Am 7. November hätte die aus Wien stammende Wera Goldman ihren 100. Geburtstag gefeiert. Neben ihrer Tätigkeit als Tänzerin sowie Choreografin verfasste sie auch Gedichte und veröffentlichte mehrere Bücher.
Wera Goldman, die am 7. November 1921 in Wien als Tochter einer Künstlerfamilie geboren wurde, entdeckte schon in jungen Jahren ihre Leidenschaft für den Tanz und sammelte bereits als vierjährige Schülerin der österreichischen Balletttänzerin Riki Raab1 erste Erfahrungen. Während ihre Eltern nach Australien emigrieren konnten, gelang Wera Goldman 1939 mit einem Zertifikat der Women’s International Zionist Organisation die Auswanderung nach Palästina, wo sie zunächst in einem Kibbuz lebte. In einem Interview erinnerte sich die Künstlerin an die Ausreise: „Für mich war es kein Exil, es war eine Alijah, ein Aufstieg!“2 Bald schloss sie sich der Gruppe um die Ausdruckstänzerin Gertrud Kraus3 an, in deren Ensemble am Opernhaus in Tel Aviv sie fünf Jahre tätig war. Darüber hinaus schrieb sie von frühester Kindheit an Lyrik und veröffentlichte mehrere Bücher.4
Auf ausgedehnten Reisen in den 1970er und 1980er Jahren lernte Wera Goldman ein breites Spektrum ethnischer Tänze kennen, zum Beispiel aus Indien, dem Mittleren Osten und dem pazifischen Raum. In Australien präsentierte sie einige ihrer Solotanzstücke, wie Woman of the Bible und Israel Dances, beschäftigte sich mit der Tanzkultur der Aborigines und veranstaltete Festivals. Seit ihrer Rückkehr nach Israel in den späten 1980er Jahren unterrichtete Wera Goldman hauptsächlich indischen sowie orientalischen Tanz und tourte mit ihrer Tanzgruppe in Israel.
Wera Goldman im Film Else‘s Song (2007) von Michael Pfeifenberger. Bild: M. Pfeifenberger, mit freundlicher Genehmigung. Quelle: https://www.tanz.at/index.php/magazin/people/2340-in-memoriam-wera-goldman-1921-2020
Nach ersten Gastspielen in Wien in den Jahren 1947 und 1953 wurde Wera Goldman 1998 von der Dramaturgin und Historikerin Andrea Amort zur Veranstaltungsreihe Tanz im Exil nach Wien eingeladen, wo sie im Jüdischen Museum Wien mit ihrem Soloprogramm Dybbuk auftrat. Im darauffolgenden Jahr unterrichtete sie bei ImpulsTanz, wo weitere Auftritte folgten. In der Alten Schmiede präsentierte sie Die Seherin, im Jüdischen Museum Wien ihr Programm Das Lied der Lieder sowie Die Bibel im Tanz. 2006 nahm sie auf Initiative der Tänzerin und Tanzpädagogin Martina Haager an der Produktion Das Friedenszelt teil, die in Wien, Ebensee und Graz gezeigt wurde. In diesem Stück setzte sie sich als Choreografin mit den biblischen Frauengestalten Sara und Hagar auseinander.
„Wera Goldman beschäftigt sich künstlerisch neben ethnischen Tanzformen seit langem mit der Umsetzung biblischer Stoffe in Tanz. (…) Die Künstlerin orientiert sich an der Alttestamentarischen Erzählung und Überlieferung. In ihrer Interpretation sieht sie Sara und Hagar als Mütter zweier Volksstämme; Sara und deren Sohn Isaak als Stammesvater der Hebräer, Hagar und deren Sohn Ismael als Stammesvater der Araber. Beide Völker kommen aus einem Zelt, dem Friedenszelt Abrahams! Die Choreographin und Tänzerin möchte sich mit diesem Stück für Frieden unter den Nationen aussprechen!“5
Im Oktober 2008 leitete Wera Goldman eine Masterclass am Studiengang Tanz der Konservatorium Wien Privatuniversität und am 22. Oktober wurde sie in Wien im Rahmen des Festivals Berührungen. Tanz vor 1938 – Tanz von heute anlässlich der Benefizgala für Wera Goldman mit der Ehrenmedaille der Bundeshauptstadt Wien für ihr Lebenswerk ausgezeichnet.
Wera Goldman starb am 15. Mai 2020 in Tel Aviv.
1 Friederike „Riki“ Raab, bürgerlich Friederike Anton (1899 – 1997) war eine österreichische Tänzerin, Musikschriftstellerin und Essayistin.
2 https://www.literatpro.de/profil/wera-goldman
3 Gertrud Kraus (1901 – 1977) war eine Tänzerin und Choreographin. Sie gilt mit Grete Wiesenthal und Gertrud Bodenwieser zu den Reformerinnen des freien Tanzes in Wien der zwanziger und dreissiger Jahre. Sie gehörte später zu den Mitbegründerinnen der modernen israelischen Tanzkultur.
4 Siehe: https://gedichte.xbib.de/gedicht_Goldman%2C+Wera.htm
5 http://www.martinahaager.at/index.php?id=49