Ausgabe
Französisches Denken und Jewsplitting
Thomas Varkonyi
Inhalt
Bruno Chaouat: Ist Theorie gut für die Juden? Das fatale Erbe französischen Denkens.
Edition Tiamat, Berlin 2024.
430 Seiten, Broschur, Euro 30,00.-
ISBN: 978-3-89320-311-6
Bruno Chaouat ist Professor für Französisch, Italienisch und Jüdische Studien an der Universität von Minnesota, U.S.A. Das vorliegende Buch erschien bereits 2016 auf Englisch und erfährt jetzt dankenswerterweise seine Übersetzung ins Deutsche. Die Theorie, die Chaouat meint, ist jene, die man postmoderne, poststrukturalistische oder auch postkoloniale nennt, und die seit Jahrzehnten die Universitäten der westlichen Welt in ihrem Griff hält. Die damit verbundenen Namen Derrida, Foucault, Lyotard, Barthes und viele andere subsumiert er unter Französischem Denken, obgleich diese französischen Denker sich im Wesentlichen auf deutsche Philosophen berufen, nämlich auf Heidegger, Schmitt (beides Nazis) und Nietzsche (Lieblingsphilosoph von Mussolini und Hitler).
Chaouats Zugang ist nicht zuletzt deshalb bemerkenswert und wirksam, weil er sich im Buch durchgehend dazu bekennt, dass ihm die „French Theory“ eigentlich gut gefällt. Trotzdem oder gerade deshalb unterzieht er diese heute hegemoniale Denkschule einer ätzenden, aber durchwegs wohlargumentierten Kritik.
Ein wesentliches Moment der „French Theory“ ist hier das Vorhaben des „Jewsplitting“, der „Idealisierung des Juden als Opfer und der Dämonisierung des Juden als Herr seines eigenen Schicksals“ in der Gestalt Israels. Daher auch das Bestreben, den Holocaust zu entjudaisieren und auf eine perverse Weise zu universalisieren, (siehe dazu auch DAVID 139, Der Geist geistloser Zustände) und die Araber und Muslime als „neue Juden“ zu installieren.
Dieses Buch hat eine starke Aktualität und hilft, die gegenwärtigen Diskussionen zu verstehen und kritisch zu begleiten. Auch wenn Chaouat sich am Ende nicht traut, eine Antwort auf den Titel des Buches zu geben, soll hier gespoilert werden: Weder ist die besprochene „Theorie“ gut für Juden noch für sonst jemanden, der noch auf intellektuelle und moralische Redlichkeit wert legt.
