Ausgabe

Der Fall Auerbach

Evelyn Adunka

Inhalt

Hans-Hermann Klare: Auerbach. Eine jüdisch-deutsche Tragödie oder wie der Antisemitismus den Krieg überlebte. 

Berlin: Aufbau Verlag 2022. 

471 Seiten, Euro 28,80.-

ISBN 978-3-351-03895-0

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Philipp Auerbach wuchs in Hamburg in einer religiösen Familie auf. Sein Vater führte ein Exportgeschäft für Chemikalien und seltene Metalle. Nach einer Ausbildung zum Industriechemiker arbeitete er für die väterliche Firma, die 1931 in Konkurs ging. In der Organisation Reichsbanner engagierte er sich für die Weimarer Republik und gegen den aufkommenden Nationalsozialismus. 1933 flüchtete er nach Belgien, wo er eine Fabrik gründete. Aber spätere Auswanderungsversuche scheiterten. Auerbach wurde in Frankreich interniert, deportiert und überlebte die Konzentrationslager Auschwitz, Gross-Rosen und Buchenwald. Bis zum Herbst 1946 Vorsitzender der Jüdischen Gemeinde Düsseldorf und des Landesverbands der jüdischen Gemeinden in der Nord Rheinprovinz. Als das Angebot kam, als Staatskommissar für rassisch, religiös und politisch Verfolgte nach München zu gehen, nahm er dies an. Als Leiter der Kultusgemeinde und des Landesentschädigungsamts schuf er sich durch seine unbürokratische und cholerische Art bald Feinde. Vor allem der CDU-Justizminister Josef Müller wurde sein Gegner. Als Fälle von gefälschten Bescheinigungen auftraten, gab es eine Razzia; Auerbach zeigte sich zur Kooperation mit den Behörden bereit. Dennoch kam es zu einer Anklage wegen Betrugs und Untreue. In der deutschen Presse erschienen antisemitisch konnotierte Berichte. Nachgewiesen werden konnte aber nur das unbefugte Tragen eines Doktortitels vor Auerbachs Promotion an der Universität Erlangen 1949. Müller und die Richter hatten eine NS-Vergangenheit und verurteilten Auerbach zu zweieinhalb Jahren Haft und einer Geldstrafe.                                                                                                                                           In seinem Abschiedsbrief vor seinem Freitod in der Nacht nach der Urteilsverkündung schrieb Auerbach: „Ich habe mich niemals persönlich bereichert und kann dieses entehrende Urteil nicht weiterhin ertragen. Ich habe bis zuletzt gekämpft. Es war umsonst.“ 

Müller musste sein Amt niederlegen. 1954 wurde Auerbach rehabilitiert.

Über den Fall Auerbach erschienen bereits einige wissenschaftliche Studien. Dem Journalisten Hans-Hermann Klare, der sich auch für die UNO-Flüchtlingshilfe in Deutschland engagiert, ist es aber erstmals gelungen, trotz einer schwierigen Quellenlage in einem genau recherchierten und sensibel geschriebenen Buch auch den Menschen Auerbach zu beschreiben. So schildert Klare Auerbachs Ehen und sprach mit seinen beiden Töchtern. In München ist die Benennung einer Strasse nach Auerbach geplant.

 

Nachlese

https://www.aufbau-verlage.de/aufbau/auerbach/978-3-351-03896-0