Ausgabe

Es muss weitergehen

Monika Kaczek

Inhalt

Achim Doerfer: „Irgendjemand musste die Täter ja bestrafen.“ Die Rache der Juden, das Versagen der deutschen Justiz nach 1945 und das Märchen von der deutsch-jüdischen Versöhnung.

Köln: Kiepenheuer & Witsch  2021.

368 Seiten, gebunden, Euro 24,95.-

ISBN: 978-3-462-05088-2

Auch als E-Book erhältlich

 

Achim Doerfers Buch gliedert sich in folgende drei thematische Teile: Jüdischer Widerstand und jüdische Rache, Das Versagen der deutschen Politik und Justiz nach 1945 sowie Das Märchen deutsch-jüdischer Versöhnung. Besonders wichtig ist dem Autor die Tatsache, dass Jüdinnen und Juden während des Zweiten Weltkriegs nicht nur Opfer waren, sondern auch bewaffneten Widerstand gegen das Regime leisteten. Darüber hinaus meldeten sich in Palästina jüdische Freiwillige für die britische Armee. Hinzu kommen rund eineinhalb Millionen Jüdinnen und Juden, die in den alliierten Truppen dienten.

In seinem Buch kritisiert Achim Doerfer, wie wenig der deutschen Justiz nach 1945 daran lag, die Mordtaten der Nazis aufzuklären: „Von 7.200 Täter:innen, auf die also rechnerisch pro Kopf 152 Morde fielen, wurden nur 700 verurteilt“ (Seite 111).

Auch in Bezug auf die Entnazifizierung herrschte im Nachkriegsdeutschland ein Schweigen, was sich auch darin zeigt, dass eine hohe Anzahl von Nazis ab den 1950er Jahren sowohl in der Justiz als auch in der Politik tätig war. Im Zuge dieses gesellschaftlichen Versagens ist für den Autor die oft beschworene deutsch-jüdische Versöhnung eine Farce:

„Das Bild der Jüdinnen und Juden als versöhnlich, als nicht kämpferisch, als Opfer, sei es im Einzelfall auch fast bis zum Bild eines oder einer Heiligen stilisiert, ist als Paradigma unzutreffend. (…) Nach alledem kann unter Versöhnungsarbeit ebenso wenig wie unter den Kampf gegen Antisemitismus ein Schlussstrich gezogen werden. Es muss weitergehen“ (Seite 306).

In einem Beitrag des SRF wird zutreffend angemerkt:

„Achim Doerfer erzählt in seinem Buch nicht die geläufige Version des Umgangs mit dem Holocaust. Seine Version schmerzt. Das soll sie allerdings auch. Denn sie trifft die Wirklichkeit besser als die Schlussstrich-Mentalität.“1

 

Zum Autor

Der 1965 in Göttingen geborene Autor Achim Doerfer studierte Jura und Philosophie und ist als Anwalt tätig. Seine Grossmutter und Mutter gehören zu den wenigen Überlebenden der Shoah, die den Holocaust in Deutschland überlebten und nach 1945 in Deutschland blieben. Sein Bruder lebt als Rabbiner in Israel. Achim Doerfer publiziert Artikel zum Judentum und Antisemitismus, unter anderem in der Jüdischen Allgemeinen. Zuletzt erschienen von ihm die Bücher Die Steuervermeider. Wie wir um Milliarden betrogen werden (2014), und Die grosse Abzocke: Wie Konzerne systematisch die Kunden übers Ohr hauen (2016).

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Anmerkung

 

1 https://www.srf.ch/kultur/gesellschaft-religion/sachbuch-von-achim-doerfer-der-vergessene-juedische-widerstand-gegen-die-nazis