Wer auf der Draubrücke bei der slowenischen Stadt Maribor, dem alten „Marburg an der Drau“ (vielleicht auf der Rückfahrt von der Adria Richtung Graz und Wien) einen Blick auf das Panorama der Stadt wirft, registriert sicherlich Reste der alten Stadtmauer. Mit einem „Auge“ für historische Ensembles bemerkt man auch ein eng an die Mauer geducktes Ensemble von alten Häusern rund um einen Bau mit drei Strebepfeilern, die vom Drau-Ufer bis unter das Dach des höchsten Hauses reichten.
Blick auf Judenturm und jüdisches Viertel, verwahrloster Zustand, 1961. Foto: Dragiša Modrinjak, 17.8.1961. Quelle: Wikimedia commons, gemeinfrei: https://commons.wikimedia.org/wiki/File:Mariborski_Lent_-_Židovski_stolp_1961.jpg
Mit den abgestuften Strebepfeilern zwischen einem apsisartigen Zubau und dem hohen Dach, mit dem dieser Bau die anderen, einstöckigen Häuser überragt, lässt der Bau an eine Kirche denken. Aber so angelehnt an die Stadtmauer? Der Bau wirkt nicht wie die Kirchenburgen in Mitteleuropa, die zum Schutz vor Angriffen zumeist osmanischer Heerscharen mit dicken Mauern umgeben waren: sie ragten in der Mitte der Anlage hoch und boten der Bevölkerung zwischen Mauern und Kirche Zuflucht. Das ganze Ensemble an der Marburger Stadtmauer zeigte bis vor wenigen Jahren Spuren langer Verwahrlosung und hatte den Charakter eines Elendsviertels in der „typisch sozialistisch-grauen“ Stadt, wie sie im Realen Sozialismus vorherrschten. Die Wohnungen dort konnten allenfalls als Substandardquartiere dienen – und dies traf auch zu, bis das sozialistische Maribor, 1945 die meistzerstörte Stadt Jugoslawiens, und nach dem hastigen Wiederaufbau mit der forcierten Industrialisierung in den Achtzigerjahren, an eine umfassende Renovierung ging: Historiker, Architekten und Stadtplaner wussten von der Überlieferung, wonach im mittelalterlichen Marburg eine zahlenmässig kleine, aber wohlhabende und wirtschaftlich agile jüdische Gemeinde existiert habe, deren Ghetto sich in der Nähe des im Mittelalter angelegten späteren Hauptplatzes, ihre Synagoge an der Stadtmauer, dort auch ihr Friedhof und in einem der Stadttürme eine „Judenschul“ befunden habe.
Baustelle während der Rekonstruktionsarbeiten. Rekonstrukcija portala v nekdanjo obredno dvorano, 90. leta 20. stoletja (Fotografija: dokumentacija Zavoda za varstvo kulturne dediščine Slovenije, OE Maribor)
Präliminare Grabungen zur Verifizierung dieser Volksüberlieferung bestätigten: Die Substandardwohnungen an der Stadtmauer im Osten der Stadt waren in die Mauern der mittelalterlichen Synagoge hineingebaut; ihre ältesten Bauschichten stammten aus dem 14. Jahrhundert und waren daher gleich alt wie die bis dahin älteste bekannte Synagoge Jugoslawiens in Dubrovnik, und wie manche der bedeutenden europäischen Synagogen (Erfurt, Worms, die ältesten Schichten der Alten Synagoge in Prag und jener in Krakau), in jüngeren Schichten hingegen an die Synagoge auf dem Wiener Judenplatz erinnernd. Dieser Befund gab den Ausschlag für die Entscheidung der Stadt Maribor und des slowenischen Denkmalamtes zu einer umfassenden Erforschung des gesamten Bauensembles und seiner Umgebung. Infolge der politischen Umwälzungen der Jahre 1989/90, des „Zehntagekrieges“ der Jugoslawischen Armee gegen Slowenien wegen der slowenischen Unabhängigkeitsbestrebung, der Erlangung der Eigenstaatlichkeit der Republik Slowenien sowie ihrer internationalen diplomatischen Anerkennung am 15. Jänner 1992, konnte dieser Plan erst danach in Angriff genommen werden. Da die Synagoge zu dieser Zeit schon fast 500 Jahre lang zweckentfremdet und der Bau als Sakralobjekt nicht mehr zu erkennen war, sahen die ersten Renovierungspläne die Einrichtung eines Cafés im Eingangsbereich und von Wohnungen oder von Ausstellungsräumen in den unteren Etagen vor. Zwischen 1984 und 1990/1992 hatte sich mit dem Fortgang der archäologischen Sondierungen die Überzeugung der Experten gefestigt, es müsse sich um die durch Quellen belegte Synagoge handeln.
