404: Not Found Die Gelehrtenkorrespondenz von Markus Brann David - Jüdische Kulturzeitschrift

Ausgabe

Die Gelehrtenkorrespondenz von Markus Brann

Evelyn Adunka

Inhalt

Christian Wiese, Daniel Ristau (Hg.): Zur Wissenschaft des Judentums. Aus der Gelehrtenkorrespondenz Markus Branns. (Archiv jüdischer Geschichte und Kultur, Band 9, herausgegeben von Dan Diner). 

Göttingen: Vandenhoeck & Ruprecht 2023.

Hardcover, 862 Seiten, Euro 155,00.- 

ISBN 978-3-525-30243-9

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Markus Brann (1849–1920) wurde in der polnischen Stadt Rawitsch (Rawicz) geboren und wuchs in Schneidemühl (Piła) in der Provinz Posen auf. Er wurde wie sein Vater Rabbiner und studierte am 1854 gegründeten Jüdisch-Theologischen Seminar in Breslau (Wrocław). Dieses war laut Christian Wiese die erste und „in ihrer transnationalen Wirksamkeit zweifellos wichtigste nach modernen Grundsätzen konzipierte jüdische akademische Bildungsstätte in Deutschland.“ 1891 wurde Brann als Nachfolger von Heinrich Graetz Dozent des Seminars. Daneben war er der langjährige Herausgeber der Monatschrift für Geschichte und Wissenschaft des Judentums.

 

Die Edition der annotierten Briefe ist nach Themen (Wissenschaftsgeschichte im Spiegel, Breslauer Seminar und Monatsschrift, Innerjüdische Positionierungen, Protestantische Theologie und akademischer Antisemitismus) gegliedert. Deutlich werden an einigen Stellen Branns Positionierungen gegen die Reformbewegung und den Zionismus. Selten kommentiert er die Ereignisse der Zeit; 1917 entschlüpft ihm der Satz: „Möge dem geliebten Vaterlande bald der heissersehnte siegreiche Friede gegönnt sein.“

 

Aus österreichischer Perspektive sind Branns Korrespondenzen mit Avigdor Aptowitzer, Moritz Güdemann und Adolf Arye Schwarz hervorzuheben. So bat Güdemann 1915 Brann um ein Urteil über Rabbiner Nehmia Anton Nobel, da Wien eine Rabbinerstelle ausschrieb. Als Aptowitzer, der an der Israelitisch-Theologischen Lehranstalt unterrichtete, 1914 einen Ruf an das Jewish Theological Seminary in New York erhielt, sprach Brann ihm zu, aber Aptowitzer entschied sich dagegen: 

„Ich bin der Meinung, dass das europäische Judentum, der grössere Teil, nicht zugunsten des amerikanischen aufgegeben werden darf. Bremser sind ja nun auch in Europa nötig […].“

 

Einem vergessenen, bedeutenden Vertreter der Wissenschaft des Judentums hat dieses Buch ein grosses Denkmal gesetzt. Zugleich ist die Edition ein wichtiges Quellenwerk für eine marginalisierte Disziplin, für ihre, wie Christian Wiese einleitend schreibt, transnationalen Netzwerke und Briefdiskurse. In den kurzen Biogrammen der Briefpartner wären einige Literaturhinweise zu grundlegenden Werken wünschenswert gewesen. Beispielsweise bei Majer Samuel Balaban die Studie von Maria Gotzen-Dold, bei Willy Cohn dessen Erinnerungen Verwehte Spuren, bei Aron Freimann und Paul Nathan die grundlegenden Monografien von Rachel Heuberger und Christoph Jahr. Es befinden sich zwar einige wenige Dokumente von Adolf Arye Schwarz, aber keineswegs, wie im Buch geschrieben steht, sein Nachlass im Archiv der Universität Wien.