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Der bestimmende Faktor meines Lebens David Ben Gurion zum 50. Todestag

Monika Kaczek

Die Entstehungsgeschichte des Staates Israel ist eng mit der Person David Ben Gurions verbunden, der vor fünfzig Jahren am 1. Dezember verstarb. Bis heute ist diese Persönlichkeit immer noch von Bedeutung.

Inhalt

David Ben Gurion wurde am 16. Oktober 1886 als ­David Josef Grün in der polnischen Stadt Płońsk geboren. David – auch „Dubtsche“ oder „Duwidl“ genannt – hatte zwei Schwestern und zwei ältere Brüder. Sein Vater Viktor (Avigdor) Grün, der als Rechtsanwalt tätig war und zu den prominenten Mitgliedern der jüdischen Gemeinde zählte, wurde eines der ersten Mitglieder der zionistischen Gruppe Hibbat Zion (Liebe zu Zion). Wenige Monate nach Davids elftem Geburtstag starb seine Mutter Scheindel infolge einer Totgeburt an einer Blutvergiftung. Noch im Alter von 80 Jahren konnte der Sohn den Verlust nicht vergessen: 

„Viele, viele Nächte sah ich Mutter im Traum und fragte sie: Mama, warum sieht man dich nicht? Und sie gab keine Antwort. (…) Es kann nur eine Mutter geben – und sie ist alles. Und mehr als das. Und wenn sie geht und fort ist – kann kein Mensch, kein Freund, kein Bekannter, kein Liebender ihren Platz ausfüllen.“1

Im Zuge der Zweiten Alijah wanderte David Grün 1906 nach Palästina aus, wo er sich in Jaffa am Ausbau der jüdischen PionierInnenorganisation HaSchomer beteiligte. Unter seinem neuen Familiennamen Ben Gurion (hebräisch: Löwenjunges) wurde er bald zu einem wichtigen Führer der ArbeiterInnenbewegung. Ab 1912 studierte er in Istanbul Rechtswissenschaft, kehrte aber sechs Jahre später nach Palästina zurück.

Während eines Aufenthalts in New York lernte er 1915 die aus Russland stammende Paula Munweis kennen, die zwei Jahre später seine Frau wurde. Das Paar hatte drei gemeinsame Kinder.2 Als David Ben Gurion Paula Munweis, die als Absolventin einer Schwesternschule in der Ordination eines Frauenarztes arbeitete, kennenlernte, war sie keine Zionistin

„Vor der Begegnung mit Ben Gurion wäre sie nie auf die Idee gekommen, jemals ausserhalb der Vereinigten Staaten zu leben. Als sie sich verliebten, sagte er ihr, wenn sie bereit wäre, ihn zu heiraten, müsse sie Amerika verlassen und mit ihm in ein kleines und armes Land ziehen, wo es weder Strom noch Gas gebe. Sie willigte ein.“ 3

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David Ben Gurion im Jahre 1959. Quelle: Wikimedia Commons, gemeinfrei: https://upload.wikimedia.org/wikipedia/commons/8/8c/Ben_Gurion_1959.jpg?uselang=de ; gemeinfrei

Nach Ende des Ersten Weltkriegs übersiedelte die junge Familie nach Palästina, das nun zum britischen Protektorat wurde. Zunächst lebten die Ben Gurions in Jerusalem und von 1931 bis in die 1950er Jahre in Tel Aviv. 1921 zählte David Ben Gurion zu den Gründungsmitgliedern der zionistischen ArbeiterInnenpartei Mapai. Als Vorsitzender der Jewish Agency organisierte er von 1935 bis 1948 die Einwanderung jüdischer Flüchtlinge aus Europa nach Palästina und wurde 1944 Präsident der Zionistischen Weltorganisation

Am 15. Mai 1948 proklamierte David Ben Gurion in Tel Aviv den unabhängigen Staat Israel: 

„Ich kann mich kaum an eine Zeit erinnern, als die Idee, ,Eretz Israel‘ aufzubauen, wie wir es nannten – das Land Israel –, nicht der bestimmende Faktor meines Lebens war.“4 

Bis 1953, sowie von 1955 bis 1963, war er Ministerpräsident und Verteidigungsminister. Nach seinem Rücktritt blieb er sieben weitere Jahre Mitglied der Knesset.

1970 kehrte David Ben Gurion in sein Haus im Kibbuz Sde Boker zurück. Nach seinem Tod am 1. Dezember 1973 wurde er in der Nähe des Kibbuz neben seiner 1968 verstorbenen Ehefrau beigesetzt. 

„Sein Biograf Shabtai Teveth kommentiert die zentrale Rolle der Jugendjahre Ben Gurions für seine spätere Wesensart: ‚Für Ben Gurion waren die ersten Dinge auch die letzten, und was seine Jugendjahre erfüllt hatte, bestimmte seine Welt für immer. Die Grundlage seines Lebenswerkes war seine unglaubliche Persönlichkeit […]: ausströmende Güte und Liebe, Vertrauen in seine Einzigartigkeit und das Leuchten eines Traums von der Wiedergeburt Israels – das alles verband sich zu einem Gemisch, das wunderbar zu seiner Mission passte.‘“5

 

Anmerkungen

1 Tom Segev: David Ben Gurion. Ein Staat um jeden Preis. Aus dem Hebräischen von Ruth Achlama. München: Siedler Verlag 2018, S. 25.

2 Geula Ben Eliezer (1918 – 1998), Amos Ben Gurion (1920 – 2008) und Renana Ben Gurion (1925 – 2008).

3 Segev, David Ben Gurion, 2018, S. 144.

4 David Hulme: David Ben Gurion. Vision, Sommer 2008, https://www.vision.org/de/biografien-david-ben-gurion-aus-liebe-zu-zion-500 (11.10.2023)

5 Ebd.