Frank Auerbach war in Österreich nicht besonders populär. Hierzulande schätzt man die einheimischen Künstler, vergleicht man sie mit den ausländischen, so könnte man draufkommen, dass aus einem kleinen Land kleine Künstler kommen, auch wenn dieses Volk „begnadet für das Schöne“ sein soll.
Frank Auerbach war gebürtiger Berliner, kam 1939 mit einem Kindertransport nach England und hatte das Glück, in einem Internat unterzukommen, von wo er auf eine Kunstschule geschickt wurde. Sein Talent wurde erkannt und gemeinsam mit Lucian Freud und Francis Bacon stieg er unter die „Grossen Drei“ der britischen Malerei auf, die vor der berüchtigten „Brit Art“ den englischen Kunstmarkt dominierten. Eine Traumkarriere für den zurückhaltenden, bescheidenen, fleissigen Maler, dem man niemals seine enge Verwandtschaft mit Marcel Reich-Ranicki s.A. anmerkte, die beiden waren die letzten Überlebenden ihrer in der Shoah vernichteten Familie. Auerbach war ein treuer Mensch, er blieb sich selbst, seinem Stil treu, seiner Frau (seit 1958), seinem Atelier im Norden Londons, das hoffentlich, so wie das von Francis Bacon, für die Nachwelt erhalten bleiben wird.
Auf dem Boden dieses Ateliers wuchsen Stalagmiten – aus Farbe. Auerbach setzte die Farbe verschwenderisch ein, sein Impasto war gigantisch dick, seine Motive einfach – Porträts und Landschaften zumeist. Sein Stil war unverwechselbar und keiner „Richtung“ zuzuordnen, seine Oberflächen ungeheuer vielschichtig, komplexer als die seines österreichischen Kollegen Franz Grabmayr, der auch gerne viel Farbe auf der Leinwand hatte, was hätte wohl Sigmund Freud zu dieser Art der Malerei gesagt? Obwohl er in keine Schublade passte, gewann Auerbach 1986 den Goldenen Löwen der Biennale von Venedig, gemeinsam mit Sigmar Polke. Ich war damals von seiner Ausstellung begeistert, als Schüler von Gustav Hessing bewunderte ich seine geschickte Pinselführung und die „intricate surface“. Die Gemälde sehen aus der Nähe betrachtet wie abstrakte Bilder von Jackson Pollock aus, tritt man zurück, offenbart sich das realistische Motiv, ein Effekt, den man auch bei virtuosen Barockmalern, wie beispielsweise Velasquez, beobachten kann.
Damals gab er dem Time Magazine ein Interview, in dem er von den Stalagmiten erzählte. Es sei schon besser geworden, jetzt male er mit Acryl, aber früher mit den Ölfarben, das war eine Katastrophe, weil die so langsam trockneten, alles war schmutzig. Die Farbe und er – ein untrennbares Gespann, ein Leben für die Kunst, ein Leben mit Arbeit ausgefüllt. Ein ganz Grosser, Treuer, Guter ist von uns gegangen.
Von Luke McKernan. Quelle: Wikimedia commons, gemeinfrei: https://www.flickr.com/photos/33718942@N07/4882735481/in/photolist-8rti9v-8rtpd2-8rwvgN-8rwzL9-8rwyRj-8rwwvd-8rwzGQ-8rwAYS-8rtvfT-8rwDEG-8rwqYL-8rtjpn-8rtmDz-8rwpLy-8rwq7h-8rwwhE-8rtkNM-8rwDM9-8rtnP8-8rtmen-8rtw7p-8rtmFD-8rtiNF-8rwuaq-8rwvRW-8rwpw1-8rwDBj-8rwrq5-8rtwKV-8rtmva-8rwyKN-8rwAuS-8rtqpa-8rtn54-8rtvU4-8rtuxM-8rtovr-8rwrWA-8rwywj-8rto3z-8rww7b-8rtvFz-8rtoMF-8rwqa9-8rwykb-8rwpqf-8rwstC-8rwwQS-8rtvPr-8rwq19, CC BY-SA 2.0, https://commons.wikimedia.org/w/index.php?curid=36254235
Bildnis J.Y.M. Nr. 1. Quelle: https://www.wikiart.org/de/frank-auerbach/j-y-m-seated-no-1