Ausgabe

Jüdische Spuren in Wien

Michael Bittner

Inhalt

Oskar Kostelnik: Jüdische Spuren in Wien.

Wien: echomedia 2018. 

382 Seiten, Euro 14,90.-

ISBN 9783903113541

Oskar Kostelnik, pensionierter Lehrer und Mitglied des Mauthausen-Komitees, Jahrgang 1951, hat in jahrelanger Recherche ein Stück Sisyphos-Arbeit geschaffen, denn jüdische Spuren gibt es in Wien sehr viele. Und es gibt immer mehr und mehr, meterlange Strassenstücke werden nach verstorbenen jüdischen Prominenten benannt (Moshe-Jahoda-Platz im Zuge der Dingelstedtgasse, 15. Bezirk), Davidsterne in Neon leuchten durch die Nacht, um zu verhindern, dass man über die Stolpersteine stolpert, die aus dem Pflaster spriessen. Wirklich aktuell kann eine solche Zusammenstellung nicht sein, wenn die Erinnerungskultur galoppiert, befeuert durch das schlechte Gewissen der Mehrheitsbevölkerung beziehungsweise ihrer politischen Vertretung. Am herrschenden Antisemitismus ändert dies freilich nichts, die Stimmung in manchen Kreisen der Bevölkerung ist „israelkritisch“ und judenfeindlich, eine Änderung ist leider nicht in Sicht.

 

Nun zum Buch – Kostelnik hat gründlich recherchiert und ein beeindruckendes Werk zustande gebracht. Nach Bezirken geordnet, findet man Gedenktafeln, Steine des Gedenkens, Strassennamen, Inschriften auf Gemeindebauten und vieles mehr, was an Menschen erinnert, die einst das jüdische Wien bereicherten. Manchmal hat der Autor zu gründlich recherchiert, etliche Persönlichkeiten waren Christen, die jüdische Vorfahren hatten (die Gräfin Fries etwa, Seite 255), auch die Heirat mit einer Jüdin qualifiziert dafür, in die Zusammenstellung aufgenommen zu werden (Kurt Rathe, Seite 159f, Ralph Benatzky, Seite 328). Manchmal wünscht man sich mehr über die Persönlichkeiten zu erfahren, dazu wäre ein ausführlicherer wissenschaftlicher Apparat gut gewesen. Kostelniks im selben Jahr erschienene Publikation Jüdische Spuren in Döbling (Selbstverlag) ist ansprechender gestaltet und lädt mehr zum Blättern ein. Dennoch – dieses Buch ist ein Must für Flaneure, die sich für das Judentum, wie es in Wien einmal war, begeistern, es lädt dazu ein, diese Stadt zu erwandern und mit anderen Augen zu sehen.

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