Thomas Varkonyi
Waltraud Neuhauser-Pfeiffer: Dazugehörig? Jüdisches Leben in Steyr. Von den Anfängen bis zur Gegenwart. Steyr: Ennsthaler Verlag 2021.
88 Seiten, Euro 12,00.- ISBN 978-3-7095-0141-2
Nur 88 Seiten hat der schmale Band, den Waltraud Neuhauser-Pfeiffer vorgelegt hat, doch diese Seiten haben es in sich. Die Autorin zeichnet die wechselhafte Geschichte der Juden in Steyr zweigeteilt nach: Der erste Teil ist ein klassisch-historischer Überblick, während der zweite Teil durch die Nacherzählung persönlicher Schicksale, die aus Oral History-Interviews aus den 1990er Jahren stammen, beeindruckt. Dieser zweite Teil ist auch jener, der der allgemeinen Geschichte der Juden in Österreich, die mit dem Holocaust eine mörderische Zäsur erfuhr, ein individuelles Gesicht verleiht. Die Geschichte von sechs jüdischen Familien aus Steyr wird anhand der sehr unterschiedlichen Lebensgeschichten von Überlebenden dieser Familien beleuchtet. Die verschiedenen Lebens- und Fluchtwege der Frauen und Männer, die es schafften den Mördern, Denunzianten und Häschern zu entkommen, während Teile ihrer Familien den Nazis zum Opfer fielen, lassen erkennen, wie sehr der Zufall über Leben und Tod entschied. Da in unserer Zeit die Zeitzeugen leider immer weniger werden – auch jene in diesem Buch weilen nicht mehr unter uns – ist jeder Versuch, an die Geschehnisse zu erinnern und diese Erinnerung zu bewahren, uneingeschränkt zu begrüssen. Waltraud Neuhauser-Pfeiffer ist das Verdienst zuzusprechen, ihre wichtigen lokalhistorischen Arbeiten aus den 1990er Jahren konzis zusammengefasst, aktualisiert und einem neuen Lesepublikum zugänglich gemacht zu haben.
Anmerkung der Redaktion
Zu diesem Buch wurde eine weitere Rezension eingesandt. Diese setzt sich aus der Sicht von Nachkommen einer jüdischen Familie aus Steyr mit der Publikation auseinander und kann somit wertvolle ergänzende Hinweise geben.