Dennoch gab es weiterhin Kontroversen über die zukünftige Bestimmung des Baus: eine Synagoge – angesichts der Tatsache, dass es in Marburg seit der Vertreibung der Juden aus der Stadt 1496/1497 kein jüdisches Gemeindeleben gab und spätestens seit 1945 auch nur mehr vereinzelt jüdische Überlebende des Holocaust wohnten, stellte sich die Frage nach der Sinnhaftigkeit. Ein Kulturzentrum? Ausstellungsräume? Die Entscheidung fiel schliesslich zu einer ganzheitlichen Erforschung jener Strassen und Plätze, die entweder ihrem Namen nach oder wegen der Nähe zur vermuteten Synagoge Bezüge zu den einstigen jüdischen Bewohnern aufwiesen: Die Judengasse, der Judenplatz und das Areal des frühesten jüdischen Friedhofs, zwischen der Ključavničarska ulica (Schlossergasse) und der Vetrinjska ulica (Viktringerhofgasse), bei denen der südöstliche Abschluss des „Judenviertels“ angenommen wurde.
Der Architekt Andrej Šmid setzte sich nachdrücklich dafür ein, die Synagoge als das zu renovieren, was sie in der Vergangenheit war – ein sakraler Raum: also „die Heiligkeit dieses Ortes respektieren!“ Ein Kompromiss wurde gefunden: Sakraler Raum, aber auch ein Zentrum, das die Erinnerung an die jüdische Vergangenheit bewahrt und der Nachwelt vermittelt. Die durch die Grabungen zutage geförderten früheren Bauelemente erlaubten es den Architekten, den sakralen Charakter des Raumes wiederherzustellen. Heute ist die frühere Bestimmung des Baus als Synagoge unübersehbar. In ihm erhielt der Verein Kulturelles Erbe – Synagoge Maribor (Kulturna dedinščina – Sinagoga Maribor) seinen Sitz und veranstaltet Ausstellungen, Konzerte, Lesungen und Vorträge. Die aufwendige Renovierung musste aus finanziellen Gründen mehrfach unterbrochen werden. Es kam zwar zu Unterstützungszusagen jüdischer Vereine aus den U.S.A. und aus Israel, aber die finanzielle Last trugen grösstenteils die Stadt Maribor und das slowenische Kulturministerium. Die Renovierungsarbeiten 1992–1999 wurden durch internationale Experten begleitet, nämlich durch Professor Rudolf Klein aus Ungarn und den israelischen Architekten und Stadtplaner Ofer Gaon. Dieser verbrachte eine ganze Woche in Maribor und gab einen Leitfaden für die Synagogenrenovierung heraus. Professor Klein engagierte den schon genannten Andrej Šmid, damals noch Student der Technischen Universität Graz, der seine Diplomarbeit 1998 über die Synagoge von Marburg im historischen mittelalterlichen Kontext verfasste. Die amerikanische Historikerin und Journalistin Ruth Ellen Gruber und ihr Ehemann Samuel D. Gruber sammelten und publizierten im Jahre 2000 nach mehreren Forschungsjahren in Europa historische jüdische Siedlungen und Zeugnisse untergegangenen jüdischen Lebens: die Forschungen an der Synagoge von Marburg dokumentierten sie ausführlicher als alle anderen Resultate.
Torbogen im Inneren des Gebäudes, Durchblick in den Hauptraum. Foto: Domen Kodrič, mit freundlicher Genehmigung.
