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Ein Schritt nach vorn Zum 80. Geburtstag von Daniel Barenboim

Monika Kaczek

Der argentinisch-israelische Pianist und Dirigent Daniel Barenboim zählt zu den bedeutendsten Musikern unserer Zeit. Daneben ist er mit seinem 

West-Eastern Divan Orchestra auch als Friedensaktivist tätig.

Inhalt

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Daniel Barenboim bei einer Probe mit dem West-Eastern Divan Orchestra in Sevilla, 2005. Quelle: https://de.wikipedia.org/wiki/Daniel_Barenboim#/media/Datei:Daniel_Barenboim.jpg; https://creativecommons.org/licenses/by-sa/3.0/

Daniel Barenboim wurde am 15. November 1942 in Buenos Aires als Sohn einer russischstämmigen Familie geboren. Sowohl seine Mutter Aida geborene Schuster als auch der Vater Enrique Barenboim waren professionelle Pianisten. Ab seinem fünften Lebensjahr erhielt Daniel Barenboim privaten Klavierunterricht bei seinen Eltern; am 19. August 1950 gab er im Alter von sieben Jahren sein erstes Konzert in seiner Heimatstadt. Zwei Jahre später verliess die Familie Argentinien und übersiedelte nach Israel.  Von 1955 bis 1956 studierte er bei Nadia Boulanger in Paris Harmonielehre und Kontrapunkt. Ab diesen Jahren erfolgten erste Auftritte als Pianist, wie zum Beispiel mit dem New York Philharmonic Orchestra unter Leopold Stokowski. In den 1960er Jahren wandte Barenboim sich auch dem Dirigieren zu und trat mit Orchestern auf, wie dem London Symphony Orchestra oder den Berliner Philharmonikern. Von 1991 bis 2006 war Daniel Barenboim als Chefdirigent des Chicago Symphony Orchestra tätig, seit 1992 ist er auf Lebenszeit künstlerischer Leiter und Generalmusikdirektor der Staatsoper Unter den Linden in Berlin. Von 2006 bis 2011 war er Hauptgastdirigent der Mailänder Scala und wurde anschliessend zum Musikdirektor dieses Opernhauses ernannt. Im Juni 1967 heiratete Daniel Barenboim in Jerusalem seine Verlobte, die britische Cellistin Jacqueline du Pré. Die Ehe endete mit du Prés tragischem Tod am 19. Oktober 1987.1  Seit 1988 ist Daniel Barenboim mit der Pianistin Jelena Baschkirowa verheiratet; das Paar hat zwei Söhne: David Barenboim (geb. 1983) und Michael Barenboim (geb. 1985). Im Jahre 1990 dirigierte er die Berliner Philharmoniker bei deren Tournee in Israel. 2001 erntete er heftige Kritik, da er bei einem Gastspiel der Staatskapelle Berlin einen Orchesterauszug aus Richard Wagners Tristan und Isolde als Zugabe zur Aufführung brachte, obwohl die Musik des Komponisten aufgrund seiner antisemitischen Einstellung in Israel nie gespielt worden war. Auf seiner Homepage äussert sich Daniel Barenboim zu Wagner: 

„Die gesamte Wagner-Debatte in Israel ist mit der Tatsache verknüpft, dass der Schritt zu einer Identität als israelische Juden noch nicht geschafft ist und sich alle an Assoziationen mit der Vergangenheit klammern – die natürlich zu ihrer Zeit vollkommen verständlich und gerechtfertigt waren – als müssten sie sich auf diese Weise an ihr eigenes Judentum erinnern.“2

Als Daniel Barenboim am 9. Mai 2004 in Israel den Wolf-Preis verliehen bekam, hielt er in der Knesset eine Dankesrede, in der er die Unabhängigkeitserklärung Israels aus dem Jahre 1952 zitierte: 

„Der Staat Israel wird sich der Entwicklung des Landes zum Wohle aller seiner Bewohner widmen. Er wird auf Freiheit, Gerechtigkeit und Frieden im Sinne der Visionen der Propheten Israels gestützt sein. Er wird all seinen Bürgern ohne Unterschied von Religion, Rasse und Geschlecht, soziale und politische Gleichberechtigung verbürgen. Er wird Glaubens- und Gewissensfreiheit, Freiheit der Sprache, Erziehung und Kultur gewährleisten.“3

Darüber hinaus erklärte er auch, er habe nie an eine militärische Lösung des jüdisch-arabischen Konfliktes geglaubt, ebenso wenig wie an eine moralische oder strategische. Die Reaktionen in der Knesset waren unterschiedlich und reichten von Zustimmung bis Ablehnung. Gemeinsam mit dem palästinensischen Literaturwissenschaftler Edward Said (1935 – 2003) und dem deutschen Kulturmanager Bernd Kauffmann gründete Daniel Barenboim 1999 das West-Eastern Divan Orchestra, wo junge Musikerinnen und Musiker aus Israel, den palästinensischen Autonomiegebieten, dem Libanon, aus Ägypten, Syrien, Jordanien und Spanien gemeinsam auftreten.

„Unser Projekt verändert vielleicht nicht die Welt, aber es ist ein Schritt nach vorn. Edward Said und ich sehen unser Projekt als einen kontinuierlichen Dialog, in dem sich die universelle, metaphysische Sprache der Musik mit dem kontinuierlichen Dialog verbindet, den wir mit jungen Menschen führen und den junge Menschen untereinander führen.“ 4 (Daniel Barenboim)

 

Anmerkungen

1 Im Oktober 1973 wurde bei Jaqueline du Pré Multiple Sklerose diagnostiziert und sie starb am 19.10.1987 im Alter von 42 Jahren in Folge der Erkrankung.

2 https://danielbarenboim.com/wagner-israel-und-die-palastinenser/ (11.11.2022)

3 https://www.musikkritik.org/2004/07/das-friedenspotential-der-musik-daniel-barenboim-erhielt-wolf-preis/ (11.11.2022)

4 https://west-eastern-divan.org/founders (11.11.2022)