M. Christian Ortner: Die k. u. k. Armee und ihr letzter Krieg
Kral Verlag, Berndorf: 2020
372 Seiten, zahlreiche SW-Abbildungen, 39,90 Euro
ISBN: 978-3-99024-928-4
Brigadier Hofrat Dr. Christian Ortner, Jahrgang 1969, ist Militärhistoriker, Milizoffizier und seit 2005 Direktor des Heeresgeschichtlichen Museums Wien. Unter seiner Direktion wurde die Dauerausstellung »Erster Weltkrieg« des Museums erneuert und erweitert. Christian Ortner ist Autor mehrerer Bücher zu militärhistorischen Themen und verfasste zahlreiche kleinere Schriften und Artikel in historischen und militärhistorischen Fachzeitschriften. Er betreut regelmässig Fernseh- und Hörfunkproduktionen.
Im Jahr 2013 war bei Carl Gerold’s Sohn die Erstauflage von Ortners »Die k. u. k. Armee und ihr letzter Krieg« erschienenen. 2020 stellte der Autor beim Kral Verlag seine erweiterte Neuauflage vor. Der vorliegende Band erzählt die »Urkatastrophe« des 20. Jahrhunderts aus »österreich-ungarischer Sicht«. Ortner ist Militärhistoriker im klassischen Sinne des Wortes. Der Autor berücksichtigt die politischen Zusammenhänge (Kriegsursachen, Thronfolgermord, Fehleinschätzungen und Versagen der Diplomatie 1914, die gescheiterten Friedensbemühungen des letzten Kaisers 1917, Friedensverhandlungen und Zusammenbruch der Monarchie 1918). Im Zentrum der Darstellung steht jedoch das klassisch Militärische: Rüstungsanstrengungen, Festungen und Fortifikationen, Kriegspläne und Mobilisierung, die militärischen Ereignisse der einzelnen Kriegsjahre 1914–1918, der Wüstenkrieg und die k. u. k. Kriegsmarine. Weitere Schwerpunkte sind Uniformierung und Bewaffnung, die Kampfverfahren und die fatalen Folgen von Technisierung und Industrialisierung des Krieges. Trotz des begrenzten Raumes wurden Aspekte wie Sanitätsversorgung, Militärseelsorge, Militärjustiz und Frauen an der Front mit einbezogen. Juden hatten im Ersten Weltkrieg, insbesondere als Militärärzte, Reserveoffiziere und Kriegsberichterstatter eine Rolle gespielt. Dazu gibt es im vorliegenden Band keine Details. Lediglich im Kapitel über "Religion im Krieg" findet sich ein Hinweis auf die Anzahl der israelitischen Militärseelsorger (S. 253).
Insgesamt erhält man präzise Einblicke in die Herausforderungen und Probleme der k. u. k. Armee bis zu ihrem Zusammenbruch. Karten und Skizzen sowie Verzeichnisse und praktische Übersichten mit heereskundlichen Details wie Zeittafel, Dienstgrade, Truppenabzeichen, Truppengliederungen, Hand- und Faustfeuerwaffen, dazu ein (nicht ganz aktualisiertes) Literaturverzeichnis verleihen der Publikation den Charakter eines Handbuches.
Hauptattraktion des Bandes ist allerdings das Bildmaterial. Die fast durchwegs aus Privatarchiven stammenden, bislang weitgehend unveröffentlichten Originalfotos sind nicht bloss Illustration, sie geben auch Einblicke in das Leben einfacher Soldaten im harten Frontalltag. Besonders beeindruckend sind die Bilder zur Sanitätsversorgung, Frauen an der Front, über Kriegsgefangene und die immensen Zerstörungen durch die neue Waffentechnik. Diese Fotos machen das Buch zu einem beeindruckenden, repräsentativen Bildband zu „Österreich-Ungarns letztem Krieg“.
(Vgl. dazu auch die Rezension zur Erstauflage von Univ.-Prof. Günther Kronenbitter (Regensburg), in: »sehepunkte« vom 15.09.2014: http://www.sehepunkte.de/2014/09/24683.html).
Christoph Tepperberg