Ausgabe

Mittelalterlicher jüdischer Friedhof in Hainburg bedroht

Stephan Templ

Hainburg ist eine der besterhaltenen mittelalterlichen Stadtanlagen Europas mit dem berühmten Wienertor und einer fast gänzlich vorhandenen Stadtmauer samt dreizehn Türmen. In Hainburg gab es auch eine mittelalterliche jüdische Gemeinde, von der heute noch die vorhandene gotische Synagoge sowie der jüdische Friedhof zeugen. 

Inhalt

Die über drei Hektar grosse Wiese, unter der sich die Grabsteine befinden, liegt direkt an der Stadtmauer, genauer beim alten „Judenturm“, und war schon in den letzten Jahrzehnten begehrt bei Immobilienspekulanten. Vor sechzehn Jahren sprach sich die Stadtgemeinde noch gegen eine Verbauung aus: sie anerkannte den Friedhof, gestützt auf ein sehr umfangreiches Archivmaterial. 

 

Bis ins späte 19. Jahrhundert nannte man den Platz noch „Judenfreudhof“. Das Grundstück wurde dann von einem Bauunternehmer als „Grünfläche“ von der Republik Österreich fragwürdigerweise erworben. Nach jahrelangen unaufhörlichen Bemühungen, Zweifel und Verwirrung zu säen, indem behauptet wurde, es gebe keine Gewissheit über die genaue Lage des Friedhofes, gelang es, eine Baugenehmigung zu bekommen, was bei deren Umsetzung den Friedhof auf alle Zeiten auslöschen würde. Nach jüdischem Gesetz ist es verboten, die Totenruhe zu stören, nach Paragraf 19 des Österreichischen Israeliten-Gesetzes aus dem Jahre 2012 ist die Erhaltung jüdischer Friedhöfe vorgeschrieben. 


Nahezu alle mittelalterlichen jüdischen Friedhöfe verschwanden in Europa, nicht zuletzt unter der Nazi-Herrschaft. In Hainburg konnte der „Judenfreudhof“ wie durch ein Wunder erhalten bleiben – weil er bei der Stadterweiterung nicht als Baugrund, sondern als Exerzierplatz der Kaiserlichen Armee diente.

 

12_img_3973.jpg

Das Areal des jüdischen Friedhofs von Hainburg.

bildschirmfoto-2025-03-28-um-16.25.02.jpg

Die mittelalterliche Synagoge von Hainburg.

12_img_3977.jpg

Blick über den „Judenturm“ und den jüdischen Friedhof (re.) von Hainburg.

Alle Fotos: St. Templ, mit freundlicher Genehmigung.