Monika Kacze
Renia Spiegel: Tagebuch 1939 – 1942
Aus dem Polnischen von Joanna Manc
Mit Vorwort, Nachwort und Anmerkungen von Elizabeth Bellak (Ariana Spiegel)
Schöffling & Co. Verlagsbuchhandlung, Frankfurt am Main 2021
441 S., gebundene Ausgabe, Euro 26,80.-
ISBN: 978-3-89561-414-9
Auch als E-Book erhältlich: Euro 20,00.-, ISBN/GTIN 9783731762041
Renia Spiegel, die 1924 in der polnischen Stadt Uhryńkowce geboren wurde, wuchs nach der Scheidung der Eltern bei den Grosseltern in Przemyśl auf. Die Mutter zog mit der jüngeren Tochter Ariana nach Warschau, wo das Mädchen als Kinderschaupielerin – „die polnische Shirley Temple“ (S. 8) – eine Karriere starten sollte. In Przemyśl besuchte Renia Spiegel das Maria-Konopnicka-Gymnasium, und als sie noch keine fünfzehn Jahre alt war, begann sie, ein Tagebuch zu schreiben. Auf rund 700 Heftseiten schilderte das Mädchen den Alltag im Gymnasium und Erlebnisse mit Freundinnen, aber auch das Leben und die Nöte in der Stadt, die zwischen der Sowjetunion und dem Deutschen Reich aufgeteilt wurde.
Das Tagebuch wurde zu einem guten Freund, dem Renia Spiegel ihr Herz ausschüttete. Ihre Empfindungen gab sie in berührenden Gedichten wieder. Als sie sich in ihren Mitschüler Zygmunt Schwarzer verliebte, beschäftigte sie diese Beziehung emotional sehr. Nach der Internierung im Ghetto von Przemyśl konnte Zygmunt, der mittlerweile im Widerstand aktiv war, Renia für kurze Zeit auf dem Dachboden eines Hauses verstecken. Durch einen Verrat flog das Versteck auf und im Sommer 1942 wurde Renia auf offener Strasse erschossen. Ihre Schwester Ariana konnte den Krieg überleben, da ihre Mutter Roza gefälschte Papiere auftreiben konnte, die beide zu Katholikinnen machten.
Zygmunt Schwarzer, der Zwangsarbeit und Lagerhaft überlebte, gelang es, das Tagebuch vor der Zerstörung zu bewahren. Er konnte Renias Mutter in New York ausfindig machen, die ihm das Tagebuch ihrer Tochter übergab. Die Tagebücher mit den Gedichten wurden ins Englische übersetzt. 2019 erschien eine amerikanische Ausgabe und ein Jahr später wurde das Werk in Grossbritannien veröffentlicht. In seinem berührenden Beitrag Liebe für die Ewigkeit – das Holocaust-Tagebuch eines jungen Mädchens schreibt Gernot Kramper über Zygmunt Schwarzer:
„Er starb 1992. Er bewahrte das Tagebuch und das Andenken. In seinem Haus errichtete er einen Schrein für Renia. Vor seinem Tod schrieb er in das Tagebuch. „Ich habe Renias Schwester gesehen. Diese Blutverbindung ist alles, was ich noch habe. Es ist 41 Jahre her, dass ich Renia verloren habe... Dank Renia habe ich mich zum ersten Mal in meinem Leben verliebt, tief und aufrichtig. Und ich wurde von ihr auf eine aussergewöhnliche, unheimliche, unglaublich leidenschaftliche Weise geliebt.“1