Ausgabe

Die Zukunft des Österreichischen Jüdischen Museums in Eisenstadt

Esther Heiss

Um bei einem so geschichtsträchtigen Museum in die Zukunft blicken zu können, muss zuerst ein Blick in dieVergangenheit gewagt werden. 

Inhalt

Seit 1978 befindet sich das Jüdische Museum im sogenannten Wertheimerhaus im ehemaligen jüdischen Viertel in Eisenstadt. Das Palais wurde Ende des 17. Jahrhunderts für Samson Wertheimer (1658–1724), den kaiserlichen Oberhoffaktor in Wien, ungarischen Landesrabbiner und Ehrenrabbiner von Eisenstadt errichtet und war damals, neben der grossen Synagoge, eines der schönsten Gebäude im ganzen Viertel. Der Standort des Museums wurde folglich mit Bedacht gewählt, nicht nur aufgrund der Bedeutung Wertheimers, sondern auch der Tatsache, dass das jüdische Leben jahrhundertelang im Burgenland und besonders in den sogenannten „Sieben Gemeinden“ florierte. Eisenstadt war eine der grössten von ihnen. Diese Gemeinden stellten innerhalb Europas aufgrund ihrer politisch-autonomen Struktur eine Einzigartigkeit dar. Doch nicht nur damals waren sie eine Besonderheit. Auch heute noch ist das Ensemble mit Gruppen von Wohnhäusern, dem alten jüdischen Friedhof und dem Ghetto-Pfeiler mit der Schabbat-Kette aus der Zeit von Fürst Paul Esterházy (1635–1713) beinahe noch vollständig erhalten und dadurch ein aussergewöhnliches Denkmal von sozial- und siedlungsgeschichtlicher Bedeutung, das in der gesamten Europäischen Union einen besonderen kulturpolitischen Stellenwert hat. Deshalb wurde das gesamte Viertel 2010 unter Denkmalschutz gestellt. 

 

Das Museum gehört dem Verein „Österreichisches Jüdisches Museum in Eisenstadt“, der sich bereits im April 1972 konstituierte. Dem Verein gehören die neun Bundesländer, die Republik Österreich sowie die Freistadt Eisenstadt und die Israelitische Kultusgemeinde an. Die Gründungsidee des Vereins war es, ein Ehrenmal für das einst so bedeutende österreichische Judentum vor 1938 zu schaffen: ein Museum, mit gesamtösterreichischer jüdischer Thematik, sowie mit Ausstellungen und Dokumentationen, welche die Grenzen Österreichs weit zu überschreiten vermögen. Dies bedeutet, dass das Museum ganz Österreich gehört und als Prestigeprojekt Österreichs gegründet wurde. Dies spiegelt sich auch in der finanziellen Aufteilung des musealen Budgets wider, das zu je einem Drittel von der burgenländischen Landesregierung, der österreichischen Bundesregierung und den restlichen acht Bundesländern getragen wird. 

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Blick in die Wertheimer-Synagoge. Foto: Mit freundlicher Genehmigung OJM.

Die Zukunft des Hauses ist nicht losgelöst von seiner Vergangenheit zu betrachten, denn wie der Gründungsgedanke des Vereins das reiche jüdische Leben hervorheben wollte, so soll in Zukunft wieder vermehrt auf die Verknüpfung von Tradition, Kulturerbe und lebendigem Judentum gesetzt werden. Neu und Alt sollen sich verbinden, Juden und Nichtjuden sollen sich in dem Museum und dessen Ausstellungskonzepten wiederfinden. Wissen soll auf interessante, moderne und auch kreative Art vermittelt werden, wobei dazu unterschiedliche Programme für Kinder und Erwachsene beitragen sollen. Das Wertheimerhaus soll eine Mischung aus Museum, Veranstaltungsort, sowie Plattform und Bildungsstätte für Nachwuchswissenschaftler:innen werden, die in unterschiedlichsten Bereichen zum Judentum in all seinen Ausprägungen und durch alle Zeiten hindurch forschen. Zukünftige Kooperationspartner sollen österreichische Universitäten, Kunst- und Kulturschaffende jeder Art, sowie Firmen mit Interesse am Judentum und einem Bekenntnis zur Nachhaltigkeit sein.

