinzipien?« will der Sohn wissen.
»Ehre bedeutet, doss Du sollst immer halten, was Du versprichst. Wenn Du einem Kunden hast versprochen am 15. September eine Ware zu liefern, dann musst Du das tun!«
»Und die Weisheit?«
»Die Weisheit bedejtet, dass man nie etwas genau versprechen soll!«
Dazu nur ein Satz: Sag nicht immer alles, was Du weisst, aber wisse stets, was Du sagst!
Ein reicher Mann kann wegen schwerer Krankheit durch Monate das Bett nicht verlassen.
»Seit er krank ist, ist er weniger geizig«, sagt ein Schnorrer zum anderen. »Ja«, meint dieser, »er ist wirklich grosszügig.« – »Na und, a grosse Sache?« sagt der andere, »mit dem Geld von seine Erben!«
Hier sehen wir ein interessantes Konzept und eines, das uns nicht unbedingt stolz machen sollte. Wir kennen Politiker, die sich, wenn sie ihre Chance auf Wiederwahl zu verlieren drohen, oder Menschen, deren Partnerschaft in die Brüche gehen könnte, sich plötzlich sehr grosszügig zeigen. Meist nicht auf noble Art und Weise. Sie hatten keinen plötzlich Sinneswandel, hatten sich nicht aus tiefstem Herzen geändert. Es ist vielmehr der Gedanke: Wenn ich mein Geld nicht behalten kann, meine Reichtümer, meine Investitionen, dann sollst auch Du nichts davon haben. Da werfe ich mein Geld lieber zum Fenster hinaus und bin plötzlich grosszügig mit Dingen, die mir im Grunde gar nicht mehr gehören. Wenn also ein Geizhals plötzlich grosszügig wird, ist die Sache wahrscheinlich nicht ganz koscher und man sollte vorsichtig sein.
Berechtigte Vorwürfe / Einbruch (Burglary)
Mandelbaum steht wegen Einbruchdiebstahls vor Gericht.
»Eins versteh ich nicht«, sagt der Richter, »in der Wohnung lagen viele Wertgegenstände unverschlossen herum. Wieso haben Sie nur wertloses Zeug mitgehen lassen?«
Mandelbaum ist sichtlich zerknirscht: »Ich halte dos nicht mehr aus, Eier Ehren! Meine Frau hot mir schon genug Vorwirfe gemocht dariber, und nu fongt Ihr oich noch domit an.«
Dazu zwei Dinge: Wenn Du kein Ganove bist, versuche erst gar nicht einer zu werden. Du wirst höchstwahrscheinlich keinen Erfolg damit haben. Und Frauen, versucht nicht, Eure Männer zu ändern, auch das wird kein erfolgreiches Unterfangen. Das Einzige, was man ändern kann, ist man selbst, hoffentlich immer nur zum Guten.
Noch nicht (Not Yet)
Ein Arzt wird zur Niederkunft der Gräfin Rothstein gerufen.
Er sieht, dass es noch nicht so weit ist und überredet den Grafen mit ihm Karten zu spielen. Nach einer Weile konnte man die Gräfin hören: »Oh, mon Dieu, comme je souffre.« Der Gatte springt auf, der Doktor zieht ihn zurück an den Tisch: – »Noch nicht!« Sie setzen das Kartenspiel fort. Die Gräfin nach einer Weile: »Mein G’tt, mein G’tt, was für Schmerzen!« – »Doktor, wollen Sie nicht endlich zu ihr reingehen?« – »Nein noch nicht, es ist noch Zeit!« Sie spielen weiter Karten. Dann hören sie ein lautes »Oj weh, oj weh!« Der Doktor springt auf, wirft die Karten auf den Tisch und sagt: »So, jetzt ist es so weit!«
Der Witz erinnert uns nicht nur daran, dass eine Geburt eine schmerzhafte Angelegenheit ist, sondern auch daran, dass in Extremsituationen unser wahres Selbst zum Vorschein kommt. Wir können uns hinter einer Fassade von Kultur und gehobener Sprache verstecken, vorzügliches Benehmen haben, wenn wir uns im öffentlichen Raum bewegen. Allerdings in Zeiten von Agonie und Verzweiflung kommt unser Innerstes zutage. Wir sollten uns klar machen, dass es solchermassen in unserem Leben nichts gibt, wofür wir uns schämen müssten.
