Evelyn Adunka
Bilha Shilo: Ein Drama in Akten. Die Restitution der Sammlungen des Wilnaer YIVO. Mit einem Vorwort von Yfaat Weiss. Aus dem Hebräischen von David Ajchenrand.
Göttingen: Vandenhoeck & Ruprecht Verlag 2022.
151 Seiten, Euro 23,00.-
ISBN 978-3-525-35128-4
Die israelische Historikerin Bilha Shilo, Mitarbeiterin der Internationalen Schule für Holocaust-Studien des Yad Vashem, beschreibt am Beginn ihrer Studie die Erfolgsgeschichte des 1925 in Wilna gegründeten YIVO (Yidisher Visnshaftlikher Institut), das 1929 ein grosses neues Gebäude bezog. Das YIVO baute nicht nur ein umfangreiches Archiv und eine Bibliothek auf, sondern gründete auch eine Abteilung für Jugendforschung und organisierte Schreibwettbewerbe für junge Autoren und Autorinnen. 1941 wurde Wilna von den Nationalsozialisten besetzt.
Die jüdischen Sammlungen der Stadt wurden unter der Führung von Johannes Pohl geplündert und für das Institut zur Erforschung der Judenfrage in Frankfurt nach Deutschland gebracht. Eine Papier-Brigade mit vierzig Mitarbeitern, unter ihnen der Dichter Abraham Sutzkever, mussten die Bücher im Ghetto sortieren. Viele wurden vernichtet, aber den Zwangsarbeitern gelang es auch, einige herauszuschmuggeln und zu retten. 1946 gelangten Bestände aus Wilna in das von der amerikanischen Armee eingerichtete Offenbach Archival Depot.
Die amerikanische Historikerin Lucy Dawidowicz, die das YIVO von einer Aspirantur (Lehre) 1938 kannte, sortierte die Bestände in Offenbach und bereitete sie für die Restitution vor. Restituiert an das YIVO wurden auch Bücher der berühmten Strashun Bibliothek in Wilna. Weitere Bestände des YIVO fanden sich nach 1945 über den Umweg Berlin, evakuiert wegen der Bombardierungen, in böhmischen Schlössern. Von dort kamen sie an das Jüdische Museum Prag; die Wege der Zeitungssammlung bleiben aber bis heute im Dunkeln. 1948 überführten die sowjetischen Behörden die jüdischen Sammlungen in die Litauische Buchkammer. 1995/96 wurden sie digitalisiert; die Digitalisate wurden dem New Yorker YIVO Institut zur Verfügung gestellt. Die Autorin hat eine komplexe Restitutionsgeschichte detailreich und anschaulich dargestellt und damit für die Nachwelt festgehalten.
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