404: Not Found Field Hospital X Israels Beitrag zur Biennale von Venedig 2019 David - Jüdische Kulturzeitschrift

Ausgabe

Field Hospital X Israels Beitrag zur Biennale von Venedig 2019

Michael Bittner

Die Ausstellungen im wunderbaren Pavillon Israels in den Giardini von Venedig sind meist nicht unter den Trendsettern der zeitgenössischen Kunst, vieles wirkt ein bisschen altbacken. Ganz anders war das 2019, auf der letzten sehenswerten Biennale bisher, als Aya Ben Ron ihr Field Hospital X präsentierte.1

Inhalt

Eine Menschenschlange wartete vor dem Eingang, manche waren etwas in Sorge, ob nicht zuviel Blut zu sehen sein würde, denn „Hospital“ und „Israel“ wurden sofort mit Terror-Opfern, Intifada und Raketenbeschuss assoziiert. Ich dachte mir, wenn es einigermassen nach der Halacha vor sich gehe, dürfe kein echtes Blut von Artefakten rinnen; „Nitsch“ stand auch nicht auf dem Plakat.

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 Aya Ben Ron, Biennale Venedig, 2019.

Tatsächlich hat Aya Ben Ron ein Instrument zur psychischen Reinigung geschaffen, einen Ort, wo man seelisches Gleichgewicht trainieren kann. Field Hospital X wurde vom Publikum sehr gern angenommen, 180.000 Besucher fanden Einlass, von ihnen absolvierten 80.000 den gesamten „Krankenhaus“ – Parcours.  In der ersten Version war besonders die soziale Ungerechtigkeit das Thema, „social ills“ nennt Ben Ron das Phänomen, das weltweit die Gesellschaften spaltet. Das Gebäude, die Installation und auch die Kleidung der „Schwestern“ war in den Nationalfarben gehalten. Das blitzsaubere Interieur, ganz in Weiss mit blauen Akzenten, bot verschiedene Bereiche für die Besucher, am wichtigsten waren die blau-weissen „Care-Chairs“, auf denen man über Kopfhörer mit Informationen berieselt wurde. Die Ausstellungsbesucher wurden so zu den Hauptakteuren der Installation, zum Inventar für das Field Hospital X, das sich nach Ende der Biennale weiterentwickeln sollte.

 

Nach dem Start bei der Biennale sollte das Field Hospital X um die Welt reisen. Zunächst wurde die Installation in Tel Aviv gezeigt und durch den neuen Slogan „DO YOU CARE?“ erweitert. Hier wurde auch die Traumabewältigung in die „Behandlung“ eingebaut. Es sollten noch weitere Stationen weltweit folgen, doch kam die Pandemie dazwischen und das Projekt ging zwangsweise online. FHX wurde mittlerweile in Israel als NGO zugelassen – (R.A. 580692754), “committed to promote awareness of social injustice through art and motivate people from listening to action”. 

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Aya Ben Ron, Field Hospital X, Care-Chair Area.

Aya Ben Ron ist durch ihre Teilnahme an der Biennale von Venedig weltweit bekannt geworden, sie ist eine „multidisziplinäre“ Künstlerin wie die meisten ihrer Generation (Jahrgang 1967), sie malt nicht nur (vgl. Four Seasons, 2002)2, sondern entwirft auch Skulpturen und Rauminstallationen, die alle in irgendeiner Form mit Medizin, Krankheit und Heilung zusammenhängen3, so wie Field Hospital X. In ihrer Bekanntheit im Ausland kommt ihr nur Sigalit Landau, die Erfinderin des „Stacheldraht-Hula Hoop“ nahe.4 Beide leben in Tel Aviv, Ben Ron unterrichtet an der Universität Haifa, Landau war bereits zweimal, 1997 und 2011, Israels Vertreterin bei der Biennale von Venedig.

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Aya Ben Ron, Field Hospital X, Reception Area.

Als ich die schrecklichen Nachrichten von den Terrorattacken auf Israel hörte, fiel mir sofort das FHX ein, ein prophetisches Projekt, das sich ja verbreiten und entwickeln wollte. In der jetzigen traurigen Situation wäre das Field Hospital X der ideale Ort, den betroffenen Menschen, den Opfern, den Angehörigen der Geiseln in ihrem seelischen Verletzt-Sein zu helfen. Hier würde dieses Kunstwerk endlich Sinn machen – nicht nur in der Kunstwelt, sondern in der wirklichen, brutalen, unmenschlichen Welt von heute. Field Hospital X könnte zu einem Instrument werden, spätere Traumata, wie wir sie von Überlebenden der Shoah kennen, abzumildern und so ein Meta-Kunstwerk werden, ähnlich dem Isenheimer Altar von Matthias Grünewald, der ja auch zu Heilungszwecken herangezogen wurde – mit erstaunlicher therapeutischer Wirkung.5 Es möge den Menschen, die an Körper und Seele verletzt sind, so schnell wie möglich geholfen werden, mit oder ohne Kunst. 

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Aya Ben Ron, Field Hospital X, Israeli Pavilion, 2019.

Anmerkungen

1 https://ayabenron.com/venice-bienalle-2019/ abgerufen 26.10.2023.

2 https://ayabenron.com/4-seasons/ abgerufen 29.10.2023.

3 https://en.wikipedia.org/wiki/Aya_Ben_Ron abgerufen 29.10.2023.

4 Vgl. https://www.artmagazine.cc/content82064.html abgerufen 29.10.2023

5 https://www.deutschlandfunk.de/der-isenheimer-altar-die-gegenwart-des-entsetzlichen-100.html abgerufen 29.10.2023.

 

Alle Abbildungen, mit freundlicher Genehmigung: Field Hospital X,  https://ayabenron.com/venice-bienalle-2019/