Der jüdische Friedhof in Hohenems ist ebenso alt wie die erste Ansiedlung von Juden in Hohenems. Er geht auf das Jahr 1617 zurück, als Graf Caspar 12 jüdische Familien aus Süddeutschland und der Schweiz einlud, sich in seiner Reichsgrafschaft anzusiedeln. Er wies ihnen dabei auch ein Stück Land im so genannten „Schwefel", am Ortsende von Hohenems zu, das sie für ihre Toten nutzen konnten. Auf diesem Gelände werden seither die Mitglieder der Jüdischen Gemeinde Hohenems und seit 1945 deren Nachkommen bzw. in Vorarlberg verstorbene Juden begraben.
Jüdischer Friedhof Hohenems, Juli 1941. – Foto: JMH – Jüdisches Museum Hohenems. Mit freundlicher Genehmigung Rinderer Architekten.
Die ältesten, schriftlich dokumentierten Gräber stammen aus den 40er Jahren des 18. Jahrhunderts, die ältesten noch erhalten gebliebenen Grabsteine sind ebenfalls in das 18. Jahrhundert zu datieren. Bereits 1773 wurde der Friedhof mit einer Mauer umgeben und 1786 ist eine erste Renovierung durchgeführt worden, wovon eine noch erhaltene Stirnplatte auf dem alten Portal Zeugnis gibt. Im Laufe der Jahrhunderte wurden mehrere Vergrösserungen und umfassende Renovierungen vorgenommen. Die erste Vergrösserung erfolgte am 10. Januar 1804 unter dem damaligen Vorsteher der Israelitischen Kultusgemeinde, k.k. Hoffaktor Lazarus Josef Levi, durch Ankauf von „40 Schuh Breite" in der rechten oberen Hälfte des Friedhofs. In den Jahren 1837 - 39 wurde eine umfassende Renovierung und teilweise Neuerrichtung der Friedhofsmauer vorgenommen.
Die wichtigste Erweiterung erfolgte unter dem Bürgermeister der Israelitischen Gemeinde, Philipp Rosenthal, in den Jahren 1855 - 57 und erstreckte sich auf den Ankauf der gesamten unteren Hälfte des jetzt belegten Friedhofs. Im Jahre 1899 erfolgte eine weitere Vergrösserung, gründliche Renovierung und Umgestaltung durch Fabrikbesitzer Iwan Rosenthal, bei der auch das den Hang unterhöhlende Wasser der Friedhofsmauer entlang abgeleitet wurde, was dem Versinken der Grabsteine ein Ende bereitete. Schon damals wurden diese Arbeiten teilweise von nicht mehr in Hohenems lebenden Nachkommen der auf dem Friedhof Bestatteten finanziert.
Susan Philipsz, Jewish Cemetery Hohenems, Snow, 2016. Installation Night and Fog, Susan Philipsz, Kunst-haus Bregenz und Jüdisches Museum Hohenems. Foto: Rudolf Sagmeister, mit freundlicher Genehmigung Kunsthaus Bregenz.
Nationalsozialismus
Von den Nationalsozialisten wurde die Jüdische Gemeinde nach deren Machtübernahme aufgelöst, die wenigen noch in Hohenems lebenden Juden wurden nach Theresienstadt (heute Terezin, Tschechische Republik) deportiert und ermordet. Die Synagoge überstand diese Zeit in einem beklagenswerten Zustand, wurde aber in den Jahren 1954/55 nach dem Ankauf durch die Stadt Hohenems in ein Feuerwehrhaus umgebaut. 1938 wurde auch der Friedhof als Besitz der jüdischen Gemeinde Hohenems von der nationalsozialistischen Gemeindeverwaltung beschlagnahmt und in der Folge „arisiert". Im Herbst 1938 kam es zu nationalsozialistischen Friedhofsschändungen. Von Seiten der Nationalsozialisten gab es massive Bestrebungen, die letzte, noch von der Existenz der ehemaligen Jüdischen Gemeinde des Ortes zeugende Stätte aufzulösen. „Der Bestand dieses Friedhofes in Hohenems" bilde - so der damalige Bürgermeister in einem Schreiben an den Landrat des Kreises Feldkirch - „einen Schandfleck für die Gemeinde" und sei „vom nationalsozialistischen Standpunkt untragbar." Aus sanitätsrechtlichen und „denkmalpflegerischen" Gründen wurde dieses Ansuchen jedoch zurückgewiesen.