Grabungsbefund
Die Grabungen von 1992 bis 1999 am gesamten Areal der vermuteten jüdischen Siedlung rund um die Synagoge förderten die Überreste einer ursprünglich einräumigen Synagoge zutage, die in späteren Bauphasen Zubauten im Norden und Westen erhalten hatte. Drei mittelalterliche Bauphasen konnten festgestellt werden. Weitere Veränderungen, von der frühen Neuzeit an bis ins 19. Jahrhundert, adaptierten das Gebäude für eine katholische Kirche unmittelbar nach der Vertreibung der jüdischen Mitbürger aus Marburg 1496/97 und eine spätere Nutzung durch das Militär im 18. Jahrhundert, schliesslich, vom späten 19. Jahrhundert an, für Wohnungen und als Magazine, bis zur Revitalisierung als Synagoge.
Die früheste Bauphase mit spätromanischen Architekturelementen wurde auf den Beginn des 13. Jahrhunderts datiert, zwei weitere auf das späte 13. und den Beginn des 14. Jahrhunderts. Die Ausgrabungen führten auf die Spur einer älteren, kleineren Synagoge, die im 14. Jahrhundert vergrössert und durch Zubauten verändert worden war.
Gesamtansicht des Hauptraumes im Synagogeninneren. Foto: Domen Kodrič, mit freundlicher Genehmigung.
Das Terrain des Bauplatzes neigt sich von Westen nach Osten zur Drau hin, so dass man in den Sakralraum im Souterrain des Gebäudes über Stiegen – heute sind es drei – hinabsteigen muss. Das Gebäude betritt man heute durch ein Portal aus Sandstein mit einem Spitzbogen. Auf der Höhe der zweiten Stiege ist ein Portal zum Aufgang in den nördlichen Zubau erkennbar. Dort dürfte die Rabbinerwohnung eingerichtet gewesen sein. Östlich des mutmasslichen Synagogenbaus fanden sich jüdische Grabstätten, woraus Janez Premk vom slowenischen Denkmalamt Parallelen zur mittelalterlichen Synagoge in Wien und der Lage eines dazu gehörigen Friedhofes ableitet. Weil die Grundmauern von der bei Synagogen üblichen West-Ost-Orientierung abwichen, vermuteten die Archäologen, dass noch vor Baubeginn ein jüdischer Friedhof bei der Stadtmauer bestanden haben muss. Dort aufgefundene jüdische Grabsteine lassen sich in die Zeit vor der mutmasslichen frühesten Bauphase der Synagoge datieren. Sie werden seit dem Abschluss der Revitalisierung der Synagoge im Eingangsbereich ausgestellt. Jüdische Grabstätten mussten innerhalb des Ghettos angelegt, Synagogen aber in einer Entfernung von Grabstätten errichtet werden. Im Jahr 1367 wurde ein neuer jüdischer Friedhof ausserhalb des Ghettos angelegt; demnach muss der Friedhof im Ghetto vor dieser Zeit aufgelassen worden sein, so dass eine Vergrösserung der alten Synagoge möglich wurde. Die Zunahme der jüdischen Einwohnerzahl in der Stadt legte eine solche nahe. Dieser Zubau und die nachfolgenden Eingriffe in die Bausubstanz verringerten die Abweichung von der West-Ost-Orientierung, trugen somit zu einer deutlicheren Orientierung Richtung Jerusalem bei. Um das Jahr 1350 muss die Erweiterung der Synagoge bereits erfolgt sein, weil zu dieser Zeit der jüdische Friedhof östlich der Synagoge aufgelassen wurde; ein neuer, ausserhalb der Stadtmauern, wurde 1367 angelegt. Mit der Südseite lehnt sich die Synagoge an die Stadtmauer an und wurde durch drei gotische stufenförmige Strebepfeiler gestützt, die sich als Pilasterbänder bis zum Dachrand fortsetzen und in einem Bandfries auslaufen.
Unter den Grundmauern der Synagoge, am Fuss des felsigen Drau-Ufers, speiste eine Quelle die Mikvah, das rituelle Bad. Für das Jahr 1477 ist eine „Judenschul“ (beth midrash) belegt.
