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„Dieses kleine, so widersprüchliche Volk“

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Yehuda Bauer: Wir Juden. Ein widerspenstiges Volk.

Übersetzt von Michael Paulauskas.

Berlin: Lit Verlag 2015

332 Seiten, Euro 29,80

ISBN 978-3-643-12605-4

Der Doyen der israelischen Holocaustforschung hat ein Buch über die jüdische Geschichte und auch darüber, wie sie ihn jahrzehntelang fasziniert hat und nicht mehr los liess, geschrieben. Yehuda Bauer (geb. 1926) wuchs in seiner Geburtsstadt Prag auf, wo sein Vater als Buchhalter, Komponist, Dichter und Schriftsteller lebte. Der Familie gelang 1939 mit dem letzten Zug, auf dem sich auch Max Brod befand, die Flucht ins damalige Palästina. Bauer wurde 1944 Mitglied des paramilitärischen Palmach und befand sich, wie er bekannte, immer in Opposition zu den israelischen Regierungen. 1977 wurde er Ordinarius an der Hebräischen Universität Jerusalem. In 14 Büchern befasste er sich mit verschiedensten Aspekten des Holocaust. Obwohl er diesen Terminus, wie auch das Wort Shoah, wie er in einer Fussnote erläutert, als nicht ideal empfindet, benutzt er ihn. Das Buch ist in weiten Teilen eine intellektuelle Autobiographie; Bauer betont seine Freundschaft mit Raul Hilberg, die nicht davon getrübt wurde, dass sie fast nie übereinstimmten. Mit jenen Historikern, die den amerikanischen Juden und dem Yishuw (den Juden in Palästina), dessen Geschichte er als eine der Machtlosigkeit bezeichnet, vorwerfen, während des Holocaust versagt zu haben, stimmt er nicht überein. Er schreibt: „Die Amerikaner waren gegenüber den Mördern machtlos." Bauer war aktiv in der Bewegung für humanistisches Judentum tätig. Für die Anthologie „Judaism in a Secular Age", herausgegeben von Renee Kogel und Zev Katz (1995), schrieb er eine ausführliche Einleitung. Das Buch endet mit einem ungewöhnlichen Vorschlag und einem berührenden Bekenntnis. „Israel kann nur als ein demokratischer Staat bestehen. [...] Dieses kleine, so widersprüchliche Volk hat die gesamte Menschheit beeinflusst und tut dies noch heute. Es sollte alle akzeptieren, die sich ihm anschliessen wollen, ob sie nun eine jüdische Mutter haben oder nur einen Vater, oder überhaupt keine jüdischen Vorfahren. [...] Das jüdische Volk wird fortfahren, eine Kultur und Zivilisation zu erschaffen, welche auf einer Vergangenheit beruhen, die seine Vorfahren nicht geteilt haben mögen - und sich zu einer offenen Gesellschaft zu entwickeln, die andere beeinflusst und von anderen beeinflusst wird. [...] Ich bin glücklich, dazu zu gehören: Es ist mein Volk, meine Nation."