Ausgabe

Roy Lichtenstein zum 100. Geburtstag

Monika Kaczek

Roy Lichtenstein – der am 27. Oktober seinen 100. Geburtstag gefeiert hätte – zählt neben Andy Warhol zu den bekanntesten Vertretern der Pop Art. Seine Arbeiten orientierten sich an Comics, aber auch an surrealistischen und expressionistischen Werken. 

Inhalt

Roy Fox Lichtenstein wurde am 27. Oktober 1923 in Manhattans Upper West Side als Sohn einer deutsch-jüdischen Familie des gehobenen Mittelstands geboren. Sein Vater Milton war als Immobilienmakler tätig, seine Mutter Beatrice (geb. Werner) war Hausfrau. Nach den Volksschuljahren in einer öffentlichen Schule wechselte Roy in die private Franklin School for Boys. Im Rahmen seiner weiteren Ausbildung an der Parson School of Design entwickelte sich sein Interesse für Jazz und Kunst. Von 1939 bis 1943 absolvierte er eine Ausbildung als Graphiker und Designer an der Art Students League in New York.

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Roy Lichtenstein vor seinem Gemälde Whaam! im Stedelijk Museum Amsterdam, 1967. Foto: Eric Koch. Sammlung Tate, Quelle: Wikimedia commons, gemeinfrei: https://de.wikipedia.org/wiki/Roy_Lichtenstein#/media/Datei:Roy_Lichtenstein_(1967).jpg ; https://creativecommons.org/publicdomain/zero/1.0/deed.en

Während des Zweiten Weltkriegs war Roy Lichtenstein als Soldat in Europa stationiert, wo er sich künstlerisch mit den Materialien Tusche, Bleistift sowie Kreide auseinandersetzte. Ab 1945 belegte er an der Pariser Cité Universitaire Kurse in Französisch sowie Geschichte. Nach seiner Rückkehr in sein Heimatland unterrichtete er als Dozent am Ohio State College und war als Assistenzprofessor an verschiedenen Hochschulen der U.S.A. tätig. Später zog er mit seiner Ehefrau Isabel Wilson nach Cleveland, Ohio, wo das Paar, das von 1949 bis 1965 verheiratet war, zwei Söhne bekam: David Hoyt (geb. 1954) und Mitchell Wilson (geb. 1956). Künstlerisch schwankte Roy Lichtenstein damals immer noch zwischen Kubismus, Expressionismus und Abstraktion.

 

Im Jahre 1951 eröffnete Roy Lichtenstein in der Julius Carlebach Gallery in New York seine erste Einzelausstellung und wandte sich zeitgenössischen Bildinhalten zu. 1960 lernte er an der Rutgers University die Künstler Allan Kaprow (1927–2006) und Claes Oldenburg (1929–2022) kennen, die ihn massgeblich beeinflussten und inspirierten. Im Laufe der Zeit experimentierte er mit Vorlagen aus Comics, die er vergrösserte. Die beim Druck entstandenen Punkte, sogenannte Benday Dots, dominierten die jeweilige Oberfläche des Bildes. Durch die Rasterung und eine Veränderung des Ausschnitts sowie der zugehörigen Texte modifizierte der Künstler die Vorlagen zur kritischen Betrachtung der Bedeutung von Medien in der Gesellschaft sowie des Massenkonsums. 1961 entstand sein Werk Look Mickey, als „einer seiner Söhne mit dem Finger mitten in ein Micky-Maus-Buch tippte und meinte: ‘I bet you can’t paint as good as that, eh, Dad?’ (‘Ich wette, so gut kannst Du nicht malen, hm, Papa?’). Im gleichen Jahr produzierte Lichtenstein noch sechs andere Kunstwerke, auf denen bekannte Charaktere von Kaugummi-Verpackungen und Cartoons abgebildet sind: er hatte seinen Stil gefunden.“1

 

Eines der Hauptthemen in Lichtensteins Werken war die Verharmlosung des Kriegs. Sein 1963 geschaffenes Bild Whaam! basierte 

„auf einem Bild aus All American Men of War, das 1962 von DC Comics veröffentlicht wurde. Lichtenstein nutzte diese Arbeit, um eine Kriegsszene auf distanzierte Weise darzustellen, die sich von den üblichen, hoch aufgeladenen und emotionalen Kriegsdarstellungen unterschied. Whaam! selbst hat wenig mit dem Vietnamkrieg zu tun. Lichtenstein verband das Gemälde nicht direkt mit dem eigentlichen Krieg, der vor dem US-Engagement in Vietnam veröffentlicht wurde, aber das Timing dient als ausgezeichneter Kommentar zum US-Engagement in Vietnam. Als der Vietnamkrieg weiterging, nutzten immer mehr Künstler ihre Fähigkeiten, um politische Ereignisse zu kommentieren, wobei Lichtenstein als perfektes Beispiel diente.“2

 

Eine Ausstellung in der Galerie Castelli entwickelte sich allerdings zu einem Skandal, wie Der Spiegel 1967 rückblickend schrieb: 

„Als der Amerikaner Roy Lichtenstein 1962 (...) in der New Yorker Galerie Castelli ausstellte, beschimpften ihn die Besucher; Künstler versuchten, seine Bilder von der Wand zu reissen, und Kritiker glaubten, den ‚schlechtesten Maler der USA‘ (Life) entdeckt zu haben. Der Grund für die Aufregung waren Bekannte aus der Kinderstube: Lichtenstein hatte populäre Helden des Comic strip wie Mickey Mouse, Donald Duck und Pop Eye auf riesige Leinwände übertragen - eine Demonstration gegen den damals herrschenden Abstrakten Expressionismus.“3

 

Doch die folgenden Jahre brachten den gewünschten Erfolg. Im Rahmen der Biennale in Venedig 1966 präsentierte Roy Lichtenstein seine Arbeiten, die grosse Zustimmung fanden. Er zollte gerne auch älteren Künstlern Tribut, indem er sie nachahmte oder parodierte, wie zum Beispiel Pablo Picasso und Piet Mondrian.

 

1979 beteiligte sich Lichtenstein, nach seinem ersten öffentlichen Auftrag, mit einer Skulptur für das Theatre of the Performing Arts in Miami Beach. 1995 wurde ihm die National Medal of Art verliehen. Es folgten zahlreiche weitere Retrospektiven. In den 1990er Jahren beschäftigte er sich mit dem weiblichen Akt und der chinesischen Landschaftsmalerei. Roy Lichtenstein starb am 29. September 1997 im Alter von 73 Jahren an den Folgen einer Lungenentzündung in New York.

 

Anmerkungen

 

 

1 https://www.kunstplaza.de/kuenstler/roy-lichtensteins-weg-zum-ruhm/ (30.06.23)

2 https://hist4166archiveproject.wordpress.com/archive-post-1/ (05.05.2023)

3 Der Spiegel, 10.12.1967, https://www.spiegel.de/kultur/mythos-von-mickey-a-4a236638-0002-0001-0000-000046209592 ; (05.05.2023)