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Die Abraham-Abkommen Ein Vermächtnis Donald Trumps

Florian Markl

Inhalt

Als Donald Trump im Januar 2017 das Amt des U.S.-Präsidenten antrat, tat er das mit der erklärten Absicht, sich in vielen Themenfeldern von seinem Vorgänger Barack Obama unterscheiden zu wollen – nicht zuletzt in der Nahost-Politik. Nach vier zurecht höchst umstrittenen Jahren fällt die Bilanz gemischt aus: Bezüglich des Iran setzte die Trump-Adminis- tration auf eine „Politik des maximalen Drucks“: Ausstieg aus dem Atomabkommen und Verhängung umfangreicher Sanktionen mit dem Ziel, das iranische Regime zu Verhandlungen über ein verbessertes Abkommen zu bringen, mit dem viele der eklatanten Mängel des Atomdeals von 2015 hätten beseitigt werden sollen. Tatsächlich erreicht wurde nur eine massive wirtschaftliche Schwächung des Iran, die das Land an den Rand des Zusammenbruchs gebracht hat. Auch Trumps Nachfolger Joe Biden will nicht bloss eine Rückkehr, sondern eine Ausweitung des Atomabkommens, doch gibt es keinerlei Hinweis darauf, wie er das zu erreichen gedenkt. Klar ist vorerst nur: Die Politik des maximalen Drucks ist schon wieder Geschichte, kaum dass sie begonnen hat.
Auch im Hinblick auf Israel setzte sich Präsident Trump deutlich von seinem Vorgänger ab. War Obama darum bemüht, eine gewisse Distanz zwischen den USA und dem jüdischen Staat herzustellen, so stärkte Trump diesem demonstrativ den Rücken. Auf die Anerkennung der Souveränität Israels über die Golanhöhen folgte die Verlegung der US-Botschaft nach Jerusalem und dessen Anerkennung als Hauptstadt Israels. Das waren höchst symbolische Schritte, auch wenn sie praktisch vor Ort wenig änderten – und auch nicht zu dem Aufflammen von Gewalt führten, das gleichermassen selbstverständlich wie unbegründet von etlichen „Experten“ an die Wand gemalt wurde.
Ein deutliches Ausrufezeichnen Trumps war sein im Januar 2020 vorgestellter Friedensplan für den palästinensisch-israelischen Konflikt, der insofern ein Novum darstellte, als er einige Punkte klar benannte, ohne die ein Frieden niemals möglich sein wird, auch wenn es in den mittlerweile dreissig Jahren des Friedensprozessierens zum guten Ton gehörte, sie nicht offen auszusprechen: Auch Trump trat für einen palästinensischen Staat ein, doch müsse dieser in Anerkennung israelischer Sicherheitsinteressen demilitarisiert bleiben. Israel würde weiter die Verantwortung für die militärische Sicherheit westlich des Jordan tragen und die Souveränität über die Siedlungen jenseits der sogenannte Grünen Linie erhalten. Die Palästinenser würden im Gegenzug dazu einige zusätzliche Landstriche erhalten, müssten sich aber von der Illusion einer massenhaften „Rückkehr“ nach Israel verabschieden, den jüdischen Staat akzeptieren und endlich dem Terror entsagen. Sollten sie dem Plan binnen vier Jahren zustimmen, wurden ihnen umfangreiche finanzielle und sonstige Hilfestellungen zugesagt.
Trumps Plan, in Wahrheit massgeblich ausgearbeitet von dessen Schwiegersohn Jared Kushner, umriss auf einigermassen realistische Weise die Rahmenbedingungen für einen Frieden – und wurde deshalb von der palästinensischen Seite prompt genauso in Bausch und Bogen zurückgewiesen, wie sie sich schon bisherigen Friedensvorschlägen verweigert hatte.
Aber der Plan brachte auf unerwartete Weise Bewegung in die Region: Im Gegenzug für die Rücknahme der von Netanjahu angekündigten Absicht, mit der Ausweitung israelischer Souveränität auf die Siedlungen sofort zu beginnen, stellten die Vereinigten Arabischen Emirate eine vollständige Normalisierung der Beziehungen zu Israel in Aussicht. Am 15. September 2020 unterzeichneten Israel und die Emirate vor dem Weissen Haus in Washington dann tatsächlich das Abraham-Abkommen zur Normalisierung und Aufnahme diplomatischer Beziehungen zwischen den beiden Ländern. Parallel dazu wurde ein Friedensvertrag zwischen Israel und Bahrain verabschiedet. Wenig später leiteten darüber hinaus Israel und der Sudan einen Prozess ein, an dessen Ende ein Friedensvertrag stehen soll, und Marokko erklärte ebenfalls, seine Beziehungen zu Israel normalisieren zu wollen.
Lange Jahre galt als unumstössliche Wahrheit, dass Friede zwischen Israel und den arabischen Staaten erst nach einer Lösung des palästinensisch-israelischen Konflikts möglich sei – eine vermeintliche Gewissheit, die Präsident Trump nicht teilte und die von den Abraham-Abkommen gründlich widerlegt wurde. Die Palästinenser mögen lange als Symbol für eine arabische Welt fungiert haben, die den überlegenen Einfluss des Westens und seiner Lebensweise in der Region beklagte, das Scheitern der palästinensischen Sache stand stellvertretend für die Unterlegenheit der Araber. Doch diese Sichtweise wurde von der Realität überholt. Die Golfstaaten sind heute hochmoderne Zentren der Weltwirtschaft, in denen die alten Erzählungen vom Westen als Unterdrücker und als bedrohliche Zivilisation – ausser für Islamisten – für kaum jemanden noch glaubwürdig sind. Viele Araber mögen noch immer Sympathien für das Schicksal der Palästinenser hegen, aber sie machen sie zunehmend selbst für die palästinensische Misere verantwortlich und sind keineswegs mehr gewillt, sich von ihnen die Zukunft verbauen zu lassen. Das palästinensische Opfernarrativ ist ungebrochen, aber grosse Teile der arabischen Welt haben sich so verändert, dass es kaum mehr eine Rolle spielt.
Dieser grundlegende Wandel sorgt auch dafür, dass die Friedensschlüsse Israels mit Bahrain und den VAE, bald vielleicht noch mit anderen arabischen Staaten, von anderer Qualität sind als die früheren Friedensabkommen mit Ägypten (1979) und Jordanien (1994). Anders als in diesen Ländern, in denen der Friede mit Israel kalt geblieben ist, stehen hier guten Beziehungen zum jüdischen Staat deutlich geringere gesellschaftliche Widerstände entgegen und geht das Interesse aneinander weit über bloss formelle diplomatische Beziehungen hinaus.
Präsident Trump hat diese bedeutende Entwicklung nicht hervorgerufen, aber er hat sie, anders als viele europäische Politiker, erkannt, gefördert und sich zum Schirmherrn eines Wandels in der Region gemacht, der für Israel von immenser Bedeutung ist.