Efraim Habermann. Kompositionen 1997--2010
Berlin: Lichtig Verlag 2014
40 Seiten, 2 S/W- und 30 Farbabbildungen, 15,00 Euro
ISBN 978-3-929905-31-1
Man kennt ihn vor allem als Fotograf. In immer neuen Versuchen beschäftigt Efraim Habermann sich nun seit vierzig Jahren mit Architektur- und Stadtbildern. In Berlin, Venedig und in Jerusalem hält er sie fest, nicht im Sinn einer Dokumentation, und auch ohne irgendwelche Bezüge zu aktuellem Geschehen, keine Ikonen, seine Motive im Abseits. Dabei wählt er Perspektiven und Ausschnitte meistens so, dass der Betrachter erst nach einigem Raten darauf kommt, was er gerade sieht. Und aus welchem Blickwinkel er sie aufgenommen haben könnte. Einem weiteren Thema widmet er sich in seiner Serie „Frau im Bild": In Berliner Museen hat er Besucherinnen vor den Gemälden alter Meister fotografiert. Mit seinen „Fensterbildern", die nichts anderes als fotografische Stillleben sind, stellt er das Motiv in den Vordergrund. Und das alles in Schwarz und Weiss, dank überhöhter Grobkörnigkeit wirken sie teilweise fragil.
Zwischen 1990 und 2010 beschäftigt Efraim Haberland sich auch mit Farbe. Postkarten gross sind sie, die Abbildungen mit Kreisen und Halbkreisen, die er da auf weissem Grund mit farbigen Quadraten, Rechtecken und Rhomben kombiniert, punktuell unterstrichen von Linien, Balken und Punkten. Leuchtendes Rot, Gelb und Blau und Grün und hin und wieder ein schwarzer Balken, Kreis oder Punkt. Zarte Konstruktionen, äusserst akkurat aufgemalt oder aufgetuscht. Hier ein blaues Auge, dort eine kubistische Figur, dann wieder ein spitzes Gesicht mit einem Riesenohr in Gelb; eine Burg in Grün mit blauem Schornstein und spitzem, rotem Dach; zwei Gehöfte, getrennt durch einen blauen See und eine rote Mauer; ein in Stücke zerlegter Magen David, ein Davidstern, in Blau auf weissem Grund. Ein weit aufgerissener Mund in Schwarz, in den ein schwarz gerandeter Punkt fällt; ein Clown mit spitzem, schwarzem Hut; eine eckige Frau mit quadratischem, rotem Auge, gebildet aus vier schmalen längsrechteckigen Balken in Gelb und Grün oben und in Rot und Blau darunter. Eine sitzende Frau? Dann wieder ein gelbes Dreieck in der Mitte eines grünen Rechtecks, rechts dunkler Grün, links heller Grün. Eine abstrahierte brasilianische Flagge? Zwei Dreiecke, oben Gelb, unten Rot bzw. Grün, aus denen ein hoher Schornstein auf schwarzem Grund nach oben wächst, rechts Grün, links Gelb, obenauf ein rotes Quadrat. Die Schornsteine von Auschwitz?
Je länger man die einzelnen Konstrukte betrachtet, desto mehr erzählen sie dem Betrachter, werden lebendig und führen ihn fort aus der Gegenwart in eine ruhige, stille Welt, um mit einem wunderschönen Blumenstrauss aus dem Jahr 1998 „Für meine liebe Mutter" auszuklingen.
Danke dem Lichtig Verlag in Berlin für diese köstliche Monografie eines Künstlers! Es ist ein Vergnügen und die reinste Freude, sich in die Figuren zu vertiefen und immer weiter in sie einzudringen.