Der in seiner heutigen Form rechteckige Sakralraum war in der frühesten Bauphase quadratisch (7,5 x 7,3 m). Im 14. Jahrhundert wurden Vorraum und Sakralraum auf das Grössenverhältnis 2:3 vergrössert. Der Sakralraum wurde durch zwei bis an die Decke reichende Säulen unterteilt, zwischen denen die Bimah zu stehen kam. Die Säulen stützten die Decke, die in vermutlich sechs quadratische Gewölbesegmente unterteilt war. Die Gewölberippen konnten nur noch zum Teil ausgegraben werden; die Schlusssteine bildeten Trauben. Links und rechts der Nische bestanden Fensterdurchbrüche, die durch gotische Bögen abschlossen. Wo sich der Frauen vorbehaltene Gebetsraum (Frauenschul) befunden hat, ist nicht bekannt. Das Dach bestand ursprünglich vermutlich aus Holz und war ein Flachdach; erst im ersten Viertel des 15. Jahrhunderts wurde es durch ein gemauertes Gewölbe ersetzt, was nach Meinung von Architekt Šmid einen Stilbruch darstellt.
Innenraum der Synagoge in Maribor mit gotischem Kreuzrippengewölbe. Foto: Edelmauswaldgeist. Quelle: Wikimedia commons, gemeinfrei: https://commons.wikimedia.org/wiki/File:Maribor_Synagoge_1.jpg
Die dritte Bauphase der Synagoge begann 1477 und hängt mit der seit 1465 einsetzenden Erneuerung und zusätzlichen Befestigung der Stadtmauer zusammen. Hinter dem früheren Friedhof im Ghetto, an der südöstlichen Ecke der Stadtmauer, wurde 1465 ein Wachturm zu Verteidigungszwecken errichtet: Von ihm aus (im Volksmund „Judenturm“ benannt), schweifte der Blick nach Nordosten, von wo, vermutlich aus Richtung Ungarn, Bedrohung befürchtet und infolge derer ein weiterer Wachturm errichtet wurde, landläufig als “Judenschul“ bekannt. Auch die Juden mussten für die Renovierung der Befestigungsbauten aufkommen, denn die Stadtmauer bildete den südöstlichen Abschluss des Ghettos. In dieser Phase erhielt der Sakralraum spätgotische Bauelemente: die Fenster und die Eingangsportale könnten aus dieser Phase stammen (oder aber erst nach der Umgestaltung zur Kirche entstanden sein). Die Strebepfeiler dürften Eingriffe am Gewölbe erforderlich gemacht haben, sodass ein besser durchgestaltetes, sternförmiges Gewölbe den Druck auf die Mauern besser verteilen konnte. Noch im 19. Jahrhundert wurden die reich gerippten Ecksteine gerühmt. Doch gingen diese verloren, denn eine barocke Nachrenovierung des Sakralraumes veränderte den mittelalterlichen Charakter des Gewölbes vollkommen.
Im Jahre 1496 verfügte Kaiser Maximilian I. auf Drängen der Landstände von Steiermark und Kärnten die Ausweisung der Juden aus ihren Landen – in Marburg dürften die Auers-
perg und Ortenburger hinter diesem Schritt gestanden sein, denn sie waren bei den Marburger Juden hoch verschuldet (so finanzierte der jüdische Geldverleiher Muekelein der Familie Auersperg den Ankauf von Gütern in der Gottschee (Kočevje, Westslowenien) zur Ansiedlung innerösterreichischer Bauern.1 Infolgedessen waren jüdische Geldgeber zu Häusern ausserhalb des Ghettos rund um den Hauptplatz, zu landwirtschaftlichen Besitzungen und zu Weingärten gekommen. Sie hatten sich auch am Holz- und Weinhandel, den beiden einträglichsten Erwerbzweigen des fruchtbaren Drau-Tales, beteiligt. Die Marburger Juden erhielten zur Liquidierung ihres Liegenschaftsbesitzes eine Schonfrist zum Verlassen der Stadt bis zum 6. Jänner 1497. Sie durften auch ihr erworbenes, bewegliches Vermögen mitnehmen. Nach dem Auszug der Juden aus der Stadt kaufte das Marburger Ehepaar Bernardin und Barbara Druker den Synagogenbau, um diesen in eine Kirche umzuwandeln; sie wurde 1501 den „Allerheiligen“ gewidmet. Für die Verwendung als Kirche wurde eine Zwischendecke eingezogen, gotische Masswerke und eine Rosette wurden ausgebrochen. Nichts sollte an die frühere Bestimmung als Synagoge erinnern. 1659 wurde ein Glockenturm dazu gebaut. Der Zugang vom Judenplatz her wurde als Wohnbereich und in weiterer Folge als Lagerraum benutzt, zu dem man über die bereits vorhandene Stiege gelangte. Die Architektur des Sakralraumes wurde nicht angetastet, nur der Thora-Schrein durch einen Altartisch ersetzt und die Bimah entfernt. Das Ehepaar Druker starb kinderlos; möglicherweise wurde es als Stifter in der nunmehrigen Kirche begraben, obwohl es dafür keinerlei Grabungsbefund gibt.
