Drei Stahlsäulen erinnern an 21 jüdische Zwettler, die während der NS-Zeit verfolgt und ermordet wurden. Das Mahnmal wurde am 85. Jahrestag der Novemberpogrome enthüllt. Jüdische Biografien sind auf der Zwettler Archiv-Homepage nachzulesen.
Am 85. Jahrestag der Novemberpogrome wurde in Zwettl am 9. November eine „Jüdische Erinnerungsstätte“ eröffnet. Drei Säulen aus Cortenstahl vor dem Stadtamt sollen der 21 jüdischen Zwettlerinnen und Zwettler gedenken, die während der NS-Zeit aus rassistischen Gründen als Juden verfolgt, vertrieben und in Lagern des NS-Regimes ermordet wurden. Ein entsprechender Informationstext befindet sich an einer der Säulen. Auf einer weiteren sind die 21 Namen dieser jüdischen Bürgerinnen und Bürger angeführt. Auf der dritten findet sich die alte jüdische Weisheit „Das Geheimnis der Versöhnung heisst Erinnerung“.
Vor allem mit dem Grossangriff auf Israel von der Terrororganisation Hamas und dem Brandanschlag auf einen jüdischen Friedhof in Wien habe der Gedenktag eine schreckliche Aktualität bekommen, erklärte Vizebürgermeister Andrea Wiesmüller: „Antisemitismus in jeglicher Form ist inakzeptabel und muss mit aller Härte bekämpft werden. Dabei ist egal, ob er islamistisch, rechtsextremistisch oder linksextremistisch motiviert ist.“ 21 Schülerinnen und Schüler des Gymnasiums lasen nach der Enthüllung der Erinnerungsstätte die 21 jüdischen Namen vor. Musikalisch umrahmt wurde die Eröffnung von Maciej Golebiowski (Klarinette) und Fabian Pollack (Gitarre), die jüdische Lieder spielten.
Antisemitismus als Problem einer ganzen Gesellschaft
In seiner Rede sprach Dr. Willy Weisz, Vizepräsident des Koordinierungsausschusses für christlich-jüdische Zusammenarbeit, ebenfalls die aktuellen Geschehnisse an, die jegliche Hoffnung verstummen haben lasse, dass sich ähnliche Geschehnisse der Novemberpogrome nicht mehr wiederholen können. Unter den Ehrengästen war auch der Theaterregisseur Markus Kupferblum. In einer eindrucksvollen Rede warnte er davor, dass sich die Geschichte wiederholt und zitierte Jean Paul Sartre, nach dem Antisemitismus zum Problem einer gesamten Gesellschaft werde:
„Wer gegen Juden hetzt, hetzt auch bald gegen Andersdenkende, der schafft Vielfalt ab, Demokratie, Rechtssicherheit und Freiheit, alles, was heute in Österreich glücklicherweise, wie selbstverständlich, unser Leben bestimmt, aber damals zur Zeit der Terrorherrschaft der Nationalsozialisten undenkbar war.“
Der Präsident des Koordinierungsausschusses für christlich-jüdische Zusammenarbeit, Univ. Prof. i. R. Dr. Martin Jäggle richtete sich in einer Mail an die Stadtgemeinde Zwettl und bedankte sich für die Errichtung der Erinnerungsstätte. Durch sie und durch die Wahl des jüdischen Sprichwortes auf einer der Säulen mache die Stadtgemeinde die Eröffnung zu einem Anfang auf Zukunft hin.
Den Namen ein Gesicht geben
Eine der drei Säulen ist mit einem QR-Code versehen, der auf eine Informationsseite des Zwettler Stadtarchivs zur Erinnerungsstätte verweist (aufrufbar auch unter www.zwettl.gv.at/Bildung_Kunst_Kultur/Stadtarchiv/Juedische_Erinnerungsstaette). Dort sind die 21 Schicksale der vertriebenen und ermordeten Zwettler Juden aufgearbeitet und nachzulesen.
Bei der Eröffnungsfeier blickte der Historiker und frühere Stadtarchivar Prof. Friedel Moll unter dem Motto „Den Namen ein Gesicht geben“ auf diese Biographien zurück. So erfuhren die Besucher etwa, in welchen Gebäuden die Zwettler Juden gelebt und welche Strapazen sie bei ihrer Flucht – sofern sie geglückt war – auf sich genommen haben. Diese Geschichten zum jüdischen Leben in Zwettl sind akribisch aufgearbeitet auch in den Zwettler Zeitzeichen Band 13 nachzulesen.
Enthüllten die Jüdische Erinnerungsstätte: Künstler Friedrich Fürst, Stadträtin LAbg. Mag. Silvia Moser, MSc, Dr. Willy Weisz, Vizepräsident des Koordinierungsausschusses für christlich-jüdische Zusammenarbeit, Historiker Prof. Friedel Moll, Theaterregisseur Markus Kupferblum, Vizebürgermeister Andrea Wiesmüller und Direktor Hofrat Mag. Wolfgang Steinbauer.
Direktor Hofrat Mag. Wolfgang Steinbauer, Künstler Friedrich Fürst, Pfarrmoderator Mag. Janusz Wrobel, Stadtamtsdirektor Mag. Hermann Neumeister, DI Elisabeth Wachter (NÖ.Regional.GmbH), Dr. Willy Weisz, Vizepräsident des Koordinierungsausschusses für christlich-jüdische Zusammenarbeit, Bezirkshauptmann Dr. Markus Peham, Theaterregisseur Markus Kupferblum, Historiker Prof. Friedel Moll, Vizebürgermeister Andrea Wiesmüller, Pfarrerin Mag. Birgit Schiller und Stadträtin LAbg. Mag. Silvia Moser, MSc bei der Jüdischen Erinnerungsstätte.
Schüler des Gymnasiums Zwettl verlasen die 21 Namen, die auf den Säulen angeführt sind, mit im Bild: Mag. Kathrin Fichtinger (Mitte links) und Direktor Hofrat Mag. Wolfgang Steinbauer (Mitte rechts)
Die drei Säulen der Jüdischen Erinnerungsstätte
Alle Fotos: fotozwettl.at/C. Schindler, mit freundlicher Genehmigung.