 

Für das Gebäude, das sich in einem äusserst sanierungsbedürftigen Zustand befindet, sind im Moment nur Wünsche zu äussern. Diese wären: dass der Keller wieder als Weinlager dient, wie es zu Zeiten der Familie Wolf üblich war; dass ein Café mit koscheren Snacks oder eine kleine Patisserie in der früheren Dienstwohnung ihren Platz findet; dass eine Shop-Erweiterung möglich ist; sowie eine Neugestaltung des Auditoriums, sodass auch Miniaturausstellungen gezeigt werden können; dass im Erdgeschoss wieder Wechselausstellungen stattfinden können. Weiters soll die im 1. Stock befindliche Dauerausstellung, welche in dieser Form schon seit 1992 besteht, eine Neuauflage erfahren, wobei der Fokus auf Unikate, Fälschungen und vor allem Biographien gelegt wird, sowie eine Erweiterung unter anderem durch digitale virtuelle Elemente. Diese Erneuerung der Dauerausstellung soll mithilfe von unterschiedlichen Förderungen und auch mit der eines Interreg-Projekts realisiert werden. Die Bibliotheken des Museums, welche auch Faksimile mittelalterlicher Haggadot beherbergen, sollen den Besuchern zugänglich gemacht werden. Im 2. Stock sollen Büroräume für die Angestellten des Museums inklusive eines Besprechungszimmers entstehen, genauso wie der Dachboden als Depot fungieren könnte.

 

Das Juwel des Hauses ist die (Privat-)Synagoge von Samson Wertheimer, welche im Gegensatz zu zahlreichen anderen Synagogen nie entweiht oder zerstört wurde. Das macht sie zu der ältesten in ihrer ursprünglichen Funktion erhaltenen Synagoge Österreichs. Was leider mit der Zeit in Vergessenheit geriet, ist, dass es sich um die einzige benützbare und rituell eingeweihte Synagoge des Burgenlandes handelt, in der fünf mittelalterliche Tora-Rollen im Toraschrein für den rituellen Gebrauch zur Verfügung stehen. Der tiefe Wunsch für diese Synagoge wäre ihre Wiederbelebung durch Gebete und Feiern wie zum Beispiel Bar Mitzwas, Hochzeiten oder andere Feste. 

 

Das grosse Ziel des Museums ist es, Wissen zu vermitteln, Interesse für das Judentum zu wecken, aber genauso, Missverständnisse und Hass abzubauen, jüdische Kultur und Tradition zu bewahren, sowie neue Vermittlungsansätze und die Wissenschaft zu fördern. Vor allem der Umbau beziehungsweise die Restaurierung soll als erster Schritt auf einem langen Weg helfen, das Haus barrierefrei, nachhaltig und energieneutral, wenn nicht sogar klimaneutral zu gestalten. Im Moment ist langfristiges Planen wie das Herausgeben eines Eventplans für die kommenden Monate noch schwierig, da Veranstaltungen zwar im Haus in seinem derzeitigen Zustand stattfinden können und auch sollen, doch aufgrund der Planungen für den Umbau und dessen hoffentlich baldiger Umsetzung nur mit Bedacht ausgewählt werden können. 

 

Wenn Sie das Museum auf seinem Weg unterstützen wollen, freuen wir uns sehr über Ihre Spende: IBAN: AT30 5100 0910 1443 0400. 

 

Zur Autorin

Dr. Esther Heiss ist seit 1. Dezember 2023 Leiterin des Österreichischen Jüdischen Museums in Eisenstadt. 

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