Ausgabe

Das Buch ist mein Reich Im Gedenken an Meir Shalev s.A. (1948 – 2023)

Monika Kaczek

Am 11. April starb der israelische Schriftsteller Meir Shalev im Alter von 74 Jahren. Er galt als eine der wichtigen zeitgenössischen Stimmen in Israel und setzte sich für eine Zwei-Staaten-Lösung im Konflikt mit den PalästinenserInnen ein.

Inhalt

Meir Shalev wurde am 29. Juni 1948 als Sohn der Lehrerin Batia geb. Ben Barak und des Lehrers Yitzhak Shalev im Moschaw Nahalal geboren.1 Als Meir vier Jahre alt war, zog die Familie nach Jerusalem, wo er seine Kindheit und Jugend verbrachte. Während des Sechstagekriegs wurde er als Soldat schwer verwundet, als sich während seines Patrouillengangs versehentlich ein Schuss aus der Pistole eines Kameraden gelöst hatte.

Nach einem Psychologiestudium war Meir Shalev im Radio und im Fernsehen tätig, wo er satirische Sendungen präsentierte. Im ersten israelischen TV-Kanal moderierte er die Sendung Erev Shabbat („Freitagabend“). Ab den 1980-er Jahren verfasste er zunächst Kinderbücher und schrieb später Romane für Erwachsene, wie zum Beispiel Ein russischer Roman (Roman Russi, 1988), Esaus Kuss (Esaw, 1991), Judiths Liebe (Ke-jamin achadim, 1998) und Meine russische Grossmutter und ihr amerikanischer Staubsauger (Ha-davar hajah kacha, 2011). Sein letztes Buch Erzähl’s nicht deinem Bruder (Al tessaper la-achicha) erschien 2022. In einem Interview beschrieb er seinen Schreibstil folgenderweise: 

Ich bin ein Diktator in meinem Schreiben. Ich sage meinen Charakteren, was sie tun sollen. Es gibt Autoren, die sagen, dass sie mit ihren Charakteren sprechen und dass ihre Charaktere ihnen sagen, wer sie sind und was sie tun wollen. Das bin ich nicht. Ich habe die Kontrolle. Das Buch ist mein Reich.“2

Im Jahre 2006 wurde ihm der Brenner-Preis, der wichtigste Literaturpreis Israels, verliehen und bis zu seinem Tod verfasste er Beiträge für die Tageszeitung Jedi’ot Acharonot, in denen meist politische Themen behandelt wurden: „Manchmal bin ich wütend, und dort kann ich Rache nehmen und die Politiker attackieren.“3

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Blumen am Grab bei der Beerdigung in Nahalal am 13. April. Quelle: Wikimedia commons, gemeinfrei:

https://upload.wikimedia.org/wikipedia/commons/5/53/The_grave_of_Meir_Shalev_is_covered_with_flowers_after_the_funeral_%281%29.jpg ; https://creativecommons.org/licenses/by-sa/3.0/

Meir Shalev starb am 11. April 2023 in Alonei Abba (Israel). Zu Ehren des Verstorbenen trugen Trauergäste bei der Beerdigung Kränze aus Wildblumen, die Meir Shalev in seinem Buch Mein Wildgarten/Ginat bar (2017) erwähnt hatte. Dort hatte er seinen geliebten Garten beschrieben, den er selbst bewirtschaftete. In ihrer Traueransprache beim Begräbnis erinnert sich Meir Shalevs Tochter Zohar: 

„Mein Vater war ein pragmatischer Mann. (…) Er hat seine Krebsdiagnose akzeptiert und die Reise praktisch, professionell und mutig gemeistert. Die Reise endet für ihn heute hier. Er bereitete sich auf den Tod vor und erwog gleichzeitig die Möglichkeit der Genesung und akzeptierte alle Behandlungen. (…) Seine Tochter zu sein, war das Beste, was mir je passiert ist.“4

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Meir Shalev (2. v. li.) und das Theaterteam am Ende des Stücks Onkel Aaron und sein Regen, das 2017 den ersten Preis beim Haifa International Children‘s Theatre Festival gewann. Quelle: Wikimedia commons, gemeinfrei: https://commons.wikimedia.org/wiki/File:מאיר_שלו_בסיום_ההצגה_הגשם_של_סבא_אהרון_01.jpg

Anmerkungen

1 Die Schriftstellerin Zeruya Shalev ist seine Kusine.

2 Marilyn Cooper: Meir Shalev. Israel’s Dictator-in-Writing. Moment, 28.01.2019, https://momentmag.com/meir-shalev-israels-dictator-writing/ (20.04.2023)

3 Lea Hampel und Peter Münch: Bestsellerautor im Interview: „Ich kann nicht davon leben, nur Romanautor zu sein.“. SZ, 21.08-2015; https://www.sueddeutsche.de/wirtschaft/bestsellerautor-im-interview-ich-kann-nicht-davon-leben-nur-romanautor-zu-sein-1.2615641 (21.04.2023)

4 Toi Staff: ‘A decisive voice that will be sorely missed’: Author Meir Shalev laid to rest. The Times Of Israel. 14.04.2023; https://www.timesofisrael.com/a-decisive-voice-that-will-be-sorely-missed-author-meir-shalev-laid-to-rest/ (21.04.2023)