Blick zum Saaleingang. Foto: Domen Kodrič, mit freundlicher Genehmigung.
Die Kirche diente hinfort, bis zu den Reformen Kaiser Josephs II., als Armeekirche; das Militär benutzte sie als Lager und unterstellte 1811 das Bauwerk der Stadt. Aus alten Stadtansichten im Regionalmuseum von Maribor aus den Jahren 1795 und 1798 geht hervor, dass innerhalb dieser drei Jahre ein Turm abgetragen wurde, der nach der Umwidmung der Synagoge in eine Kirche errichtet worden war. Beim neuerlichen Umbau, der bis zum Jahre 1877 dauerte, wurden im Innenraum die gotischen Kreuzrippen entfernt, die oberste Etage des Gebäudes wurde für Wohnzwecke adaptiert. In den 1980er Jahren begann die Dachorganisation der Kulturvereine eine Adaptierung der unteren Etage als Ausstellungsraum, doch zeigte sich bald, dass die Bodenverhältnisse und das unzureichende städtische Kanalisationssystem ständig Feuchtigkeitsschäden hervorriefen. Die Wiederherstellung der ehemaligen Synagoge war 1999 abgeschlossen, die renovierte Synagoge wurde am 1. April 2001 eröffnet und wird seither von der Republik Slowenien als eines der bedeutendsten Zeugnisse für das mittelalterliche jüdische Marburg gepflegt.
Mittelalterliche Grabsteine aus Marburg in der Synagoge. Foto: Domen Kodrič, mit freundlicher Genehmigung.
Kulturzentrum Synagoge Maribor
Das Kulturzentrum in der Synagoge in Maribor bildet heute praktisch den Mittelpunkt für die Öffentlichkeitsarbeit zur Geschichte des Judentums im östlichen Slowenien, zumal das Übermur-Gebiet wegen seiner relativ entlegenen geographischen Lage ohne dieses Zentrum kaum eine weitere Öffentlichkeit in Mitteleuropa erreicht. Weil die Bestimmung der renovierten Synagoge in Maribor nur auf Erhaltung des historischen Andenkens an die jüdische Geschichte der Stadt abstellte und sich nicht mehr der religiösen Betreuung der Bekenntnisjuden widmen wollte, reagierten einige überlebende Juden mit grosser Verbitterung darüber und schworen sich, dieses Objekt nie wieder zu betreten. Eine breitere Öffentlichkeit in der Stadt fand jedoch die Idee, den sakralen Charakter des Objektes zu erhalten und es für die Allgemeinheit, also für Nichtjuden offen zu halten, als der realen Situation angemessen. Nicht nur die eigene, slowenische Öffentlichkeit wird angesprochen, sondern auch die der Nachbarländer Sloweniens sowie in Europa und Übersee. Wie anderswo in Europa auch, blieb die Synagoge nicht vor Sprayern antisemitischer und ausländerfeindlicher Parolen verschont. Der „Antisemitismus ohne Juden“ wirkt selbst in diesem kleinen Land. Aber der engagierte Trägerverein Kulturelles Erbe – Synagoge Maribor/Kulturna dedinščina – Sinagoga Maribor ist sich bewusst, Slowenien und Südosteuropa ein bedeutsames Zeugnis jüdischer Vergangenheit wiedergegeben zu haben.
