Ausgabe

Provenienzforschung zu deutsch-jüdischen Privatbibliotheken

Evelyn Adunka

Inhalt

Julia Schneidawind: Schickale und ihre Bücher. Deutsch-jüdische Privatbibliotheken zwischen Jerusalem, Tunis und Los Angeles.

Göttingen: Vandenhoeck & Ruprecht 2023.

308 Seiten, Euro 49,00.-

ISBN 978-3-525-50031-6         

https://www.vandenhoeck-ruprecht-verlage.com/themen-entdecken/theologie-und-religion/religionswissenschaft/58588/schicksale-und-ihre-buecher

 

Julia Schneidawind widmet sich in ihrer als Dissertation bei Michael Brenner entstandenen Studie dem Schicksal von fünf Bibliotheken jüdischer Schriftsteller in der NS-Zeit. Sie hat dabei auch die Entstehungsgeschichte dieser Bibliotheken und ihre Bedeutung für die Autoren materialreich miteinbezogen und ein gut lesbares, gelungenes Buch vorgelegt.

 

Stefan Zweig hat seine umfangreiche Salzburger Bibliothek selbst aufgelöst und verkauft. 150 Bände schenkte er der Hebräischen Nationalbibliothek in Jerusalem. Aus seinen späteren Sammlungen befinden sich Bücher aus seinem Besitz in Bibliotheken in London, Petrópolis und in Familienbesitz.

 

Die Berliner Bibliothek von Lion Feuchtwanger wurde von Nationalsozialisten geplündert, aber seine Bibliothek aus Frankreich konnte er nach Kalifornien retten. Bis heute befindet sie sich in der Villa Eurora in Los Angeles, die zu einen Begegnungszentrum wurde. Die kostbarsten Bände werden in der University of Southern California aufbewahrt.

 

Karl Wolfskehl verkaufte seine Bibliothek, um seine Auswanderung zu finanzieren, dem Verleger und Mäzen Salman Schocken. Die Bibliothek kam nach Jerusalem, wurde jedoch in späteren Jahren verauktioniert. Bücher aus Wolfskehls Exil in Neuseeland kamen an das Deutsche Literaturarchiv in Marbach, das auch eine virtuelle Rekonstruktion der Bibliothek

erarbeitete.

 

Über die Bibliotheken von Zweig, Feuchtwanger und Wolfskehl gibt es einige Literatur. Das Schicksal der Bibliotheken von Franz Rosenzweig und Jakob Wassermann wurde jedoch bisher noch nicht zusammenfassend beschrieben. Die Witwe von Franz Rosenzweig wollte nach dem frühen Tod des Religionsphilosophen 1929 dessen 3.000 Bände umfassende Bibliothek aus Antwerpen nach Palästina schicken. Die Kisten wurden jedoch vom französischen Militär beschlagnahmt und nach Tunis gebracht, wo sie sich bis heute in der Stadtbibliothek befinden. Versuche nach 1945, die Bibliothek nach Palästina/Israel zu bringen, sind bislang aus finanziellen Gründen gescheitert.

 

Jakob Wassermanns Bibliothek wurde nach dessen Tod 1934 in Bad Aussee von der Familie Frischmuth gekauft und 1966 an die Stadtbibliothek Nürnberg verkauft, wo sie sich bis heute befindet. Details darüber sind nicht bekannt; und auch in der Familie der Käufer hat sich kein Wissen erhalten. Die Bibliothek wurde von der Forschung bisher nicht wahrgenommen.

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