Ein Telegramm (Cool)
Ein Geschäftsmann amüsiert sich in der Grossstadt. Als er in sein Hotel zurückkehrt, findet er ein Telegramm seiner Frau vor: »Bin schwer erkrankt, komm sofort nach Haus!«
Vorsichtig faltet der Mann das Telegramm wieder zusammen, legt es auf seinen Nachttisch und sagt: »Spass! Wer ich morgen frieh an Schreck kriegen!«
Zuerst mag es uns kaltherzig erscheinen, wenn wir nicht sofort auf ein dringendes Problem reagieren, besonders dann, wenn es sich um ein Familienmitglied handelt oder einer Person, die uns nahesteht. Ich habe mich selbst dabei ertappt, eine potentiell schlechte Nachricht etwas hinauszuschieben, nicht unbedingt, um in die Stadt zu gehen und mich amüsieren zu können. Meine Eltern sind sehr alt, beide über 90, wenn sie also anrufen, kann man vermuten, dass es keine guten Nachrichten sind. So habe ich manchmal abends das Telefon einfach abgeschaltet, denn ich lebe ich in den Staaten, meine Eltern in Europa. Es ist schon in Ordnung mit sich selbst und nachsichtig zu sein. Wenn etwas Schlimmes geschieht, kann man oft nichts tun. Man ist geographisch zu weit entfernt, um ein Problem lösen zu können. Oft hat man am Morgen einen klareren Kopf für ein Problem, oder ist mutiger mit einer schwierigen Situation umzugehen. – Auch der Ehemann hier ist in einer anderen Stadt, kann wohl auch nicht sofort helfen. Allerdings muss man sich darüber im Klaren sein, dass es vielleicht das letzte Mal ist, mit der anderen Person sprechen zu können. Keine einfache Entscheidung.
Soldaten sind auch nur Menschen (Soldiers are only people)
Ein Jude kommt frisch an die Front. Rasch nähert sich ein feindliche Patrouille. Das Feuer wird eröffnet. »Hert auf zu schiessen!« schreit der Jude, »Seht Ihr nicht, doss dort Menschen sind?«
Das ist ein Witz aus der österreichisch-ungarischen Monarchie. Inzwischen sind Juden vor allem in Israel für ihre militärischen Erfolge bekannt. Die Grundlagen jedoch bleiben: Es geht immer um Menschen. Wir wären besser dran, wenn die Entscheidungsträger sich klarmachen würden, dass in einem Krieg immer Menschen involviert sind, Soldaten wie Zivilisten. Es handelt sich nicht um »Kollateralschäden«, wie es oft in Medien und politischen Statements heisst. Es sind Menschen! Väter, Mütter, Kinder, Städte, Landstriche, Kulturen. Sie alle werden Opfer des Krieges. Ist dies wirklich unvermeidlich? Könnten wir unser schwer erwirtschaftetes Geld nicht für etwas Schönes ausgeben, anstatt für Waffen? Wäre es nicht besser zu bauen als zu zerstören? Ich halte es mit John Lennon: »Vielleicht brauchen wir doch mehr Träumer!«
Ein weiterer, der sich auf den ersten bezieht:
Es menschelt überall (There are people everywhere)
Vor der Schlacht feuert der Hauptmann seine Leute an: »Soldaten, jetzt geht es Mann gegen Mann!« Gefreiter Feldmann fragt: »Herr Hauptmann, kennt Ihr mir nicht mejnen Mann zeigen? Viellejcht kenn mer uns jo gietlich ejnigen.«
In dem Witz erscheint es lustig, dass ein Soldat so etwas fragt. Doch im Wesentlichen stimme ich ihm zu. Wäre es nicht für alle Beteiligten viel klüger, wenn wir tatsächlich solche Kompromisse eingehen könnten? Das ist möglich. Sehen wir uns die heutige Europäische Union an. Mehrere diese Nationen befanden sich seit Jahrhunderten gegeneinander im Krieg. Jetzt gibt es keine Grenzen mehr, alle Nationen sind wirtschaftlich und sozial an einem viel besseren Ort, die Menschen können freier reisen, ehemalige Feinde sind zum Wohle aller vereint. Das kommt allen zugute! Vielleicht könnten wir versuchen, dies weltweit zu tun. Es gibt jüdische Witze von und über Juden, die in Israel leben. Dabei ist der Humor noch dunkler als der »normale« jüdische Humor, doch ein Spiegelbild der Widerstandsfähigkeit dieser Menschen, die immer noch lachen können.
Zwei alte Männer lassen sich auf einer Parkbank in Tel Aviv nieder, Nach einem Moment erkennen sie sich als lange verlorene Freunde.
