Ausgabe

Entnazifizierung einer Strasse in Villach

Rudolf O. Zucha/ Cornelia Rivkah Bejach-Zucha

Es ist kein unabänderliches Schicksal, wenn die Anwohner der Herbert-Strutz-Strasse in einer nach einem illegalen Nazi benannten Strasse wohnen müssen. Dieser Zustand kann und soll geändert werden. 

Inhalt

Der Holocaust-Gedenktag am 27. Jänner 2021, der Tag der Befreiung des Konzentrationslagers Auschwitz durch die Rote Armee, war der Anlass, feierlichen Bekenntnissen auch Taten folgen zu lassen. Es war die Gelegenheit, Strassennamen, Personen gewidmet, welche sich der Verbreitung des Nazi-Ungeists schuldig gemacht hatten, aus der öffentlichen Würdigung zu verbannen. Daher hat die absolute Mehrheit der Anwohner mit ihrer Unterschrift bekundet, warum sie nicht in einer Strasse wohnen wollen, die mit dem NS-Namen Herbert Strutz (Klagenfurt 1902 bis 1973 Wien) belastet ist. Die Unterschriftenliste liegt beim Magistratsdirektor von Villach auf.

 

Herbert Strutz, der 1972 durch die Strassenbenennung gewürdigt worden ist, war Mitglied der austro-faschistischen Vaterländischen Front und seit 1933 gleichzeitig Mitglied der illegalen NSDAP (Mitgliedsnummer 1,614. 049). In der Zeit von 1938 bis 1945 wurde er dementsprechend als Journalist, Schriftsteller und treuer „Volksgenosse“ gefeiert sowie mit Auszeichnungen bedacht. Wegen seines Rheumas wurde er frontuntauglich geschrieben, sodass er in der Heimat seine systemkonforme Tätigkeit ausüben konnte. Nach 1945 und U.S.-Haft bekam er vorübergehend Berufsverbot wegen eines gegen ihn erfolgten Strafverfahrens über falsche Angaben bezüglich seiner NS-Vergangenheit. Er fand aber bald Unterschlupf in einer österreichischen Partei und in der Zeitungsredaktion der Volkszeitung. Das Strafverfahren wurde 1948 eingestellt. Unverständlicherweise wurde die Strasse 1972 nach ihm benannt. 

 

Als Gegenargument gegen die Umbenennung dieser Strasse nach einem NS-Verherrlicher und für die Beibehaltung des Strassennamens mit Zusatztafel, heisst es, das diene der Aufklärung der Einwohner von Villach. Offensichtlich handelt es sich hierbei aber um ein Scheinargument, denn das würde analog bedeuten, dass auch der Hauptplatz von Villach, welcher in der Nazizeit Adolf Hitler-Platz geheissen hat, diesen Namen aus gleichen Gründen beibehalten sollte. Wenn auch mit einer Zusatztafel und der Aufklärung, wer dieser Verbrecher war.

 

Die Initiative der Anwohner der Gerhard-Strutz-Strasse hat den Wunsch geäussert, der Strassenname solle geändert und nach dem verstorbenen grossen Österreicher, Maler und Musiker, dem Holocaust-Überlebenden Arik Brauer (Wien 1929 bis 2021 Wien) neu benannt werden. Obwohl Brauer wegen seiner jüdischen Herkunft und des Verlustes des Grossteils seiner Familie im Holocaust viel Leid erleben musste, blieb er immer ein tätiger Humanist – im Unterschied zu  aktiven Naziverbrechern, welche grosse Schuld auf sich geladen haben, und auch im Unterschied zu verblendeten Mitläufern.

 

Dazu hat es eine Basisinitiative gegeben, ohne eine Partei oder die Stadtväter um Erlaubnis zu fragen. Die Fraktion der Grünen hat sich dieser Initiative angeschlossen und einen Antrag im Gemeinderat auf Umbenennung der Strasse eingebracht, diesem hat sich teilweise auch die Fraktion die Erde angeschlossen. Der Antrag ist aber dann unverständlicherweise durch die absolute Mehrheit im Gemeinderat durch die SPÖ am 24. September 2021 (Vorsitz: Mag. Gerda Sandrieser) abgeschmettert worden.