Das weltweit einzige Museum zur Erinnerung an die Kindertransporte1938/39 richtete Milli Segal in Wien ein. Bilder von 23 überlebenden Kindern zeigen, was sie damals mitgenommen haben. Die Ausstellung wurde von Rosie Potter und Patricia Ayre kuratiert.
Pauline Worner geb. Makowsky, Köln, 10 Jahre alt. Ihre Eltern wurden nach Polen deportiert, es gibt keine weiteren Angaben zu ihrem Schicksal. Der eingravierte Text auf dem Glas lautet: „Laufend bis ans Ende des Bahnsteigs, Auf Wiedersehen winkend“. Bildrechte: Rosie Potter, mit
freundlicher Genehmigung M. Segal.
Mitten im dritten Wiener Gemeindebezirk, in einem Haus, aus dem 380 Juden von den sogenannten Sammelwohnungen in die Vernichtungslager deportiert wurden, befindet sich heute ein Museum für gerettete jüdische Kinder. Wer die Stiegen hinunter in einen Teil des ehemaligen Luftschutzkellers steigt, findet sich unvermutet in einem warmen, freundlichen Raum wieder, in dem die überlebenden Kinder ebenso wie ihre Retter auf berührende, sehr persönliche Art gewürdigt werden. Milli Segal ist es gelungen, einen Sponsor zu finden, um ihren lang gehegten Wunsch, den Kindern einen Ort des Erinnerns zu geben, umsetzen zu können. Die Eigentümer des Hauses, Dr. Rudolf Schweinhammer und seine Lebensgefährtin Mirella Zamuner, waren bereit, einen Teil ihres Kellers für ein Museum unentgeltlich zur Verfügung zu stellen.
Die Inschrift auf einem der ausgestellten Kleiderhaken in den Reisekoffern, „Für das Kind", gab der Ausstellung ihren Titel.
Helga Bellenger geb. Kohn, Wien, 9 Jahre alt. Ihre Mutter überlebte, ihr Bruder wurde im Konzentrationslager ermordet. Text auf dem Glas: „Mutter putzte den Gehsteig in ihrem Pelzmantel.“ Bildrechte: Rosie Potter, mit freundlicher Genehmigung M. Segal.
„Für das Kind" ist all denen gewidmet, die 1938/39 in Deutschland, Österreich, der Tschechoslowakei und in Polen zehntausend Kindern - hauptsächlich jüdischen - halfen, der Tötungsmaschinerie des Nazi-Regimes zu entkommen. In neun Monaten wurden fast einhundert Zugreisen von tapferen, aufopfernden Menschen organisiert. Sie brachten bis zu 17 Jahre alte Kinder aus deren Geburtsländern in Sicherheit. Der Central British Fund übernahm die Schirmherrschaft über die Rettungsaktion „Kindertransport". Er stellte gemeinsam mit weiteren Helfern wie Rabbi Schoenfeld und Sir Nicholas Winton die nötigen finanziellen Mittel bereit, da für jedes Kind 50 Pfund hinterlegt werden mussten. Die Kinder kamen mit dem Zug nach Holland, dann mit der Fähre von Hook/Holland nach Harwich und weiter mit dem Zug nach London Liverpool Station. Der erste Kindertransport ging am 10. Dezember 1938 vom Wiener Westbahnhof nach London, der letzte am 22. August 1939.
Die Ausstellung besteht aus 23 gerahmten Iris- Kunstdrucken, beschriftet mit auf das Glas gravierten Texten. Sie zeigen Bilder von Besitztümern der Kinder, die sie auf ihre Reise in eine unbekannte Zukunft mitnehmen durften, einen Koffer pro Kind. Die Züge fuhren meist mitten in der Nacht ab, erst kurz davor wurden die Eltern informiert. Für lange Verabschiedungen gab es keine Zeit. Die Gegenstände sind oft die letzte Erinnerung, die die Kinder mit ihren Eltern verbindet. Mehr als zwei Drittel von ihnen haben ihre Eltern nie wieder gesehen.
Ort: 1030 Wien, Radetzkystrasse 5/
Ecke Pfefferhofgasse 5
Besuch des Museums nur nach Vereinbarung!
Email: milli.segal@chello.at