In der Platzgasse 3 in Klagenfurt wurde am 8. November die neu gestaltete Gedenk-stätte für das jüdische Bethaus ihrer Bestimmung übergeben. Seit 1988 gab es hier zwar einen Gedenkstein, jetzt wurde eine würdige Gedenk-stätte mit beleuchteten Stelen sowie Bildern und Texten zur Geschichte dieses Zentrums des jüdischen Lebens in Klagenfurt errichtet.
Die Übergabefeier, zu der zahlreiche Vertreter des gesellschaftlichen, politischen, kulturellen und religiösen Lebens gekommen waren, fand genau einen Tag vor dem 9. November, dem Tag der sogenannten Reichskristallnacht, statt. Von 9. auf den 10. November 1938 wurden in Deutschland und Österreich von den Nazis über 1.400 Synagogen und Veranstaltungsräume, jüdische Friedhöfe niedergebrannt, tausende Wohnungen und Geschäfte verwüstet oder ebenfalls niedergebrannt, 400 Menschen ermordet oder in den Selbstmord getrieben.
Auch das jüdische Bethaus in der Platzgasse, das 1905 errichtet worden war, wurde an diesem 9. November geschändet und zerstört. Endgültig vernichtet wurde es durch schwere Bombenschäden im Zweiten Weltkrieg. Das Novemberpogrom war auch in Klagenfurt der Auftakt zur Vertreibung und Ermordung der jüdischen Mitbürger und Mitbürgerinnen.
Eröffnung der neu gestalteten Gedenkstätte des jüdischen Bethauses mit Dr. Peter Gstettner, Dr. Charlotte Knobloch (Israelitische Kultusgemeinde München/Bayern), Bgm. Dr. Maria-Luise Mathiaschitz, Vizepräsident Dezoni Dawaraschwili (Israelitische Kultusgemeinde Wien) Copyright: StadtPresse/fritzpress
Bürgermeisterin Dr. Maria-Luise Mathiaschitz:
„Die Erinnerung darf nie enden"
„Mit dieser Gedenkstätte, die ein sichtbares Zeichen der in Klagenfurt sehr lebhaften Gedenk- und Erinnerungskultur darstellt, erinnern wir an das unermessliche Leid all jener, die aus ihrer Heimat vertrieben wurden, die Angehörige im Holocaust verloren haben oder den NS-Terror und die Konzentrationslager selbst erleiden mussten", stellte Bürgermeisterin Dr. Maria-Luise Mathiaschitz in ihrer Gedenkrede fest.
„Die Erinnerung darf nie enden. Sie muss auch künftige Generationen zur Wachsamkeit mahnen. Wie die Beispiele der jüngsten Vergangenheit auch in Österreich zeigen, ist es wichtig, eine Form der Erinnerung, die in die Zukunft wirkt zu finden. Sie soll Trauer über Leid und Verlust ausdrücken, dem Gedanken an die Opfer gewidmet sein und jeder Gefahr der Wiederholung entgegenwirken. Antisemitismus darf auch in Zukunft keinen Platz in unserer Gesellschaft haben", erklärte die Bürgermeisterin eindringlich.
Sie dankte all jenen, die sich für die Errichtung dieser würdigen Gedenkstätte engagiert eingesetzt haben, allen voran Dr. Peter Gstettner, dem Vorsitzenden des Klagenfurter Erinnerungsbeirates und der verstorbenen Klagenfurter Gemeinderätin Mag. Sieglinde Trannacher sowie ihrem Vorgänger im Bürgermeisteramt, Vizebürgermeister Chris-tian Scheider. Und die Stadtchefin dankte auch den Tierärztefamilien Dr. Zuzzi-Krebitz und Dr. Krebitz-Gressl, auf deren Grund die neue Gedenkstätte Platz gefunden hat.
Bürgermeisterin Dr. Maria-Luise Mathiaschitz und Vizebürgermeister Christian Scheider mit den Mitgliedern des Klagenfurter Gedenk- und Erinnerungsbeirates Dr. Peter Gstettner, Dr. Nadja Danglmaier, Regina Taupe und Martina Pfeifhofer. Copyright: StadtPresse/fritzpress
Dr. Mathiaschitz freute sich zu diesem feierlichen Anlass auch ganz besondere Gäste begrüssen zu können. Aus München extra angereist war Dr. Charlotte Knobloch, Präsidentin der Israelitischen Kultusgemeinde München und Oberbayern und der Vizepräsident der IKG Wien, Dezoni Dawaraschwili. Ausserdem war eine hochrangige Delegation aus der polnischen Partnerstadt Rzeszow anwesend. Am Dienstag wird in Klagenfurt das 40jährige Partnerschaftsjubiläum gefeiert.
Dr. Charlotte Knobloch, die seit 58 Jahren ihren Urlaub am Wörthersee verbringt und Klagenfurt gut kennt, dankte allen, die zum Bau dieser Gedenkstätte beigetragen haben. „Solche Gedenkorte und Gedenktage führen uns immer vor Augen, wie verletzlich die Freiheit ist. Klagenfurt steht für eine kluge und nachhaltige Kultur des Erinnerns", so Dr. Knobloch. „Die Auseinandersetzung mit der Vergangenheit darf nicht in der Vergangenheit verharren. Erinnern bedeutet Erkennen - nie wieder darf Menschenverachtung und Hass die Gesellschaft unterwandern", appellierte die Präsidentin der Kultusgemeinde. Und Vizepräsident Dezoni Dawaraschwili (IKG Wien) schloss einen vehementen Aufruf für Frieden und Menschlichkeit an.
Als Vorsitzender des Klagenfurter Gedenk- und Erinnerungsbeirates ging Univ. Prof. Dr. Peter Gstettner auf die vielen Initiativen in Klagenfurt ein und hielt fest, dass in den letzten Jahren mit den Stolpersteinen, der Restaurierung des jüdischen Friedhofes, dem Mahnmal am Friedhof Annabichl und der Gedenkstätte in der Platzgasse „ein Netzwerk der Erinnerung" entstanden ist, ging aber auch auf Klagenfurter ein, die in der Todesmaschinerie der Nazis verantwortlich für unvorstellbare Grausam-keiten waren. „Die Decke der Zivilisation ist dünn", so Gstettner, deshalb sei Mahnung und Erinnerung notwendiger denn je.
Für das Kulturreferat des Landes Kärnten, das sich an der Errichtung der Gedenkstätte finanziell beteiligt hat, sprach Mag. Erich Wappis, auch Klagenfurter Gemeinderat. Er skizzierte die Geschichte jüdischen Lebens in Kärnten, erinnerte an die bekannten Klagenfurter Familien, Fischl, Preis und Fischbach, die von den Nazis verfolgt, vertrieben und viele Familienmitglieder ermordet wurden.
Die Feier wurde musikalisch von Michael Erian am Saxophon begleitet, das Totengebet wurde von Kantor Michael Kaner vorgetragen.
Zum Schluss der Übergabefeier betonte Bürgermeisterin Dr. Maria-Luise Mathiaschitz, dass sie auch in Zukunft nach Möglichkeit alle Initiativen des Gedenk- und Erinnerungsbeirates unterstützen wird, „wenn es darum geht, sichtbare Zeichen gegen das Vergessen und gegen die Gräueltaten des Nationalsozialismus zu setzen". „Nur wer die Vergangenheit kennt, hat eine Zukunft", so die Stadtchefin.