Ephraim Kishon wurde vor 100 Jahren als Ferenc Hoffmann in Budapest als Sohn eines Bankdirektors geboren. Das waren nicht die besten Zeiten für einen gescheiten jungen Juden.
Ungarn war seit den späten 1930er Jahren ein Vasall des nationalsozialistischen Deutschlands; während des „letzten Kapitels des Holocaust“ im Jahr 1944 war Ephraim Kishon, der wegen der so genannten Judengesetze nicht studieren durfte und daher eine Ausbildung zum Goldschmied absolvierte, zwanzig Jahre alt. Irgendwie konnte er sowohl den Zwangsarbeitsdienst überleben als auch von Transporten in KZs flüchten und begann nach 1945, nachdem er seinen Namen auf Kishont magyarisiert hatte, bei verschiedenen Satire-Blättern in Budapest zu arbeiten. Im Stalinismus des Rákosi-Regimes fühlte er sich bald auch nicht wohl. Als er 1949 Aliyah nach Israel machte, liess der dortige Beamte, der ihm seine Papiere ausstellte, kurzerhand das -t- am Ende seines Namens weg. So wurde aus Kishont, einem ungarischen Komitat in der heutigen Slowakei, Kishon, ein Fluss in Israel. Und aus Ferenc – der Beamte meinte dazu nur: „Kenn ich nicht!“ – wurde Ephraim. Der Neu-Israeli lernte in kürzester Zeit Iwrit und wurde durch seine beissenden Satiren, die den spezifischen Budapester jüdischen Humor der „Guten alten Zeit“ spiegelten, schnell bekannt.
Kishon war nicht der einzige „prominente“ Ungar in Israel. Die Karikaturisten Ze’ev (Yaakov Farkash, 1923 Budapest–2002) und Dosh (Kariel Gardos, 1921 Budapest–2000 Tel Aviv), sowie der Journalist Yosef „Tommy“ Lapid (Tomislav Lampel, 1931 Novi Sad–2008 Tel Aviv), Vater von Jair Lapid, gehörten zu den „Ungarn“ in Israel. Einer Aneignung durch den Staat Ungarn als „Exilungar“ widerstand Kishon allerdings mit den Worten: „Ungarn war mein Zuhause, aber sie haben versucht, mich zu verbrennen, also nein. Meine Heimat ist Israel.“
Im deutschsprachigen Raum wurde Kishon durch die kongenialen Übersetzungen von Friedrich Torberg (Friedrich Kantor, 1908 Wien–1979 ebenda) bekannt. Weniger bekannt ist, dass Kishon eine dezidiert zionistische Haltung an den Tag legte und dadurch bei manchen Interviews im deutschsprachigen Raum ziemlich aneckte. Gut illustriert das der folgende Abschnitt – immer noch sehr aktuell – in Pardon, wir haben gewonnen aus dem Jahr 1967:
„Wie die Geschichte lehrt, leben die Völker der Welt entweder im Frieden oder im Krieg. Israel lebt irgendwo dazwischen. Von dem sogenannten ‚Waffenstillstandsabkommen‘ mit unseren arabischen Nachbarn, das wir 1948 unterzeichnet haben, ist eigentlich nur das Abkommen in Kraft getreten, und selbst das nur begrenzt: Unsere arabischen Nachbarn kommen ununterbrochen vom Waffenstillstand ab. Der sogenannte ‚Frieden‘ ist, obwohl er sich in nächster Nähe befindet, für uns unerreichbar. Aus diesem Zustand hat sich eine Art des Zusammenlebens entwickelt, die als weltpolitische Neuerung gelten darf: die kriegerische Koexistenz. (…) Als die Vernichtung nicht ganz programmgemäss ablief, blieben die palästinensischen Araber, wo sie waren. Ihre arabischen Brüder, ausserstande, den Jammer der Flüchtlinge mitanzusehen, siedelten sie in Konzentrationslagern nahe der israelischen Grenze an, liessen sie von der UNNRA erhalten und lehrten sie schöne, melodische Hass- und Rachegesänge, um sie auf die Rückeroberung Palästinas vorzubereiten. Es versteht sich von selbst, dass dadurch die Friedensaussichten gefördert werden.“
Als Kishon 2005 starb, lag die Weltauflage seiner in 37 Sprachen übersetzten Bücher bei etwa 43 Millionen Bänden; seine Filme hatten drei Golden Globes und eine Oscar-Nominierung ergattert.