»Reuven!” sagt der eine, »Reuven , wie geht’s Dir? Es ist Jahrzehnte her, da wir junge Männer aus der selben alten Stadt waren! Wie geht’s Dir? Wie geht’s Deinen Eltern”
– »Oh«, sagte der andere. »Oh, sie sind schon vor Jahrzehnten verstorben. Jetzt sind wir alt, Schimon.«
»Ja gut, natürlich«, antwortete Schimon. »Das war wohl zu erwarten. Mein Beileid! Aber Deine Geschwister? – Ich liebte es, mit ihnen Zeit zu verbringen. Wie geht es ihnen? »Oh«, meinte Reuven. »Oh, Du hast nichts davon gehört? Mein Bruder ist vor 10 Jahren an Krebs verstorben.«
»Tut mir leid!« sagt Schimon. »Das sind ja schreckliche Neuigkeiten! Aber was ist mit Deiner Schwester? Sie war ja so reizend!«
»Oh«, meinte Reuven. »Oh, wir waren wirklich nicht mehr in Kontakt, oder? Sie starb schon vor 15 Jahren. Ein Schlaganfall.«
»Ahh«, antwortete Schimon. »Gut, und wie geht’s Deiner schönen Frau?! Ich hab sie nicht gesehen, seit sie eine jüngere Mutter war.«
»Oh”, sagte Reuven. »Hast Du nichts davon gehört? Sie starb vor 5 Jahren. Eine Busbombe.«
Jetzt ist Schimon völlig verwirrt. »Und Deine Kinder?« drückt er schliesslich heraus. »Wie geht’s Deinen Kindern?«
»Du lachst”, sagt Reuven. »Sie sind auch tot.«
Ja, wir lachen immer noch! Selbst nach solchen Tragödien, in solch verheerenden Situationen, können wir immer noch den grotesken Humor erkennen. Woran es auch erinnert, ist, dass Sie sich die Zeit nehmen sollten, sich bei Ihren Freunden zu melden. Die Zeit vergeht so schnell, dass wir in unserem geschäftigen Leben manchmal den Überblick verlieren. Rufen Sie sie an, verbringen Sie Zeit mit ihnen und lassen Sie sie wissen, dass sie Ihnen immer noch am Herzen liegen. Andernfalls wachen Sie eines Tages auf und Ihre Freunde sind nicht mehr da. Denken Sie daran: Menschen und Erfahrungen sind wichtiger als Dinge. Also wählen Sie mit Bedacht!
Bombenalarm (Bombs)
Ein Bombenangriff auf Jerusalem. Die Menschen hasten zu den Luftschutzbunkern, und Blum beklagt sich bei Stern: »Das hab ich wieder schlecht gemacht, hab meine Zahnprothese zu Haus vergessen.« – Darauf Stern achselzuckend: »Und wos glaubst Du, wird jetzt runterkommen? Belegte Brötchen?«
Hier geht es wieder um die Perspektive: Wir sollen uns nicht zu viele Gedanken über Kleinigkeiten des Alltags machen. Die meiste Zeit machen wir uns Sorgen über Dinge, die nie eintreten. Konzentriere Dich auf die Gegenwart. Tu was getan werden muss und gib dabei Dein Bestes.
Frau Solomon: »Vielen Dank, Frau Ginsberg, für Ihre Einladung zu Kaffe und Kuchen. Ihr Kuchen war so gut, dass ich gleich drei Stück davon gegessen hab!«
Frau Ginsberg: »Vier! Aber wer zählt schon?«
Einerseits ein Beispiel für Spiessertum und Kleinlichkeit, andererseits vielleicht auch dafür, dass Freunde Dir immer die Wahrheit ins Gesicht sagen oder Dich korrigieren können. Sei dankbar für solche Freunde. Sie sind Juwelen!
Der Staat Israel (The State of Israel)
Der Staat Israel ist erst wenige Wochen alt.
Herr Schechter wurde zum Bürgermeister gewählt. Er öffnet gerade sein neues Büro, als jemand an seine Tür klopft.
Der neue Bürgermeister wollte seinen Besucher beeindrucken und ruft »Herein bitte”, dabei hebt er seinen Telephonhörer ab und tut so, als führte er ein wichtigen Gespräch auf höchster Ebene.
– »Ja, Herr Ben-Gurion, ich bin einverstanden, aber bitte warten Sie noch mit Ihrer Entscheidung bis ich mir alle Unterlagen angeschaut habe. Ja, ich danke Ihnen vielmals, Herr Ben-Gurion. Ich erwarte Sie und Ihre Gattin heute Abend bei mir zu Hause zum Dinner!«
Er legt auf und wendet sich seinem Besucher zu, der geduldig am anderen Ende des Schreibtisches gewartet hatte.
»Junger Mann”, sagte er, »Was kann ich für Sie tun?«
»Nichts«, antwortet der Besucher. »Ich bin her geschickt worden, um Ihr Telefon anzuschliessen.«
Nimm Dich doch nicht zu wichtig! Wenn Du vorgibst wichtiger zu sein als Du bist, wird es schnell zu Deinem Nachteil. Am Ende kommt alles ans Tageslicht, nicht selten in Situationen, in denen man es am wenigsten erwartet.
