Ausgabe

In Memoriam Walter Schwimmer (1942–2025) s.A.

Christoph Tepperberg

Am 13. März 2025 verstarb Dr. Walter Schwimmer, Sozialpolitiker und langjähriger Präsident der Österreichisch-Israelischen Gesellschaft, im 83. Lebensjahr in Tulln.

Inhalt

Schwimmers Familie stammte ursprünglich aus dem Elsass und gelangte auf Umwegen über Vorarlberg nach Wien. Dort kam Walter Schwimmer am 16. Juni 1942 zur Welt und wuchs in der Leopoldstadt, der „Mazzesinsel“, auf. Als Sohn eines Bäckers und einer Verkäuferin war er mit den Lebensrealitäten von Arbeitgebern und Arbeitnehmern von Anfang an vertraut. Nach Realgymnasium, Studium der Rechtswissenschaft und Promotion an der Universität Wien (1964), wurde er Rechtsberater der Gewerkschaft der Privatangestellten (GPA) im Österreichischen Gewerkschaftsbund (ÖGB). 1971 wurde er Leiter des Sozialen Ausschusses, später des Politischen Ausschusses des Arbeitnehmerflügels der ÖVP, des Österreichischen Arbeiter- und Angestelltenbundes (ÖAAB). 1979 wurde er Abteilungsleiter in der Wiener Gebietskrankenkasse (WGKK), von 1984 bis 1999 war er Generaldirektor-Stellvertreter bzw. Generaldirektor der WGKK. Sein Interesse an sozialpolitischen Fragen brachte ihn schon in jungen Jahren zum Engagement in der Österreichischen Volkspartei (ÖVP). 1971 wurde Schwimmer erstmals in den Nationalrat gewählt, dem er bis 1999 in acht aufeinanderfolgenden Legislaturperioden 28 Jahre hindurch angehörte. In Rahmen seiner parlamentarischen Tätigkeit war er vor allem um den sozialen Ausgleich bemüht. 

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Dr. Walter Schwimmer, 2012. Foto: World Public Forum – Dialogue of Civilizations. Quelle: Wikimedia commons, gemeinfrei: https://commons.wikimedia.org/wiki/File:Walter_Schwimmer_2012.jpg?uselang=de

Der leidenschaftliche Kämpfer gegen Antisemitismus und Judenhass war von 1977 bis 1981 Vizepräsident und von 1982 bis 1999 Präsident der Österreichisch-Israelischen Gesellschaft (ÖIG). Er folgte in dieser Funktion dem Wiener Stadtrat Heinz Nittel (1930–1981), der am 1. Mai 1981 in Wien einem spektakulären Terroranschlag der palästinensischen Abu-Nidal-Gruppe zum Opfer gefallen war. Von 1999 bis 2004 schliesslich war Walter Schwimmer Generalsekretär des Europarates. Nach dem Ende seiner beruflichen Laufbahn war Schwimmer als Berater für internationale Beziehungen und europäische Angelegenheiten tätig. Er verfasste mehrere Bücher und Artikel über Sozialpolitik, Sozialrecht, Menschenrechte, Europa und den Europarat, beschäftigte sich aber auch mit der Geschichte der Wiener Bevölkerung, im speziellen mit dem jüdischen Erbe Wiens und dem Schicksal jüdischer Bewohner im 20. Jahrhundert.1 Mit Walter Schwimmer verlieren Österreich und Europa eine Persönlichkeit, die sich zeitlebens für Dialog, Frieden und die Einheit des Kontinents eingesetzt hat. Sein langjähriges Engagement als Parlamentarier, seine Expertise in der Sozial- und Gesundheitspolitik brachte ihm über Parteigrenzen hinweg hohe Anerkennung. Als Generalsekretär des Europarates kämpfte er für Menschenrechte, Demokratie und Rechtsstaatlichkeit. Als Präsident der Österreichisch-Israelischen Gesellschaft trat er entschieden gegen den nationalen und internationalen Antisemitismus auf. Mit ihm verliert die Welt zugleich einen grossen Freund Israels. Für seine Verdienste erhielt Schwimmer zahlreiche Auszeichnungen.

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Anmerkung

 

1 Walter Schwimmer: Aufruf „Hungerleiderhaus“. In: DAVID, Heft 124, Pessach 5780/April 2020, https://davidkultur.at/artikel/aufruf-hungerleiderhaus