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Verneigung vor einem Vertriebenen Zum 125. Geburtstag des Komponisten Erich Wolfgang Korngold Eine wehmütige Gratulation vom Traunsee

Josef Aigner

Am Traunsee, dort, wo der Komponist Erich Wolfgang Korngold eine Handvoll wunderbarer Sommeraufenthalte verbrachte, erinnerte man sich heuer mit grossem Respekt und herausragenden Kulturveranstaltungen der Salzkammergut Festwochen Gmunden an ihn. 

Inhalt

Kein geringerer als Klaus Maria Brandauer gab einen Leseabend über Leben und Schicksal Korngolds, der Dirigent Vinzenz Praxmarer spielte mit seinem Divertimento Viennese und mit Benjamin Schmid als Solist Korngolds „Schauspiel-Ouvertüre“, das mit vierzehn Jahren erste selbst komponierte Orchesterwerk des einstigen „Wunderkindes“ aus Brünn. Das Bruckner-Orchester und der Startenor Piotr Beczala stimmten bei einem Open Air Korngold an. Und für alle jene, die noch etwas vom Jahres-Regenten hören wollen, spielt das Linzer Musiktheater noch bis 2. Jänner 2023 Korngolds Oper „Die tote Stadt“, sein bekanntestes Werk, das den damals 23-Jährigen schlagartig berühmt machte.

 

Erich Wolfgang Korngold, ein Sohn des jüdischen Musikkritikers Julius Korngold, wurde in der Wiener Aristokratie bewundert, protegiert und herumgereicht, seit er als Elfjähriger das pantomimische Ballett „Der Schneemann“ komponiert hatte. Es war 1910 an der Hofoper aufgeführt worden. Seine Jugendwerke – Klaviersonaten, besagte Schauspiel-Ouvertüre oder auch Opern – bescherten ihm gewaltige Erfolge. Neben Richard Strauss avancierte er zum damals meistgespielten zeitgenössischen Opernkomponisten im deutschsprachigen Raum.

 

Hollywood und Höselberg

Ein weiterer Karrieresprung gelingt Erich Wolfgang Korngold 1934, als ihn Max Reinhardt nach Hollywood einlädt, um für dessen Film „A Midsummer Night’s Dream“ die Musik zu schreiben. Korngold setzt damit in diesem jungen Genre Massstäbe, wird mehrmals nach Kalifornien eingeladen und von Paramount und Warner Brothers mit Aufträgen überhäuft. Zwei Oscars für die Filmmusiken zu „Anthony Adverse“ (1936) und „The Adventures Of Robin Hood“ (1938) machen ihn zum internationalen Star. Doch mit seiner Frau Luzi Sonnenthal, die er 1924 geheiratet hat, kehrt er immer wieder nach Österreich zurück, um den Sommer am und in der Nähe des Traunsees zu verbringen – in Höselberg bei Gschwandt. Dort haben die beiden 1933 einen alten Gutshof erworben, der durch sein altehrwürdiges Interieur und ein Türmchen wie ein kleines Schloss wirkt. Eine ruhige, ländliche Idylle, abseits des geschäftigen Gmunden mit seinen vielen Sommerfrischlern.

 

„Wir glaubten immer noch – mehr mit dem Herzen als mit dem Verstand –, dass wir eine Heimat hatten, in die wir zurückkehren konnten, die wir nicht verlassen wollten“, liest man in Luzi Korngolds Erinnerungen. Doch: „Es war Selbstbetrug, eine holde Täuschung: das naiv zuversichtliche Uns-kann-nichts-Geschehen glücklicher Menschen. So träumten wir im Winter bei strahlender kalifornischer Sonne von unseren regenfeuchten Wiesen daheim.“

 

1937 komponiert Korngold am Höselberg seine letzte Oper, „Die Kathrin“. Es sollte der letzte dieser glücklichen Sommer sein. Im Jänner 1938 regiert ein für die Korngolds rettender Zufall, den man auch g'ttliche Fügung nennen kann. Es ist ein Telegramm aus Hollywood: Ob er, bitte, binnen zehn Tag kommen könne, um die Musik zu „Robin Hood“ zu schreiben. Der Komponist sagt zu. Am 4. Februar legen Erich-Wolfgang, Luzi und ihr Sohn in New York an.

 

Korngold versucht das Gut nach dem Anschluss wenigstens noch zu verkaufen – vergeblich. Die Gestapo beschlagnahmt den Besitz im April 1941 für den Reichsarbeitsdienst.

 

1949 kommt es zu einem letzten, zutiefst enttäuschenden Besuch am Sehnsuchtsort. Das Schlösschen ist zwar restituiert, aber geplündert, arg beschädigt und völlig verwahrlost. Vierzig vom Krieg versprengte Menschen, sogenannte Displaced Persons, müssen darin hausen. Die Korngolds kommen nie wieder und verkaufen das Anwesen.

 

Erich Wolfgang Korngold schreibt bis 1946 die Musik für neunzehn Filme und wendet sich dann wieder der klassischen Orchestermusik zu, mit der er aber zeitlebens nie mehr an seine Filmmusik-Erfolge anknüpfen kann. Er stirbt am 29. November 1957 in Los Angeles. Ausgehend von den U.S.A. kommt es erst in den 1970er Jahren zu einer internationalen Wiederentdeckung seines Werkes.

 

Quelle:

Marie-Theres Arnbom: „Die Villen vom Traunsee“, Amalthea-Verlag. Die Wiener Historikerin glänzt in diesen und artverwandten Büchern mit akribischen Recherchen über die Lebensgeschichten der BesitzerInnen und auch die Arisierung von Sommersitzen. Alleine in Gmunden enteigneten die Nazis 25 Villen.