Zeitungen in aller Welt geben in ihren Schlagzeilen bekannt, dass sich ein Krieg zwischen Ägypten und Israel anbahnt. Die israelische Armee ist bestens vorbereitet; das einzige was fehlt, ist ein Kommandant für das einzige U-Boot des Landes. George Rothschild, Sohn einer sehr reichen Familie, der zufällig auch U-Boot-Kapitän ist, meldet sich freiwillig.
Am dritten Tag des Krieges wird ein ägyptisches Kriegsschiff gesichtet. Tief unter der Meeresoberfläche trifft der Kapitän alle Vorbereitungen, um das frefeindliche Schiff zu versenken.
»Merkt Euch, Männer«, sagt er, »Torpedos wachsen nicht auf den Bäumen! Jeder kostet 20.000 Dollar, also zielt besser und feuerst nicht ohne meinen Befehl! Jeder Fehlschuss geht auf Eure Rechnung!«
»Der Feind ist 200 Meter vor uns!« meldet ein Matrose. – »Feuer!« kommandiert Rothschild. Aber der Schütze bewegt sich nicht.
»Der Feind ist 100 Meter vor uns!« ruft der Steuermann.
»Feuer!« kommandiert Rothschild abermals, doch der Schütze rührt sich nicht.
»Ok, ok! Feuer!« schreit Rothschild verzweifelt. »Ich bezahl die Torpedos!«
Das erinnert uns daran, dass, egal wie reich wir sind oder wie viel etwas kostet, nichts einem Menschenleben gleichkommt. Alles Geld der Welt bedeutet nichts, wenn man tot ist. Es zeigt uns auch den Unterschied, etwas aus der Perspektive der Sicherheit und der Gefahr zu betrachten. Sobald wir echt in Gefahr sind, ändert sich alles ziemlich schnell. Für mich ist es auch eine Erinnerung daran, sich darauf zu konzentrieren, wofür man sein Geld ausgibt. Wofür möchten Sie am Ende in Erinnerung bleiben? Einfach viel Geld zu haben oder etwas Gutes und Wertvolles damit gemacht zu haben.
Ein weiterer über Israel:
Chuzpe (Chutzpah)
Im Hafen von New York City kommt ein alter Mann zum Kapitän eines israelischen Schiffes und sagt: »Ich hab mir immer gewünscht, in Israel zu sterben. Jetzt bin ich über achtzig Jahre alt und spüre, wie ich jeden Tag schwächer und kränker werde. Ich hab aber kein Geld für die Überfahrt. Gibt es eine Meglichkeit, dass Sie mich trotzdem mitnehmen?«
Dem Kapitän, ein gutherziger Mann, tut der alte Mann leid und er nimmt ihn kostenlos mit ins Heilige Land.
Im Hafen von Haifa bedankt sich der alte Mann mit Tränen in den Augen und betritt das Festland.
Einen Monat später kehrt das Schiff nach New York City zurück.
Tage vergehen, das Schiff ist auf offener See, als der Kapitän den alten Mann an Deck in einem Sonnenstuhl entdeckt.
»Das ist eine Chuzpe!!!« ruft er erbost.
Ich nehme Dich kostenlos um die halbe Welt mit, weil Du mir erzählst, dass Du in Israel sterben willst, und jetzt fährst Du zurück? –
»Nun, Sie missen verstehen! Die paar Wochen in Israel haben meiner Gesundheit sehr gut getan, ich fühle mich jetzt viel besser!
Ich mechte immer noch in Israel sterben. Aber dort leben? Niemals!«
Es erinnert und daran, dass das Leben in Israel nichts für zart beseelte Menschen ist. Es kann wunderbar sein, dort auf Urlaub hinzufahren, aber dort zu leben, kann schon eine Herausforderung sein. Man lernt ein Land aber erst dann richtig zu schätzen, wenn man mehr als nur ein paar Wochen dort verbringt. Vielleicht findest Du dann einen Platz, wo sich Deine Seele wohl fühlt.
Präsident Clinton will wissen, warum die Juden alles früher wissen als er. Er beauftragt FBI und CIA, um es herauszufinden.
Eine Woche darauf kommt Antwort: »Herr Präsident, die Juden haben etwas, was sie Sabbat nennen. Da treffen sie sich in der Synagoge, und sie haben ein Losungswort: »Nu«. Wenn dort einer zum anderen »Nu« sagt, erzählt ihm der andere alle Neuigkeiten.« Clinton will sich davon selbst überzeugen. Er wird als Chassid verkleidet in eine Synagoge geführt, setzt sich neben einen anderen frommen Mann, wartet einige Augenblicke und sagt: »Nu«.
