Georg Tengler
Dalia Marx: Durch das jüdische Jahr
Aus dem Hebräischen übersetzt und bearbeitet von Rabbinerin Ulrike Offenberg
Mit einem Vorwort von Rabbinerin Ulrike Offenberg und Illustrationen von Elad Lifschitz/Studio Dov Abramson
Hentrich & Hentrich Verlag, Berlin-Leipzig 2021
384 S., gebunden, Euro 32,00.-
ISBN 978-3-95565-422-1
Die Autorin Dalia Marx, Rabbinerin und Professorin für Liturgie und Midrasch am Hebrew Union College in Jerusalem, lehrt auch an akademischen Institutionen in Europa und den U.S.A. Die Übersetzerin Ulrike Offenberg ist Rabbinerin und unterrichtet in jüdischen und interreligiösen Kontexten. Im Unterschied zu anderen Publikationen behandelt die Autorin das Thema nicht nach den wichtigsten jüdischen Festtagen und auch nicht nach den grossen Sachthemen (Familie, Speisegesetze, Schabat, wie beispielsweise Rabbiner Chajim Halevy Donin in Jüdisches Leben), sondern widmet jedem Monat des jüdischen Kalenders, beginnend mit dem Monat Tischrej und abschliessend mit dem Monat Elul, ein Kapitel. In ihrer Einführung schreibt die Autorin: „Seit Urzeiten bemühen sich Menschen, die Zeit zu verstehen und zu beherrschen, indem sie sie in feste Abschnitte einteilen: Stunden, Tage, Monate, Jahre.“ Jedes Kapitel ist dem Nachdenken über einen der zwölf Monate gewidmet und alle Kapitel haben denselben Aufbau: Erklärung zu Herkunft und Bedeutung des jeweiligen Monatsnamens, Einstimmung, Einführung, Gedicht oder Lied des Monats, Erörterungen, Gebet des Monats.
Ulrike Offenberg sieht den grossen Erfolg des Buches darin, dass es „einen Ausweg aus der grossen Ratlosigkeit aufzeigt: Was fangen moderne Menschen mit religiösen Praktiken an, die eine Lebenswirklichkeit und Weltsicht lange zurückliegender Zeiten widerspiegeln?“ Der Autorin ist es nämlich gut gelungen, den Menschen unserer Zeit mit seinen grossen Problemen, Herausforderungen und Sehnsüchten anzusprechen. Das soll an einem konkreten Beispiel verdeutlicht werden: In den Monat Schwat fällt das Fest Tu Bischwat. Die Mischna erwähnt das Fest nur im Zusammenhang mit der Steuerpflicht des Zehnten, die Halachah (siehe Schulchan Aruch Kap. 22, 8) und sagt nur, dass zu Tu Bischwat nicht gefastet wird. Gerade wegen der fehlenden detaillierten Vorschriften der Halachah haben sich zahlreiche eigene Bräuche entwickelt, zum Beispiel jener, Bäume zu pflanzen. Und hier sieht die Autorin das Fest in einem ganz neuen Licht, nämlich als Tag der Verpflichtung für den Umweltschutz, sie schreibt: „Tu Bischwat wird immer mehr zu einem Tag, an dem wir unserer Verpflichtung für die Erde und derer, die auf ihr wandeln, gedenken.“ Ein sehr schönes Buch.