Ausgabe

Felix Ehrenhaft zum 70.Todestag

Ingrid Prucha

Felix Ehrenhaft wurde am 24. April 1879 in Nussdorf bei Wien als Sohn des Medizinalrates Dr. Leopold Ehrenhaft und dessen Ehefrau Louise geb. Eggar geboren. Diese entstammte einer ungarischen Industriellenfamilie.
 

Inhalt

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Felix Ehrenhaft, 1927. Foto: Pietzner & Fayer, ÖNB, Bildarchiv,  Pf 3.296:C(1), Quelle: Wikimedia Commons, gemeinfrei, https://commons.wikimedia.org/wiki/File:Felix_Ehrenhaft_(1879–1952)_1927_OeNB_10541658.jpg

 

Seine Kindheit verbrachte Felix wohlbehütet mit seinem jüngeren Bruder Alfons. 1889 trat er ins k. k. Maximilian-Gymnasium ein, wo auch sein Interesse an den Naturwissenschaften geweckt wurde, nicht zuletzt durch die zeitgleich erfolgten Entdeckungen im naturwissenschaftlichen Bereich: besonders zu erwähnen sind dabei die Röntgenstrahlen (1895) und die Kathodenstrahlen, entdeckt durch den Briten Joseph Thomson. Direkt im Anschluss absolvierte er ein Freiwilligenjahr beim k. u. k. Heer, wo er auch rechtzeitig zu Semesterbeginn vom Präsenz- in den Reservestand versetzt wurde. So konnte Ehrenhaft 1899 mit seinen Studien beginnen, nicht nur Physik an der Universität Wien, sondern zeitgleich an der Technischen Hochschule Maschinenbau. Viele bekannte Namen finden sich in seinen frühen Studienjahren als Lehrende und Wegbegleiter: Max Planck, Friedrich Hasenöhrl, Ernst Mach und Ludwig Boltzmann. Die bei deren Vorträgen oft kontrovers geführten Diskussionen – insbesondere zwischen Mach und Boltzmann – beeinflussten wesentlich die Denkweise und wissenschaftliche Orientierung von Ehrenhaft. Besonders erwähnenswert ist dabei auch der Aufbruch der Wissenschaft in immer kleinere Dimensionen. Dabei rückten nicht nur Elektronen, Atome und Quanten, sondern auch Kolloide in den Fokus des wissenschaftlichen Interesses. Bei Kolloiden handelt es sich um Teilchen, die zwar um ein Vielfaches grösser als Atome sind, jedoch im Mikroskop unsichtbar bleiben und auch in Flüssigkeit schweben können, ohne sich aufzulösen oder abzusetzen. Das Interesse Ehrenhafts ist geweckt und er beschliesst, sich im Weiteren auf die Erforschung von Kolloiden zu konzentrieren. Im ersten Schritt folgen mehrere Arbeiten, unter anderem eine Arbeit mit dem Titel Über kolloide Metalle sowie seine Dissertation zum Thema Das optische Verhalten der Metallkolloide und deren Teilchengrösse. Die Professoren Viktor von Lang und Ludwig Boltzmann beurteilen seine Arbeit positiv, und so promoviert Felix Ehrenhaft 1903 zum Doktor der Philosophie und setzt seine Forschungsarbeiten in den folgenden Jahren am I. Physikalischen Institut fort. Zeitgleich – und für die Versuche Ehrenhafts wesentlich – entwickeln der Wiener Physiker Richard Zsigmondy und der Mikroskop-Optiker Henry Siedentopf das Ultramikroskop. Es ermöglichte die Sichtbarmachung von Kolloiden. 1905 konnte sich Felix Ehrenhaft auf Grund seiner Schrift Elektromagnetische Schwingungen des Rotationsellipsoides habilitieren und war fortan Privatdozent für Physik. Dieser Schritt zum akademischen Lehrer bedingte jedoch zuvor nach damaligen Vorgaben der k. k. Behörden den Wechsel zum katholischen Glauben. Albert Einstein wird einige Jahre später ebenfalls mit einer solchen Situation konfrontiert. 1908 heiratete er seine ehemalige Studienkollegin und Physikerin Olga Steindler, der Ehe entstammen zwei Kinder, Johann Leo und Annemarie. Zu dieser Zeit sind Atome, Moleküle und Elektronen in der Fachwelt bereits unumstritten. Ehrenhaft pflegt vielfältige Kontakte, unter anderem zu Albert Einstein, der ihn auch in Wien besucht. Mehr denn je widmet er sich der experimentellen Nachweisbarkeit und Messung von elektrischen Elementarquanten. Die Erkenntnisse aus diesen Untersuchungen erregen weltweites Aufsehen. Nachdem Felix Ehrenhaft 1910 mit dem Lieben-Preis ausgezeichnet wurde, erhält er 1911 die ausserordentliche Professur und wird 1920 zum o. Professor und zum Vorstand des neu gegründeten III. Physikalischen Instituts der Universität Wien ernannt. Weitere Auszeichnungen folgen: 1917 der Haitinger-Preis und 1918 die Voigtländer-Medaille.


Die politischen Verhältnisse nach 1938 trafen auch Felix Ehrenhaft. Er musste Wien verlassen, erhielt im Frühjahr 1939 ein Einreisevisum nach Grossbritannien und erreichte nach einer Zwischenstation in London am 19. Juni 1939 New York. In dieser Zeit verstarb auch seine zweite Frau Bettina, die in Wien verblieben war. Ehrenhaft verstrickte sich immer mehr in Diskussionen mit Fachkollegen über die Frage zur Existenz freier elektrischer Ladungen, kleiner als das Elektron. Eines seiner Experimente schaffte es sogar in die amerikanische Presse und in populärwissenschaftliche Magazine: die Magnetolyse des Wassers. Dazu platzierte Ehrenhaft an beiden Seiten einer U-förmigen Röhre starke Magneten, darin befand sich mit Schwefelsäure angesäuertes Wasser. In beiden Schenkeln der Röhre stiegen Blasen von Wasserstoffgas auf, eine erwartete Reaktion der Schwefelsäure mit dem Eisen des Magneten. Dass jedoch auch Sauerstoff entstand, war unerwartet. Hatte das Magnetfeld das Wasser zerlegt? Prompt warfen Fachkollegen Ehrenhaft vor, er hätte vorher den beobachteten Effekt zur Verifizierung in Fachkreisen diskutieren müssen und nicht direkt die Ergebnisse der Öffentlichkeit präsentieren dürfen. Im März 1947 kehrte Felix Ehrenhaft im Status eines Gastprofessors als Vorstand des I. Physikalischen Instituts nach Wien zurück. Im Rahmen seiner Vorlesungen und bei vielen Vorträgen dokumentierte er seine Erkenntnisse zur Photophorese (Bewegung kleinster Teilchen unter Einfluss von Licht) durch beeindruckende Experimente und referierte unter anderem auch über seine Annahme zur Existenz einzelner Magnet- pole. Er war überzeugt, dass bei einem Permanentmagneten die beiden Pole (Nord- und Südpol) nicht immer gleich stark sind, sondern dass sich auch einzelne magnetische Monopole ausbilden.
Felix Ehrenhaft verstarb am 4. März 1952 in Wien.

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Die Apparatur zur Untersuchung der Magnetolyse. Aus: Popular Science, Juni 1944, S. 131.