»Pssst!” antwortet der Mann, »Clinton komm uns heut besuchen!«
Das Geheimnis ist immer noch nicht gelüftet, aber jüdische Menschen sind weltweit vernetzt, jeder scheint jemanden aus einem anderen Land zu kennen. Wer die Geschichte des jüdischen Volkes kennt, findet das das überhaupt nicht überraschend. Es ist auch klar, dass eine Synagoge nicht nur ein Ort des Gebetes ist, sondern ein Hotspot für Informationen jeglicher Art. Und »Nu« ist das jüdische Wort schlechthin, es kann ja so viele verschiedene Bedeutungen haben. Clinton hat das Glück, dass seine Tochter mit einem Juden verheiratet ist. Also bin ich mir sicher, dass er über ziemlich viele Dinge früher informiert wird.
Ein junger Vater schiebt einen Kinderwagen in einem Park hin und her. Sein Nachwuchs schreit aus vollem Hals. Der Vater schaukelt den Kinderwagen und spricht mit sanfter Stimme: »Moische, ich bitte Dich, beruhige Dich! Entspann Dich! Sei vernünftig, Moische!« Eine ältere Dame kommt vorbei und blickt den jungen Vater voll Bewunderung an. »Sie sind so ein geduldiger Vater und haben ein so schönes Kind! Dazu noch der schöne Name: Moische!«
»Oh nein, gnädige Frau«, antworte der Vater, »das Kind im Kinderwagen ist Sarah. Der Moische, das bin ich.«
Wer Kinder hat, weiss, dass es manchmal schwierig ist, ruhig zu bleiben, besonders an öffentlichen Orten, wenn sich das Kind gerade in einer Trotzphase befindet, oder sich »schlimm« verhält. Es hilft, wenn Fremde auf Dich zukommen und Dir Worte der Unterstützung geben, auch wenn sie die Situation oder die Umstände hinter einem Drama nicht vollständig verstehen. Sich daran zu erinnern, vernünftig und ruhig zu sein, ist oft das Einzige, was Sie tun können, um das Problem nicht zu eskalieren. Ein »Bravo« allen mutigen Eltern, die sich dieser täglichen Herausforderung stellen.
Zwei Freunde treffen sich. Der eine sagt: »Es ist zwanzig Jahre her, dass wir uns das letzte Mal gesehen haben! Sag mir, wie geht’s Deinem Sohn?« – »Harry? Er ist ein wunderbarer Sohn! Er ist Arzt, hat eine eigene Praxis, Patienten kommen aus dem ganzen Land zu ihm. Es ist fantastisch!«
»Und Benny? Wie geht’s Benny? – »Benny ist Anwalt, ein wichtiger Mann, seine Fälle gehen bis zum Obersten Gerichtshof.« – »Herzlichen Glückwunsch, das ist ja grossartig!«
Und jetzt sag mir, wie geht’s Izzy? – »Izzy ist immer noch Izzy, er ist immer noch Schneider«, seufzt der Vater.
»Aber ich kann Dir sagen: Wenn es Izzy nicht gäbe, würden wir alle verhungern!«
Was können wir daraus lernen? Zum einen ist es angenehm, einen akademischen Titel zu haben. Das bedeutet allerdings nicht, dass man deswegen auch mehr Geld hat. Wir bewundern und beneiden Menschen, die wichtige Jobs und Titel haben. Wir stellen uns deren schönes und abwechslungsreiches Leben vor, und wie stolz die Eltern auf die schulischen Leistungen ihrer Kinder sind. Doch es kommt vor, dass jemand ohne höheren Abschluss in einer Familie das meiste Geld verdienet und das Leben am besten meistert. Vielleicht, weil er seine Fähigkeiten richtig erkannt und eine Aufgabe gefunden hat, die Freude macht. Manche Eltern müssen erkennen, dass gerade das Kind, um das sie sich am meisten gesorgt hatten, das Leben am besten meistert. Wir lernen auch die Lektion: Leidenschaft und Liebe für etwas zu empfinden ist erfüllender, als nur zu tun, was von Dir erwartet wird. Und manchmal sind es die Genies, die es im Leben schwerer haben, da sie mit den alltäglichen Leben überfordert sind.
