Der deutsche Klarinettist, Bandleader und Komponist Rolf Kühn war ein bekannter Jazzmusiker, der einen eigenen Stil entwickelte und weltweit auftrat.
Rolf Kühn bei den Jazztagen Idar-Oberstein 2017. Quelle: Wikimedia commons, gemeinfrei: https://de.wikipedia.org/wiki/Rolf_K%C3%BChn_(Musiker)#/media/Datei:Rolf_Kuehn_04_(fcm).jpg; creative_commons https://creativecommons.org/licenses/by-sa/4.0/
Rolf Kühn wurde am 29. September 1929 in Köln als Sohn von Grete Kühn (geb. Moses) und Kurt Kühn geboren und wuchs in Leipzig auf. Sein Vater war in den 1920er Jahren als Artist tätig und trat mit seinem Bruder unter dem Namen Die Brüder Kühn – die kühnen Brüder auf. Da Kurt Kühn sich nicht von seiner jüdischen Frau scheiden lassen wollte, wurde er aus der Reichstheaterkammer ausgeschlossen. Während des Novemberpogroms wurde das Zigarrengeschäft seiner Mutter zerstört und die Familie war Repressalien ausgesetzt. Rolf Kühn fand Trost in der Musik. Er lernte Klavier und beschäftigte sich mit Musiktheorie und Kompositionslehre. Als sogenannter Halbjude durfte er keine Musikhochschule besuchen und wurde von Privatlehrern unterrichtet, unter anderem von Hans Berninger, dem Solo-Klarinettisten des Leipziger Gewandhausorchesters. Die Pianistin Jutta Hipp brachte ihm dem Jazz näher.
Nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs wurde Rolf Kühn im Alter von 17 Jahren Saxophonist und Klarinettist beim Sender Leipzig des Mitteldeutschen Rundfunks. Nach seiner Tätigkeit als Solist beim Rundfunk-Tanzorchester Leipzig wurde Rolf Kühn 1950 Erster Saxofonist des Berliner RIAS Tanzorchesters. Nach seiner Übersiedlung in die U.S.A. lernte er in New York John Hammond, den Produzenten von Columbia Records kennen. Nach dem Erscheinen einer ersten Schallplatte gastierte er mit einer eigenen Band bei Festivals und in Clubs wie dem New Yorker Birdland. Von 1958 bis 1962 spielte Rolf Kühn im Orchester von Benny Goodman und später als Solo-Klarinettist bei Tommy Dorsey.
Im Jahre 1962 kehrte Rolf Kühn nach Deutschland zurück, wo er Leiter des NDR-Fernsehorchesters in Hamburg wurde. Gleichzeitig veröffentlichte er zahlreiche Schallplatten und unternahm mit dem deutschen Jazz-Posaunisten Albert Mangelsdorff eine Tournee durch Südamerika. Sein musikalisches Spektrum reichte von klassischem Jazz bis zu Jazzrock und Free Jazz.
„Es dürfte kaum einen Musiker geben, dessen Leben die Geschichte des Jazz in Deutschland spiegelt wie Kühn. Von dem Gefühl der Befreiung, das diese Musik nach dem Krieg bedeutete, über den Traum, es in Amerika zu schaffen, bis zum langen Leben eines Musikers, der komponierte, arrangierte – und sich am Ende doch immer nur hinstellen wollte, um die disziplinierte Freiheit des musikalischen Ausdrucks zu suchen.“1
Mit Hilfe seines Freundes Friedrich Gulda verhalf Rolf Kühn 1966 seinem vierzehn Jahre jüngeren Bruder Joachim, einem anerkannten Pianisten, zur Flucht aus der DDR. Ab Ende der 1960er Jahre komponierte er verstärkt für Fernsehserien und Filme wie zum Beispiel Dr. M. schlägt zurück. Gemeinsam mit Christian Lillinger, Ronny Graupe und Johannes Fink gründete Rolf Kühn 2008 das Ensemble Rolf Kühn & Tri-O. Nach Angaben seiner Ehefrau Melanie Kühn und seines Bruders Joachim Kühn starb Rolf Kühn am 18. August 2022 in Berlin.
„Der Elegante mit den Kanten wurde 92 Jahre alt. Seine Klarinettentöne behielten bis zuletzt ihre klaren Konturen, diese Unbedingtheit, diese strahlende Eleganz. Er hat Grundsteine für den Jazz in Deutschland gelegt und kontinuierlich an seiner Gegenwarts-Relevanz gearbeitet.“2
Anmerkungen
1 https://www.spiegel.de/kultur/rolf-kuehn-nachruf-a-50b84e8b-cda7-4cf3-b8e7-6905c718fff1
2 https://www.br-klassik.de/aktuell/news-kritik/jazzklarinettist-rolf-kuehn-ist-gestorben-102.html