Ausgabe

Drei Leben In Erinnerung an David Dushman, s. A. (1923 – 2021)

Monika Kaczek

David Dushman wurde am 1. April 1923 in Danzig (heute: Gdańsk) als Sohn eines jüdischen Militärarztes, der auch den Generalsrang in der Roten Armee innehatte, geboren. 
 

Inhalt

Während seiner Tätigkeit als Leiter des medizinischen Dienstes der Zentralsporthochschule in Moskau fiel Dushmans Vater 1938 der stalinistischen Säuberungswelle zum Opfer und wurde in ein Lager nördlich des Polarkreises verschleppt, wo er zehn Jahre später völlig entkräftet starb. Nach dem Überfall Nazi-Deutschlands auf die Sowjetunion am 22. Juni 1941 meldete sich David Dushman freiwillig zur Roten Armee, wo er als Panzerfahrer diente und unter anderem in der Schlacht von Stalingrad kämpfte. Für seine Tapferkeit wurden ihm über vierzig Medaillen und Ehrenzeichen verliehen, darunter auch der Orden des Vaterländischen Krieges. Gegen Kriegsende gehörte er der 322. Schützendivision der 60. Armee der 1. Ukrainischen Front an. Am frühen Nachmittag des 27. Jänners 1945 walzte David Dushman mit seinem Panzer den Zaun des Konzentrations- und Vernichtungslagers Auschwitz nieder. „Wir wussten kaum etwas von Auschwitz“, sagte er 2015 in einem Interview mit der Süddeutschen Zeitung. Er habe damals „überall Skelette» gesehen, erinnerte sich Dushman.1

Nach dem Zweiten Weltkrieg widmete sich David Dushman dem Fechtsport und war von 1952 bis 1988 als Trainer der sowjetischen Damen-Nationalmannschaft tätig und erlebte 1972 das Münchner Olympia-Attentat auf die israelischen Sportler mit: „Wir hörten Schüsse und das Brummen der Hubschrauber über uns. Wir wohnten damals genau gegenüber der israelischen Mannschaft. Wir und alle anderen Sportler waren entsetzt.“2 1988 beendete David Dushman seine Trainerfunktion, blieb aber bis kurz vor seinem Tod als Fechter aktiv. Nach der Öffnung der Ostblock-Grenzen zog er für kurze Zeit nach Österreich, seit 1996 lebte er mit seiner Frau Zoja in München. Noch 2003 wurde er Trainer beim Olympischen Fechtclub München, und bis zum Alter von 94 Jahren unterrichtete er fast täglich im Fechtverein. Auch als Zeitzeuge in Schulen betonte  er immer wieder: „Wir haben nicht gegen die Deutschen gekämpft, sondern gegen den Faschismus“.3

 

David Dushman starb am 4. Juni 2021 in München. Anlässlich seines 95. Geburtstags meinte Charlotte Knobloch, die Präsidentin der IKG München und Oberbayern, über sein Leben:
„Was Sie an physischen und seelischen Schmerzen erleiden mussten, aber auch, was Sie an Grossartigem geleistet haben und welche aussergewöhnlichen Erfolge Sie feiern konnten – das reicht eigentlich für drei Leben.“4

Die Autorin dankt Alexander Völkel für das Zurverfügungstellen des Fotos.

1 https://www.nordstadtblogger.de/zeitzeugen-gespraech-mit-einem-auschwitz-befreier-der-steinwache-krieg-macht-aus-menschen-wilde-tiere/
2 https://www.abendzeitung-muenchen.de/bayern/auschwitz-befreier-feiert-95-geburtstag-bewegtes-leben-von-david-dushman-art-438214
3 https://www.juedische-allgemeine.de/unsere-woche/eine-lebende-legende/
4 https://www.tz.de/muenchen/stadt/hallo-muenchen/david-dushman-gestorben-tot-befreier-auschwitz-muenchen-knobloch-krankenhaus-konzentrationslager-90790708.html