Nach einem Streit sagt Eli zu seiner Frau: »Ich muss verrückt gewesen sein, als ich Dich geheiratet hab!«
Sarah antwortet: »Das ist schon möglich, aber ich war wohl zu verliebt, um es zu bemerken.«
Manchmal vergessen wir in einem Streit, dass wir den Menschen, mit dem wir gerade streiten, verheiratet sind – hoffentlich, weil wir ihn geliebt haben. Sinn für Humor und rasche Auffassungsgabe helfen, schlechte Situationen zu deeskalieren. Wenn Ihr danach beide lachen könnt, dann »Mazel tov!«
»Du willst Dich scheiden lassen? Willst Du mir nicht erzählen, warum?« fragt der Rabbi.
»Ich hab meine Gründe,« sagt der Mann dickköpfig.
»Ich kann mir bei Dir Gründe nicht vorstellen. Deine Frau ist nett, freundlich, und, wenn ich das so sagen darf, auch gut gebaut. Ich sehe wirklich keinen Grund, worüber Du Dich beschweren könntest.«
Zur Überraschung des Rabbi zieht der Mann einen seiner Schuhe aus.
»Schaun Sie sich diesen Schuh genau an!« sagt der Mann. »Das Leder ist weich und es ist wunderschön verarbeitet, ein Qualitätsprodukt.«
»Aha, eine Parabel.«
»Ja, in gewissem Sinne schon, Rabbi. Ich bin der einzige, der weiss, dass er drückt.«
Was wir hier lernen können, ist Folgendes: Oft schauen die Dinge von aussen besser aus als sie tatsächlich sind. Ein schönes Haus, eine attraktive Frau, keine finanziellen Sorgen – eine sehr schöne Fassade. Sogar Experten können sich da irren. Fazit: Sei freundlich zu Deinen Mitmenschen, Du kennst deren Geschichte nicht. Sei nicht eifersüchtig, wenn Du meinst, jemand hätte ein schöneres Leben als Du, sondern versuche in Deinem eigenen Leben glücklich zu sein. Wenn Du in einer unglücklichen Beziehung steckst, kann eine Trennung besser sein als um jeden Preis zusammen zu bleiben. So bekommst Du die Möglichkeit, wieder »ganz« zu werden.
Ich mag auch den nächsten:
Jemen (Yemen)
In einem abgelegenen Dorf im Jemen lebte ein jüdisches Ehepaar, das nie die Dorfgemeinde verlassen hatte und über die Errungenschaften der modernen Gesellschaft nichts wusste. Eines Tages wurde der Ehemann in die Stadt auf Dienstreise geschickt. Seine Frau küsste ihn zum Abschied und wünschte sich ein Geschenk aus der Stadt. Der junge Mann erledigte seine Geschäfte und suchte dann für seine Frau einen schönen, runden Spiegel aus.
Nach seiner Rückkehr übergab er das Geschenk. Seine Frau betrachtete das Geschenk mit Misstrauen. Plötzlich sah sie zu ihrer Überraschung im Spiegel das Abbild einer wunderschönen Frau. Für einen Augenblick betrachtete sie das Abbild und lief dann voller Angst zu ihrer Mutter: »Mama, Mama, mein Mann liebt mich nicht mehr! Er hat sich eine wunderschöne Frau aus der Stadt nach Hause mitgebracht.« – »Wo ist sie?« wollte die Mama wissen. »Hier«, seufzte die Eherfrau, »schau sie Dir selber an!« Die Mutter nahm den Spiegel und schaute hinein. Nachdem sie ihre eigene Überraschung beherrscht hatte, gab sie ihrer Tochter den Spiegel zurück und sagte: »Glaub mir, mein Kind, Du musst Dir keine Sorgen machen. Kein Mann, der alle seine Sinne beisammen hat, würde eine Schönheit wie Dich für so eine alte Hexe verlassen.«
Was wir hier lernen können? Oft wissen wir gar nicht, welch wunderbare Talente wir haben oder wie attraktiv wir auf andere wirken. Wir sind angstvoll gegenüber Dingen, die wir zu sehen meinen, kritisch uns selbst gegenüber. Auch hat manchmal unser Gegenüber keine hohe Meinung von uns und wir meinen, es sei eine zutreffende Reflexion. Sei freundlich zu Dir selbst, stelle Dein Licht nicht unter den Scheffel. Und noch etwas: Der Partner, der Dich gewählt hat, weiss sehr wohl, was er an Dir hat und liebt. Vielleicht sollte er es Dir auch öfter sagen.
