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Ein stolzer Jid Der Musiker Mickey Katz

Robert Schild

Während in den USA zahlreiche jüdische Schauspieler ihre Namen „amerikanisierten“ (u.a. David Kaminski > Danny Kaye, Jerome Levith > Jerry Lewis, Allan Stewart Konigsberg > Woody Allen), betonte vor allem ein eher unbekannter Jazzmusiker sein Judentum: Mickey Katz, ein Klarinettist aus Cleveland, Ohio konnte ab 1947 mit viel Chuzpe und einer Reihe englisch-jiddischer Schellacks dem amerikanischen Crossover-Publikum die Sprache und Melodien seiner Vorfahren näherbringen.


 

Inhalt

In seiner 1977 erschienen Autobiografie Papa, Play For Me erinnert sich Katz (*1909): „Jüdisch zu sein, war in meinem Haus immer beliebt. Nur diejenigen, die Angst davor hatten, waren es nicht!“

 

Mickey hatte kaum die Highschool abgeschlossen, als er einen Auftritt mit der Band eines lokalen chinesischen Restaurants ergatterte. Dann tourte er als Teenager mit Bandleader Phil Spitalny durch die USA und spielte auch Saxophon im RKO Palace Theatre in Cleveland.

 

Nach einer Tournee für US-Soldaten durch Europa mit Betty Hutton wurde Katz 1946 vom damals populären skurrilen Bandleader Spike Jones engagiert. Wenn er nicht gerade auf Rohrblattinstrumenten spielte oder „gluckste“, dirigierte er die Shows für den sog. „music-killer“ Spike. Aber bereits nach anderthalb Jahren verließ er die Band und ging zu RCA, wo einen guten Freund hatte, „dem ich erzählte, dass ich ein paar Parodien aufnehmen wollte“, erinnert sich Katz.

 

Und so entstand peu a peu ein Repertoire mit in den 40er/50er Jahren weltberühmten Hits in „jüdischer Verdrehung“, d.h. mit jiddischem Slang und „yinglischen“ Texten.

 

Neben zeitlosen Klezmer-Melodien produzierte Katz die beliebten Parodieplatten The Barber of Schlemiel, Borsht Riders in The Sky und Yiddish Mule Train, eine Abwandlung des Frankie-Laine-Klassikers. „Jeder wusste, dass auf eine erfolgreiche Platte, die er herausbrachte, eine Mickey-Katz-Platte folgen würde. Und die Verleger waren begeistert. Sie waren diejenigen, die das Geld bekamen – auch mussten die ursprünglichen Texter bezahlt werden. Es war ihnen egal, was ich mit ihren Liedern machte – und jedermann war in Topform!“

 

Katz‘ Gruppe The Kosher Jammers bestand aus einer Reihe erstklassiger Klezmer-Musiker, darunter Benny Goodmans legendärem Trompeter Ziggy Elman sowie auch Mannie Klein, dem Posaunisten Si Zentner, dem Pianisten und Arrangeur Nat Farber und dem Schlagzeuger Sammy Weiss, der den Klezmer-Sound in Artie Shaws Orchester gebracht hatte…

 

Als Beispiele zu den von Mickey Katz „ausgegrabenen“ und auf Jiddisch vertonten Aufnahmen können folgende Welthits angeführt werden (in Reihenfolge ihres ursprünglichen Entstehens):

Kiss of Meyer (urspr. “El Choclo” / Angel Viloldo, 1903 – USA Kiss of Fire / Billy Vaughn, 1958)
Tickle, tickle (ex Tico-tico, no fubá / Zequinha de Abreu, 1917 – USA-Erstaufnahme von Ethel Smit, 1944)

Dos Geshray Fun Der Vilde Katshke (The Cry of the Wild Goose / Fankie Lane, 1950)

Ces Tzi Bon (ex C’est si bon / Jean Marco, 1948 – USA u.a. Dean Martin, Nat King Cole, Barbara Streisand)
Herring Boats (ex Shrimp Boats / Edythe Adams, 1951)
Come On A House (ex Come On-a My House / Rosemary Clooney, 1951)

Don't Let the Schmaltz Get in Your Eyes (ex Don't Let the Stars Get in Your Eyes / Perry Como, 1952)

Peisah in Portugal (urspr. “Coimbra” / Raul Ferrão, 1947 – USA: April in Portugal / Lex Baxter, 1953)

K'nock Around The Clock (ex Rock Around the Clock / Bill Haley & His Comets, 1954)

The Baby, The Bubbe and You (ex The Magic Song - Bibbidi-Bobbidi-Boo / Jo Stafford & Gordon MacRae, 1959)

 

 

 

Katz sorgte in den 1950er Jahren bei vielen für Unbehagen. Mehreren Juden seiner Generation, die ihre altweltlichen Wurzeln nicht schnell genug ablegen konnten, war er zu ethnisch; den Puristen hingegen zu sehr Komiker. So etwa gehörte zu denen, die mit Katz‘ Offenheit gegenüber seiner religiösen Überzeugung unzufrieden waren, der jüdische Herausgeber von Variety, weil er die Legende von Davy Crockett „beschmutzt“ hätte, als seine Parodie Duvid Crockett ein Hit wurde!

 

Der 1985 verstorbene Mickey Katz gilt heute als ein „Denkmal“ jüdisch-amerikanischer Showbiz – seine Autobiografie ist auf Deutsch leider nicht erhältlich, aber seine Musik lebt weiter auf alten LPs und neuen CDs, bei Spotify und auf YouTube.

 

 

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