Glaubt man den Legenden, so wurde Safed – oder Zefat – nach der Sintflut von einem der Söhne Noahs gegründet.
Schon die Lage auf fast 1.000 Metern Höhe, somit höchstgelegene Stadt Galiläas, erhebt Safed. Seine steilen Strässchen, gesäumt von Steinhäusern, die sich an den Hügel klammern, auf dem die Stadt vor Urzeiten gegründet wurde, verleihen Safed eine ganz besondere Atmosphäre. Seit biblischen Zeiten – erwähnt wurde Safed im Jerusalemer Talmud und in den Schriften des römisch-jüdischen Historikers Flavius Josephus – übt die Stadt eine geradezu magische Anziehungskraft auf Kabbalisten und Mystiker aus.
Abuhav Synagoge, Safed, aus dem 16. Jahrhundert, Innenansicht mit der berühmten Kuppel und ihren bemalten Wänden.
Die religiöse Bedeutung und Ausstrahlung Safeds zieht sich durch die Jahrhunderte: In Safed entstand im 16. Jahrhundert, komponiert vom Kabbalisten und Rabbiner Shlomo HaLevi Alkabetz das in der Schabbat-Liturgie zentrale Gebet „Lecha Dodi“ – die feierliche Begrüssung des als Braut personifizierten Schabbat. Auch heute zeugen die orthodoxe Bevölkerung und ihre zahlreiche Haredi-Gemeinschaft davon, dass Safed nach wie vor eine Stadt des Lernens und Gebets geblieben ist.
Im Unabhängigkeitskrieg (1947–49) behaupteten die Juden Safeds – damals lediglich zehn Prozent der Gesamtbevölkerung – gegen die Angriffe der zahlenmässig weit überlegenen Arabischen Legion ihre Stellung: Auf einer Terrasse erinnert ein Exemplar der legendären „Davidka“ – dieses „hausgemachten“ aber sehr effektvollen, lärmigen und deshalb durchaus wirkungsvollen Minenwerfers – an die Verteidigung des jüdischen Quartiers durch den Palmach.
Am Eingang zur Yosef Caro Synagoge.
Als ich Ende der 1960er Jahre Safed erstmals besuchte und bei einem Künstler in seinem Atelier eingeladen war, schwebte über dem Gebirgsort ein unvergleichlicher, geheimnisvoller Zauber. Doch die Rückkehr nach Zefat wird jedes Mal enttäuschender, ja geradezu erschreckend:
Die Magie ist verschwunden, stattdessen hat sich Safed in eine Art jüdisches Disneyland verwandelt, eine Tourist Trap mit kostspieligen Boutiquen, in denen religiöse „Kunst“, allerlei das Judentum thematisierender Kitsch, teurer Schmuck und billiger Tand feilgeboten werden. Zwar gibt es noch das romantische Strässchen, das quer durch die Altstadt führt, gesäumt von kleinen Cafés und alten Betstuben und die steilen Wege, auf denen man sich leicht verirrt – doch all dies ist touristisch vermarktet. Die mystische Atmosphäre von einst ist dem offensichtlich auf ein zahlungskräftiges, aber nicht immer geschmackssicheres amerikanisch-jüdisches Publikum ausgerichteten Kommerz gewichen.
In der Altstadt von Safed.
Immerhin: Die wunderbaren barocken Synagogen, zumeist aus dem 16. Jahrhundert, haben die Zeitläufte unbeschadet und in perfektem Zustand überlebt und laden zur Besichtigung ein. Die zweifellos prachtvollste ist die nach Rabbiner Ytzhak Abuhav, einem spanisch-jüdischen Gelehrten des 15. Jahrhunderts benannte Abuhav-Synagoge (einst als „Grosse Synagoge“ bezeichnet). Der Innenraum in seiner dynamisch-bewegten Architektur besticht mit einer Vielzahl eleganter Bögen und, im Zentrum des Rundbaus, der auf vier mächtigen Säulen ruhenden, mit farbenfrohen Fresken im orientalischen Stil bemalten Kuppel, unter der sich die Gebetsempore aus leuchtend blau bemaltem Holz erhebt.
Alscheich Synagoge, 16. Jahrhundert, sefardischer Stil, Portal, Detail.
Synagoge, benannt nach Yosef Caro, dem Autor des Schulchan Aruch, Innenansicht.
Spendenbox in der Yosef Caro Synagoge.
Im Vorraum der Yosef Caro Synagoge.
Strassenansicht von Safed.
Galerie in Safed.
Aussenansicht der Ashkenazi Ari Synagoge, erbaut Mitte des 16. Jahrhunderts von Einwanderern aus Griechenland am Rande des sefardischen Viertels, später von chassidischen Juden benutzt. Beim grossen Erdbeben 1837 zerstört und zwanzig Jahre später wieder aufgebaut. Während des Unabhängigkeitskriegs flohen viele in die Synagoge, um zu beten. Niemand dort wurde verletzt.
Gässchen beim Ausgang aus der Yosef Caro Synagoge mit Spendenbox.