Ausgabe

Eine wichtige Studie zur neuen jüdischen Musik

Evelyn Adunka

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Inhalt

Jascha Nemtsov: From St. Petersburg to Vienna. The New Jewish School in Music (1908 – 1938) as Part of the Jewish Cultural Renaissance.

Harassowitz Verlag 2024.

475 Seiten, Euro 78,00.-

ISBN 978-3-447-11105-8

https://www.beck-shop.de/nemtsov-st-petersburg-to-vienna/product/26908984

 

Seit 2004 erscheint im Harassowitz Verlag die von Karl E. Grözinger begründete, bereits 19 Bände umfassende Buchreihe „Jüdische Musik. Studien und Quellen zur jüdischen Musikkultur“. Der aus Leningrad stammende Musikwissenschaftler und Pianist Jascha Nemtsov hat sich in einigen Bänden dieser Reihe mit der neuen jüdischen Musik befasst.

2004 erschien in der Reihe seine Dissertation, in der erstmals systematisch die Geschichte der Neuen Jüdischen Schule und ihrer wichtigsten Institutionen beschrieben und erforscht wurden. Zu diesen gehörten die Gesellschaft für jüdische Volksmusik in St. Petersburg (1908–1919), die Gesellschaft für jüdische Musik in Moskau (1923–1931), und die Musikverlage Juwal (1923–1927) und Jibneh (1922–1943), der auch mit der Wiener Universal Edition zusammenarbeitete.

 

Die Monographie von 2004 erschien nun in der englischen überarbeiteten und ergänzten Ausgabe. Ein Kapitel ist Wien gewidmet. Von einer Gesellschaft zur Erforschung und Förderung jüdischer Musik war 1920 nur ein Konzert und Vortrag zur jüdischen Volksmusik mit Juliusz Wolfsohn nachweisbar. Der Pianist und Komponist war ein Neffe des Präsidenten der Zionistischen Weltorganisation David Wolfsohn und starb 1944 in den U.S.A., ohne einen Nachlass zu hinterlassen. Der Violinist und Leiter des Chors des Wiener jüdischen Gesangsvereins Israel Brandmann lebte ab 1935 in Palästina, wo er den Arbeiterchor von Tel Aviv leitete und nicht mehr komponierte.

 

1928 wurde in Wien der Verein zur Förderung jüdischer Musik gegründet, der in Zusammenarbeit mit zionistischen Vereinen zahlreiche Konzerte organisiere. Besonders aktiv war Joachim Stutschewsky, der aus einer Klezmer-Familie in der Ukraine stammte. Er war zeitweise auch Mitglied des von Rudolf Kolisch aus dem Kreis um Arnold Schönberg gegründeten Streichquartetts. Mit seinem Buch Mein Weg zur jüdischen Musik und mit zahlreichen Beiträgen in der zionistischen Zeitschrift Die Stimme wurde er auch zu einem wichtigen Theoretiker der neuen jüdischen Musik. Stutschewsky starb 1982 in Tel Aviv,  wo sich auch sein umfangreicher Nachlass befindet.

 

Zwei Anhänge des Buches enthalten ausführliche Biographien der Komponisten und Musiker, Porträts der Verlage und Listen ihrer Publikationen.

 

Nemtsov hat auch in vielen CDs die Musik, die er erforscht hat, eingespielt und ihr damit ein Denkmal gesetzt. Er hat seit 2013 die Professur für Geschichte der jüdischen Musik an der Hochschule für Musik Franz Liszt in Weimar inne und lehrte auch am Abraham Geiger Kolleg in Potsdam.