Der Friedhof nach 1945
Ebenso wie der übrige Gemeindebesitz wurde der Friedhof nach 1945 an die Kultusgemeinde Innsbruck, die seither für Hohenems zuständig ist, zurückgestellt. Diese hatte nach dem Krieg allerdings nicht die Mittel, um den verwahrlosten Friedhof wieder instand zu setzen und zu erhalten. Eine Gruppe von Nachkommen aus Hohenemser Familien, die nahe der Schweizer Grenze im Kanton St. Gallen wohnten, kaufte den Friedhof von der Israelitischen Gemeinde Innsbruck, gründete 1954 den Verein zur Erhaltung des jüdischen Friedhofs in Hohenems und übernahm schliesslich den Friedhof von der Israelitischen Gemeinde Innsbruck. Seither ist dieser Verein Träger des Friedhofs und kümmert sich um Pflege und Restaurierung der Anlage.
Denkmal und weiterhin genutzte Begräbnisstätte
Obwohl die Jüdische Gemeinde von Hohenems aufgelöst wurde, wird der Friedhof bis heute als Begräbnisstätte benutzt. Verschiedene Verstobene -DPs1 oder aus Hohenems stammende Juden - wurden seither hier begraben. Ausserdem haben sich einige Nachkommen bereits Grabplätze für die Zukunft reservieren lassen.
Dokumentation
Grundlegende Informationen über den jüdischen Friedhof in Hohenems lieferte Aron Tänzer in seinem Standardwerk Die Juden von Hohenems bereits 1905. Zusätzliche Informationen liefert der Katalog Beit haChaim - Haus des Lebens, der anlässlich der gleichnamigen Fotoausstellung des Jüdischen Museums zum jüdischen Friedhof im Jahr 1992 erschienen ist. In den letzten Jahren hat das Jüdische Museum Hohenems eine detaillierte Vermessung des Friedhofs, eine fotographische Dokumentation aller noch vorhandenen Grabsteine, eine Erfassung der deutschen und hebräischen Inschriften (mit Übersetzung ins Deutsche) und eine kunsthistorische Beschreibung der interessantesten Grabsteine erstellt. Inzwischen stehen diese Informationen zum Teil online auf der Homepage des Museums zur Verfügung (http://www.jm-hohenems.at/juedisches-viertel/judischer-friedhof).
Restaurierungen
Der Friedhof wird seit über dreissig Jahren mit Hingabe vom Friedhofsgärtner Adi Pleterski betreut. In den vergangenen Jahrzehnten wurden durch den Verein in Zusammenarbeit mit dem Bundesdenkmalamt zahlreiche Erhaltungs- und Instandsetzungsarbeiten ausgeführt. Für diese Renovierungsarbeiten erhielt der Verein namhafte Beträge von der Stadt Hohenems, dem Land Vorarlberg und dem Bundesdenkmalamt. Seit dem ersten grossen Treffen von Nachkommen Hohenemser Juden im Jahr 1998 hat sich international eine engagierte Community gebildet, die solche Restaurierungsarbeiten immer wieder finanziell unterstützt. Einzelne Familien haben sich speziell um die Sanierung ihrer Gräber gekümmert und diese mitfinanziert.
Im Jahr 2013 wurde vom Verein zur Erhaltung des Jüdischen Friedhofs in Zusammenarbeit mit den Architekten Ada und Reinhard Rinderer ein Sanierungskonzept erstellt, auf dessen Basis umfassende Arbeiten zur Instandsetzung der Friedhofsmauer und des Friedhofs durchgeführt werden. Diese Arbeiten werden aus Mitteln des Fonds zur Instandsetzung der jüdischen Friedhöfe in Österreich gefördert und sollen bis zum 400-jährigen Jubiläum im Jahr 2017 abgeschlossen sein.
Johannes Inama, Dr.phil., geboren 1961, Studium der Germanistik und Kunstgeschichte, arbeitete 1993 - 2003 im Jüdischen Museum Hohenems, 2002 - 2004 als Leiter des Jüdischen Museums Hohenems. Seit 2004 Leiter des Küefer-Martis-Huus in Ruggell/FL. Ist daneben freiberuflich als Redakteur, Autor und Ausstellungskurator für diverse Institutionen und Projekte tätig. Dr. Johannes Inama ist Aktuar des Vereins zur Erhaltung des Jüdischen Friedhofs in Hohenems.
1 Sogenannte Displaced Persons, Zwangsarbeiter und Zwangsverschleppte der Nationalsozialistischen Herrschaft; Anm. d. Red.