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Rita Levi Montalcini (1909 Turin–2012 Rom)

Stephan Templ

Charismatische Nobelpreisträgerin, Senatorin des italienischen Parlaments

Inhalt

Rita Levi Montalcini wurde am 22. April 1909 in eine jüdische Akademikerfamilie in Turin geboren, deren Wurzeln sich bis zu den Italkim des römischen Reichs zurückverfolgen lassen. Ihr Vater Adamo Levi war Mathematiker, ihre Mutter Adele Montalcini Künstlerin. Sie wuchs gemeinsam mit drei Geschwistern auf: ihrer Zwillingsschwester Paola (1909–2000), die eine bekannte Malerin werden sollte (erste Monografie ihres Werkes verfasst von Giorgio de Chirico, 1939), ihrer Schwester Anna und ihrem Bruder Luigi (1902–1974), Bildhauer und später Architekturprofessor an der Universität von Turin

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Rita Levi Montalcini bei einer neurowissenschaftlichen Konferenz in Kfar Blum, Israel, 2008. Foto: Audrey_sel; Quelle: Wikimedia commons, gemeinfrei, https://upload.wikimedia.org/wikipedia/commons/f/fa/NGF_%2708_Rita_Levi-Montalcini.jpg

Der frühe Tod des Kindermädchens an Magenkrebs motivierte sie dazu – gegen den Willen des Vaters, der seine Töchter zunächst nur in der traditionellen Rolle als Ehefrauen und Mütter sehen wollte – Medizin zu studieren. Sie wurde eine bekannte Neurowissenschaftlerin. Da unter dem faschistischen Regime in Italien Frauen eine akademische Karriere verwehrt war und insbesondere Mussolinis Rassenmanifest von 1938 sie um ihre Assistentenstelle an der Universität von Turin brachte, übersiedelte sie 1939 nach Belgien, um dort wissenschaftlich zu arbeiten. 

 

Noch vor der Besetzung durch deutsche Truppen kehrte sie rechtzeitig nach Italien zurück. Die Familie musste allerdings ab September 1943 bis Kriegsende im Untergrund leben, nichtjüdische Freunde beschützten sie vor der Verfolgung durch die deutschen Besatzer. Ihre Arbeiten setzte die Forscherin privat, auch unter diesen schwierigsten Umständen, fort. 

 

1946 folgte Rita Levi-Montalcini einer Berufung an die Washington University nach St. Louis. Mit dem dort tätigen Professor Viktor Hamburger ging sie für über dreissig Jahre eine Forschungspartnerschaft ein. Ab den 1960er Jahren wurde ihre Arbeit auch vom italienischen Staat gefördert, die Kirche nahm sie – als erste Frau– in die Päpstliche Akademie der Wissenschaften auf. Für ihre wissenschaftliche Tätigkeit erhielt sie zahlreiche Preise und Auszeichnungen, darunter 1986 den Nobelpreis für Medizin und Physiologie, gemeinsam mit Stanley Cohen, für ihre Entdeckung des Nerven-Wachstumsfaktors (NGF) der menschlichen Zelle. 2010 wurde ein Asteroid nach ihr benannt.

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Feier im italienischen Parlament aus Anlass von Rita Levi Montalcinis 100. Geburtstag. Von links: Oscar Luigi Scalfaro, Giorgio Napolitano, Giuseppina Tripodi, Rita Levi Montalcini, Carlo Azeglio Ciampi, Carlo Rubbia, Aaron Ciechanover. Foto: Presidenza della Repubblica Italiana, www.quirinale.it; Quelle: Wikimedia commons, gemeinfrei, https://commons.wikimedia.org/wiki/File:Napolitano_Montalcini_Scalfaro_Ciampi_Rubbia_Ciachanoviev.jpg

Der italienische Staatspräsident Carlo Azeglio Ciampi (1920–2016), der selbst im Widerstand gegen die Faschisten gekämpft hatte, ernannte sie 2001 für das italienische Parlament zur Senatorin auf Lebenszeit

 

Am 30. Dezember 2012 verstarb Rita Levi-Montalcini im Alter von 103 Jahren in Rom.

 

Nachlese

Ich bin ein Baum mit vielen Ästen. Das Alter als Chance (Originaltitel: L‘ asso nella manica a brandelli, übersetzt von Christel Till-Galliani). München/Zürich: Piper 1999. ISBN 3-492-04121-3, als Taschenbuch zuletzt unter dem Titel: Die Vorzüge des Alters. Leistungsfähigkeit und geistige Aktivität ein Leben lang. München/Zürich: Piper-TB 4388 2005, ISBN 978-3-492-24388-9.