Ausgabe

Die Biographie des israelischen Staatsgründers

Evelyn Adunka

Inhalt

Tom Segev: David Ben Gurion. Ein Staat um jeden Preis.

Aus dem Hebräischen von Ruth Achlama

Berlin: Siedler Verlag 2018

800 Seiten, gebunden, Euro 35,00

ISBN 978-3-8275-0020-5

 

Tom Segev, der grosse Historiker des Zionismus und kritische Beobachter der israelischen Gegenwart, zeichnet in seiner Biographie Ben Gurions das Bild eines widersprüchlichen Mannes mit wenig sympathischen Charakterzügen. 

Ben Gurion (1886-1973) wuchs in der polnischen Kleinstadt Płońsk im damaligen Russischen Reich in einem zionistischen Haus auf. 1905 trat er in Warschau der Poale Zion bei. 1906 ging er „aus Verzweiflung an der Diaspora“, wie Segev schreibt, als Landarbeiter nach Palästina. Nach der jungtürkischen Revolution zog Ben Gurion 1911 nach Saloniki, um Türkisch zu lernen, und 1912 ging er mit einem seiner engsten Freunde Jizhak Ben Zvi, dem späteren zweiten Präsidenten des Staates Israel, nach Konstantinopel, um Recht zu studieren. Mit dem Ausbruch des Ersten Weltkriegs kehrten sie nach Palästina zurück. Nach dem Kriegseintritt der Türkei wurden sie 1915 von den türkischen Behörden ausgewiesen. Sie gingen in die USA, wo sie die Hechaluz-Bewegung gründeten und publizistisch tätig waren. In den USA lernte Ben Gurion seine Frau Paula Munweis kennen. Es wurde eine lebenslange Ehe, die laut Segev später in Routine erstarrte, nachdem wegen einiger Affären Ben Gurions auch Krisen zu bewältigen waren.

Segev zeigt, dass viele aus späterer Sicht gestellte Fragen sich nicht eindeutig beantworten lassen, etwa wann Ben Gurion von der Shoah erfuhr, oder ob der Staat Israel, wäre er früher gegründet worden, die späteren sechs Millionen Opfer hätte aufnehmen können. Segev beschreibt auch das Ausmass von Ben Gurions Konflikt mit Chaim Weizmann und die irrationale Ablehnung seines Nachfolgers Levi Eshkol sowie die Einsamkeit und Denkschwäche seiner letzten Jahre. Ben Gurion war überaus belesen und befasste sich zum Beispiel mit griechischer Philosophie, dem Buddhismus und mit Spinoza. Er hatte aber zugleich eine sehr unklare Beziehung zur jüdischen Identität und Tradition. In den fünfziger Jahren bat er jüdische Rabbiner und Gelehrte um eine Definition der Frage „Wer ist Jude?“. Die Antworten wurden 1965 in dem von Segev nicht erwähnten Buch von Baruch Litvin Jewish Identity. Modern Responsa and Opinions veröffentlicht.

Segevs Buch beschreibt die komplexe Entstehungsgeschichte des Staates Israel durch das Prisma der Biographie ihres Staatsgründers. Es ist mit den vielen neu

zugänglichen und  eingearbeiteten hebräischen Quellen ein wichtiger Beitrag der israelischen Geschichtsschreibung.