Juden und Nichtjuden (Jews and Gentiles)
Ein Nichtjude fragt einen Rabbi:
»Wie ist das mit Euch Juden? Ihr habt so viele talentietrte Leute,
Wissenschafter, Künstler, Politiker, Ärzte, Schriftsteller…«
»Nu, antwortet der Rabbi, »gleich nach der Geburt erkennen wir Juden, dass ein Kind begabt ist und behandeln es entsprechend.«
»Und was tut Ihr mit den nicht begabten Kindern?«
»Wir lassen sie taufen.«
Es gibt wissenschaftliche Beweise dafür, dass Kinder, wenn man sie klug nennt und sie auch dementsprechend behandelt, unsere Erwartungen übertreffen. In Berkeley (Kalifornien) hatte man einem neuen jungen Lehrer eine Klasse mit hochbegabten Schülern übergeben, die jedoch in Wahrheit eine Klasse mit ganz normalen Schülern war. Das Interessante daran: Jedes Mal, wenn ein Kind etwas nicht verstand, sah der Lehrer den Fehler nicht bei seinen Schülern, sondern in seiner Lehrmethode und fand immer neue Ansätze, den Schülern Inhalte und Zusammenhänge zu erklären. Am Ende des Schuljahres hatten alle Schüler einen höheren IQ und die gesamte Klasse wesentlich bessere Noten als erwartet. Mittlerweile weiss man: Das Gehirn unterscheidet nicht zwischen wahr und falsch. Es geht um das Narrativ, das Du Dir selbst erzählst. Dies ist eine gewaltige Erkenntnis! Es bestätigt auch den Satz: Dinge ändern sich, wenn Du Deine Perspektive änderst.
Kommunismus (Communism)
Der Präsident des Aufnahmekommitees in Russland befragt einen Juden, welcher der Kommunistischen Partei beitreten möchte.
»Genosse, stell Dir vor, jemand stirbt und Du erbst 10.000 Rubl. Wast tust Du?«
»Ich würde sofort die Hälfte der Partei geben, und die ander Hälfte behalten.«
»Wunderbar! Nun stell Dir vor, Du hättest zwei Häuser.«
»Ich würde eines der Partei geben und das andere selbst behalten.«
»Sehr gut!« Und nun stell Dir vor, Du hättest zwei Paar Hosen?
»Genosse Präsident, das ist unfair. Zufällig hab ich zwei Paar Hosen.«
Was wir uns daraus mitnehmen können? In der Theorie erscheint es immer recht einfach, das richtige zu tun. In der Theorie sind wir Meister der Grosszügigkeit. Wenn’s jedoch »ans Eingemachte« geht und man tatsächlich die Möglichkeit hat, seine guten Absichten zu beweisen, halten nur sehr wenige tatsächlich ihr Wort. Diese wenigen sind die wahren Engel, die im Hintergrund Dinge für andere tun, ohne dass es jemand weiss. Es erinnert uns auch daran: Das Judentum ist eine Religion der Taten nicht (nur) der Worte.
Ein junger Jude liebt eine Schickse [ein nichtjüdisches Mädchen]. Der Vater ist gegen diese Verbindung, trotzdem liebt und heiratet der Sohn das Mädchen.
Der Sohn arbeitet im Geschäft des Vaters, doch am nächsten Schabbat nach der Hochzeit taucht er nicht auf. Er erklärt seinem Vater, dass seine Frau ihm nicht erlaubt am Schabbat zu arbeiten.
»Aha!« schreit der Vater. »Hob ich Dir nicht gewornt vor diese Heirat?«
Dazu fallen mir drei Dinge ein: Man weiss nicht, wo die Liebe hinfällt. Wenn zwei Menschen einander lieben, ist kein Ding unmöglich. Was man hier auch sieht: Wahre Liebe will den anderen nicht verändern, sondern dazu beitragen, dass der Partner sich selbst treu bleibt und man sich gegenseitig im Anderssein respektiert. Und zuletzt: Diejenigen, die etwas gegen Deine Beziehung haben, werden immer einen Grund finden, sich darüber aufzuregen, selbst wenn Du alles richtig machst. Tu also das, was Du für gut und richtig findest und kümmere Dich nicht darum, was andere Leute sagen oder denken, selbst wenn es in Deiner eigenen Familie ist.
Zwei Brüder sind in ein Gespräch verwickelt. »Du sagst, dass Du bist ein Atheist, und glaubst an gar nichts.«
»Ja, das ist richtig. Ich glaube nur das, was ich auch versteh.«
»Das sagt alles! Es erklärt genau, warum Du nicht an irgenwas glaubst!«
Ich mag diesen Witz. Zu glauben bedeutet, Dingen zu vertrauen, die man (noch) nicht versteht. Wenn man darauf wartet bis man es kapiert, können einem viele schöne Dinge entgehen. Selbst in der Wissenschaft hat man zunächst nur eine vage Vorstellung, eine Idee. Man versteht die Zusammenhänge noch nicht, findet Dinge, die zunächst noch keinen Sinn ergeben. Man forscht aber weiter und plötzlich fügen sich Dinge wie in einem wunderbaren Puzzle zusammen. Wenn Du allerdings nur an Dinge glaubst, die Du sofort verstehst, wird Deine Welt schrumpfen. Du bleibst in Deinem begrenzten Wissen stecken und es ist kein Erkenntnisgewinn möglich.
