Bis zu seinem Tod am 30. November 1947 gehörte Ernst Lubitsch zu den gefragtesten Filmschaffenden der 1930er und 1940er Jahre. In Hollywood machte er sich einen Namen als Regisseur von eleganten, humorvollen Salonkomödien.
Ernst Lubitsch wurde am 29. Jänner 1892 als Sohn des Schneidermeisters Simcha Lubitsch und dessen Frau Anna geborene Lindenstädt in Berlin geboren. Nach dem erfolgreichen Abschluss des Gymnasiums begann Ernst Lubitsch eine Lehre im Stoffgeschäft Hoffmann & Co. und war anschliessend im väterlichen Betrieb tätig. Durch den Schauspieler Viktor Arnold lernte er 1911 Max Reinhardt kennen, der ihm kleinere Bühnenengagements vermittelte. 1914 verkörperte er den Kommis Moritz Abramowsky in der Stummfilmkomödie Die Firma heiratet (D, Regie: Carl Wilhelm). Im selben Jahr feierte er seinen Durchbruch als Komiker in der Rolle des Siegmund Lachmann im Film Der Stolz der Firma (D, Regie: Carl Wilhelm). Mit dem ungarischen Schauspieler, Choreografen und Regisseur Ernst Matray (1891 – 1978) gründete Ernst Lubitsch die Firma Malu-Film. 1916 führte Ernst Lubitsch Regie in der Stummfilmkomödie Schuhpalast Pinkus, wo er den faulen Schüler Sally Pinkus verkörperte. Darüber hinaus produzierte er auch Ausstattungs- und Historienfilme wie Carmen (1918), Madame Dubarry (1919) und Anna Boleyn (1920). 1922 übersiedelte er in die U.S.A., wo er in Los Angeles einen Vertrag der Filmproduktionsgesellschaft Warner Bros. erhielt. Mit Filmen wie The Marriage Circle/Die Ehe im Kreise (1923/24) und Lady Windermere’s Fan/Lady Windermeres Fächer (1925) wurde Ernst Lubitsch einer der gefragtesten Regisseure U.S.-Amerikas. In den Jahren 1927 und 1928 arbeitete er für die Filmgesellschaften MGM und Paramount.
Am 28. Jänner 1935 wurde im deutschen Reichsanzeiger die Information veröffentlicht, dass Ernst Lubitsch die deutsche Staatsbürgerschaft entzogen worden war.1 Im gleichen Jahr wurde er Produktionschef bei Paramount und heiratete die britische Schauspielerin Vivian Gaye (bürgerlich Sania Bezencenet). Am 27. Oktober 1938 kam ihre Tochter Nicola zur Welt. Mit seiner eigenen Produktionsgruppe entstanden Filme wie Angel/Engel (1937) mit Marlene Dietrich oder die Politsatire Ninotchka/Ninotschka (1939) mit Greta Garbo. Bald wurde der berühmte Lubitsch-Touch geboren. In einem Interview aus dem Jahre 2019 definierte Nicola Lubitsch den Stil folgendermassen:
„Lassen Sie es mich so sagen: Ein Theater hat drei Wände, ja? Der Lubitsch-Touch ist die vierte Wand. Im Grunde sind es Sie selbst: Ihre Vorstellungskraft, Ihre Intelligenz. Die Devise meines Vaters war: Man muss nicht alles zeigen, sondern kann manches auch der Fantasie des Zuschauers überlassen, und das wirkt im Zweifelsfall viel nachhaltiger. Die Pointe wird Ihnen nicht eingehämmert, sondern sie entsteht erst in Ihrem Kopf.“2
Sein 1942 entstandener Film To Be or not to be/Sein oder Nichtsein erzählt
„die Geschichte eines Warschauer Theater-Ensembles, das kurz vor dem Zweiten Weltkrieg eine Parodie über Hitler-Deutschland einstudieren will. Die Regierung aber verbietet das Stück, da es ihr zu provokant erscheint, und setzt stattdessen ‚Hamlet‘ auf den Spielplan. Als die Komödie am 6. März 1942 in den USA in die Kinos kam, waren zahllose Lacher zwar garantiert, doch wenige Monate nach dem Kriegseintritt der USA und den Blitz-Krieg-Eroberungen der Deutschen in Europa machten viele Lubitsch zum Vorwurf, die Nationalsozialisten zu verharmlosen. Der Regisseur aber beharrte auf der Freiheit der Kunst.“3
Ernst Lubitsch um 1920. Foto: Alexandre Binder, Quelle: https://de.wikipedia.org/wiki/Ernst_Lubitsch#/media/Datei:Alexander_Binder_-_Ernst_Lubitsch_um_1920.jpg; gemeinfrei
1946 erlitt Ernst Lubitsch einen Herzanfall, von dem er sich nie mehr ganz erholte. Im Jahr darauf wurde er für seine Innovation in der Regiearbeit mit dem Ehren-Oscar geehrt. Ernst Lubitsch starb am 30. November 1947 in Hollywood an einem Herzinfarkt. Sein letzter Film That Lady in Ermine/Die Dame im Hermelin wurde 1948 von Otto Preminger vollendet.
Der amerikanische Drehbuchautor und Schriftsteller Samson Raphaelson (1894 – 1983) erinnerte sich an den Kollegen:
„Lubitsch liebte Ideen mehr als alles auf der Welt, seine Tochter Nicola ausgenommen. (…) Er hatte keine Zeit für Manieren, doch seine innere Grazie war unübersehbar, und ein jeder wurde von ihm angesteckt, ob Laufjunge oder Mogul, Techniker oder Künstler. Sogar die Garbo lächelte in seiner Gegenwart, und auch Sinclair Lewis und Thomas Mann.“4
Anmerkungen
1 Hans Helmut Prinzler/Enno Patalas (Hg.): Lubitsch. München/Luzern: Verlag C. J. Bucher 1984, S. 49.
2 https://www.fr.de/kultur/tv-kino/nicola-lubitsch-gespraech-ueber-kindheitserinnerungen-11586357.html (14.11.2022)
3 https://www.deutschlandfunk.de/vor-80-jahren-kam-lubitschs-sein-oder-nichtsein-in-die-kinos-100.html (14.11.2022)
4 Prinzler/Patalas, 1984, S. 110.