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Wels erlebte nach dem Zusammenbruch der Monarchie eine Zuwanderung
Zweiunddreissig Juden lebten im März 1938 in Wels. Die meisten waren nach dem Zusammenbruch der Habsburger-Monarchie aus den Kronländern hierhergekommen. Sie bildeten aber keine eigene Kultusgemeinde und waren so an jene in Steyr oder in Linz gebunden. Ein eigenes Gebetshaus wird es wohl in einer der privaten Wohnungen oder in einem ihrer Häuser gegeben haben – dies konnte aber bislang nicht verifiziert werden.
Als wesentliche Quellen sind wir auf den Bericht der in die U.S.A. geflüchteten Gerda Neubauer angewiesen, die ihren Namen dann in Newbower änderte. Ihre Familie besass ein Modegeschäft an der Adresse Kaiser Wilhelmring Nummer 39. Gerda Newbower (1910–2012), die also einhundertzwei Jahre alt wurde, betitelte ihre Erinnerungen: „And May God Protect Austria! A Memoir of Escape from the Holocaust to a New Life in America“.
Zu den anderen Familien, die noch 1938 in Wels lebten, gehörten etwa die Hoffmanns, die in der Bahnhofstrasse 3 einen Handel mit Fahrrädern, Motorrädern und Nähmaschinen betrieben. Das Ehepaar konnte noch im Jahr 1941 in die U.S.A. flüchten.
Die Brüder Richard und Julius Jellinek betrieben das Kleiderhaus Hrzan am Kaiser Franz-Josef-Platz 11. Beide konnten zuerst nach Frankreich flüchten, wurden aber dort verhaftet und in den Osten deportiert, wo beide ermordet wurden.
Das Fahrradhaus Hoffmann in der Bahnhofstrasse 39, die Schaufenster zugeklebt mit NS-Propagandaplakaten, die unter anderem die Aufschrift „Arbeit für Alle“ tragen. Quelle: Stadt Wels, mit freundlicher Genehmigung.
Die Familie Pasch betrieb gleich neben den Jellineks ein Schuhgeschäft, das eine Filiale des Salzburger Hauptgeschäftes war. Adele und ihre beiden Kinder Hans und Grete konnten in die U.S.A. flüchten.
Ihr Nachbar wiederum war die Familie Grünberg, die ein Modehaus besass. Nur der Vater Max konnte nach Shanghai entkommen, die übrigen Familienmitglieder wurden ermordet. Stolpersteine erinnern seit 2008 in der Knorr-Strasse an sie, sowie der von der Stadt Wels vergebene Elfriede Grünberg Preis für Personen, die gegen rechtsextremes Gedankengut kämpfen.
Ansicht des Kleiderhauses Hrzan in der Bäckergasse 11 in der Zeit des Nationalsozialismus, von links. Quelle: Stadt Wels, mit freundlicher Genehmigung.
Die Welser Papierfabrik gehörte dem Industriellen Karl Landegger-Angeli. Sie wurde über die Österreichische Kontrollbank arisiert und ging an den Fürsten Franz Josef II. von und zu Liechtenstein.
Ansicht des Kleiderhauses Hrzan in der Bäckergasse 11 in der Zeit des Nationalsozialismus, von rechts. Auf den Plakaten, die auf die Auslagen des geschlossenen Geschäfts geklebt wurden, ist unter anderem zu lesen: „Arbeit für Alle!“Quelle: Stadt Wels, mit freundlicher Genehmigung.
Die Österreichische Historikerkommission listet in einem Bericht über jüdische Gewerbe im „Gau Oberdonau“ für den Bezirk Wels auf:
- Firma Ernst Hoffmann, Bahnhofstrasse 3, Gross- und Einzelhandel mit Fahrrädern, Motorrädern, Nähmaschinen u.a.
- Firma Pasch, Kaiser Franz-Josef Platz 10, Schuhgeschäft
- Firma Hrzan und Kleiderhaus, Kaiser Franz-Josef Platz 11
- Firma Samuel Neubauer, Kaiser Wilhelmring 39, Modehaus von Samuel und Sophie Neubauer
- Firma Welser Papierfabrik GmbH, Wels-Pernau
- Firma Weigel, Wels-Pernau, Metallwarenfabrik, Eigentümer Dr. Philipp und Olga Stein. Paul Stein überlebte, änderte seinen Namen in Pavel Prokop und strengte nach dem Krieg ein Rückstellungsverfahren an
- Firma Silbermalzkaffeefabrik Wels, Eigentümer Johann Bauer
- Firma Gebrüder Steiner, Seidenweberei, Filiale der Firma in Wien, jener Geschäftsanteil, der von den Nazis als Juden verfolgten Personen gehörte, wurde enteignet.
Nachlese:
Hannelore Hörhann/ Claudia Mallinger: Der Welser Erinnerungsweg – eine Handreichung für Lehrerinnen und Lehrer. Pädagogische Hochschule Oberösterreich, 2013. Quelle: https://www.erinnern.at/themen/e_bibliothek/abschlussarbeiten-paedagogik-an-gedaechtnisorten/abschlussarbeiten/hannelore-hoerhann-claudia-mallinger-der-welser-erinnerungsweg-eine-handreichung-fuer-lehrerinnen-und-lehrer
https://www.jüdische-gemeinden.de/index.php/gemeinden/k-l/1206-linz-donau-oesterreich
Günter Kalliauer: Die jüdische Bevölkerung in Wels zur Zeit des Nationalsozialismus. In: Nationalsozialismus in Wels Band 1. Hrsg.: Stadt Wels. Red.: Günter Kalliauer. Wels 2008, S. 49-99.
https://www.meinbezirk.at/wels-wels-land/c-lokales/die-verfolgung-der-welser-juden-1938_a3027012
Daniela Ellmauer/ Auf den Plakaten, die auf die Auslagen des geschlossenen Gesch.Michael John/Regina Thumser: “Arisierungen“, beschlagnahmte Vermögen,
Rückstellungen und Entschädigungen in Oberösterreich. Wien-Mün hen Oldenbourg Verlag 2004 (= Veröffentlichungen der Österreichischen Historikerkommission. Vermögensentzug während der NS-Zeit sowie Rückstellungen und Entschädigungen seit 1945 in Österreich. Band 17/1), S. 491-493.