Blick aus dem Gebäudeinneren zur Eingangstüre hinauf. Foto: Domen Kodrič, mit freundlicher Genehmigung.
Anmerkung
1 Diese, die Gotscheer Deutschen, wurden erst 1941 von der deutschen Besatzung aus der Gottschee an den östlichsten Rand Sloweniens, an die Grenze zwischen der deutsch besetzten Steiermark und dem Unabhängigen Staat Kroatien umgesiedelt, um im Rahmen der „Neuordnung Europas“ eine deutsche Grenzmark zu bilden. 1945 wurden sie daher vom kommunistischen Jugoslawien als Nazi-Kollaborateure vertrieben.
Nachlese
Arlt Elisabeth, Branko Lenart (Fotos), Vergangen und Vergesssen/ Proteklo in pozabljeno. Jüdische Kultur in Slowenien /Judovska kultura v Sloveniji. Maribor-Graz o.J.
Bedrač Marjetka- Andrea Morpurgo, “Morpurgi, potomci mariborskih Judov / The Morpurgos, the descendants of the Maribor Jews” (Center of Jewish Cultural Heritage - Synagogue Maribor, Maribor, Slovenia, 29 June – 31 August 2017), edited by Andrea Morpurgo with Marjetka Bedrač
by Andrea Morpurgo and Marjetka Bedrač: auf https://independent.academia.edu/MarjetkaBedra%C4%8D (aufgerufen 13.2.2023).
Bedrač Marjetka, Sinagoga Maribor. Ob desetljetnice delovanja. Maribor 2011 (?) file:///C:/Users/Korisnik/Downloads/KATALOG.pdf (Maribor Synagogue – Celebrating the First Decennial)
Griesser-Pečar Tamara, Maribor/Marburg an der Drau. Eine kleine Stadtgeschichte.Böhlau, Wien-Köln-Weimar, 2011.
Gruber Ruth Ellen – Samuel Gruber, Judovski spomeniki v Sloveniji.
In: Časopis za zgodovino in narodopisje[Zeitschrift für Geschichte und Ethnographie], 2000, H.. 1-2, hrs.von der Universität Maribor und dem Geschichtsverein Maribor. Koautor: Darko Friš (Hg.)
Auf: http://hdl.handle.net/11686/8547(aufgerufen 15.2.2023).
Keil Marta, 1997‚ Petachja, gennant Zecherl‘: Namen und Beinamen von Juden in deutschen Sprachraum des Spätmittelalters. In: Härtel R. (Ed.) Personennamen und Identität. Namengebung und Namegebrauch als Einziger individueller Bestimmung und gruppenbezogener Zuordnung. Grazer grundwissenschaftliche Forschungen 3, Schriftenreihe der Akademie Friesach 2. Graz.
Premk Janez, Maribor Synagogue: Between Facts and Reinterpretation. Link:
https://www.academia.edu/69728226/Maribor_Synagogue_Between_Facts_and_Reinterpretation (15.2.2023.)
Šmid Andrej, Quelle: Drei Fragen: Jüdisches Kulturzentrum, Synagoge Maribor, https://www.google.com/search?q=Sinagoga+Maribor+danas&rlz=1C1GCEA_enHR943HR944&oq=Sinagoga+Maribor+danas&aqs=chrome..69i57j33i160.9736j0j15&sourceid=chrome&ie=UTF-8#lpg=cid:CgIgARICCAI%3D,ik:CAISFkNaQ1duNDhDMHdCUXlFLWg5aWdYRnc
Eingang zur Synagoge Maribor. Foto: Matic 18. Quelle wikimedia commons, gemeinfrei: https://commons.wikimedia.org/wiki/File:Entrance_to_Synagogue_Maribor_in_Slovenia.JPG
Blick über die Fassade zum abgesenkten Eingang in die Synagoge. Foto: Dejan Sluga, mit freundlicher Genehmigung.