Der nächste Witz geht noch einen Schritt weiter:
Talmud
Ein junger Mann besucht einen berühmten Rabbi und erzählt ihm stolz, dass er ein überzeugter Atheist sei.
Der Rebbe: »Bevor Du eine Philosophie annehmen oder ablehnen kannst und bevor Du irgendwas annehmen oder ablehnen kannst, musst Du zuerst die grundlegenden Thesen verstehen. Wärest Du damit einverstanden?«
»Ja, natürlich«, sagt der junge Mann.
»Dann erlaube mir die Frage, was ist Dein Wissen über die Torah?«
»Also, ich würde nicht sagen, dass mein Wissen darüber aussergewöhnlich ist, aber vor einigen Jahren hab ich darin eine wenig für meine Bar Mitzvah gelesen.«
»Und wie schaut’s mit dem Tamud aus?«
»Rabbi, wer studiert heutzutage schon den Talmud?«
»Nun gut, und kennst Du einige berühmte Philosophen? Hast Du je Maimonides oder Moses Mendelssohn studiert?«
»Nie von denen was gehört!”
»Lieber junger Mann«, seufzte der Rabbi, »Du kennst nicht die Torah, Du hast keine Ahnung vom Talmud und hast noch nie was von den jüdischen Philosophen gehört. Dennoch hast Du den Mut, Dich als Ungläubiger zu bezeichnen.
Du bist ka Atheist, Du bist ein Ignorant!«
Dieser Witz geht noch eine Stufe weiter. Was sind die Ezzes dahinter? Zum ersten ist es nicht klug, über Dinge zu reden, von denen man keine Ahnung hat. Es ist auch nicht gescheit, Dinge abzulehnen, mit denen man sich noch nie befasst hat. Das gilt nicht nur für philosophische Einsichten, sondern für so ziemlich alle Dinge. Zu schnell beurteilen wir eine Sache als schlecht. Wir kommen zu voreiligen Schlüssen und lehnen Dinge ab, noch ehe wir überhaupt wissen, worum es eigentlich geht. Und manchmal glauben wir etwas nur, weil andere es uns vormachen. Wir folgen dem Mainstream. Früher oder später zeigt sich unsere Ignoranz.
Wie stoppt man einen Rüpel? (How to stop a bully)
Ein Jude wird auf offener Strasse von einem Rüpel angehalten und gezwungen zu sagen, wessen Fehler es ist, dass in Europa solch ein Chaos herrscht. Der Jude, der sein Publikum kennt und kein Narr ist, sagt: »Die Juden, und die Radfahrer« – »Die Radfahrer?«, fragt der Rüpel verblüfft. »Wieso die Radfahrer?« – Darauf der Jude: »Wieso die Juden?«
Die Ezzes dahinter sind einfach: Rüpel, Schläger, Tyrannen jagen ohne ersichtlichen Grund den Menschen nach, einfach, weil sie Lust dazu haben und von anderen nie in Frage gestellt werden. Wir lernen daraus: Sei kein Rüpel ohne Bildung und Empathie!
Die Autorin
Mag. Dr. Hadas-Rebecca Youman, Jahrgang 1960, ist bildende Künstlerin. Sie stammt aus Österreich, lebt aber seit vielen Jahren in New York City. Sie studierte Psychologie in den U.S.A., Medizin und Philosophie in Wien, ausserdem besuchte sie die Herron School of Art in Indiana. Sie ist multilingual: Englisch, Deutsch, Ungarisch. Informationen über Youmans künstlerisches Oeuvre: Saatchi Art: https://www.saatchiart.com/hadasyouman; Instagram Rebecca Youman unter hadasrebeccayouman; FineArtAmerica: https://fineartamerica.com/
Nachlese
Sigmund Freud: Der Witz und seine Beziehung zum Unbewussten. Franz Deuticke 1905, Gröls Verlag 2022.
Salcia Landmann: Der jüdische Witz. Soziologie und Sammlung. 15. Auflage, Patmos Verlag 2011.
Mach was Du willst, Mose! Jüdischer Humor. Godesberger Taschenbuchverlag (GTB) 2000.
Nu, ma lacht. Jiddische Witze und Anekdoten. Hörbuch. St. Benno Verlag 2001.
Alle Abbildungen: Hadas-Rebecca Youman (New York City), mit freundlicher Genehmigung.
©