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Terrorziel Europa

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St. Pölten: Residenz Verlag 2008.

343 Seiten, Euro 21,90.-

ISBN: 978-3-7017-3100-8

 

Jürgen Elsässer, bekannter deutsche Autor zahlreicher geopolitischer Sachbücher und Investigativjournalist (zuletzt: Wie der Dschihad nach Europa kam, 2005) versucht in diesem Buch nachzuweisen, dass nahezu bei allen terroristischen Anschlägen und Anschlagsversuchen, die islamistischen Gruppierungen zugerechnet werden, westliche Doppelagenten, V-Männer oder Agents Provocateurs eine tragende Rolle spielten. Denn wenn es unbestreitbar ist, dass der islamistische Fundamentalismus eine Realität ist, so wird laut Elsässer sein Potential vor allem von britischen und US-amerikanischen Nachrichtendiensten ausgenutzt, um auf diese Weise Europa immer tiefer in ihren weltweiten Kampf gegen den Islam hineinzuziehen. Das Buch kann, wie Elsässer selbst meint, als Enzyklopädie aller Anschläge und Anschlagsversuche in Europa, für die islamistische Täter verantwortlich gemacht werden, gesehen werden und zeigt zur gleichen Zeit auch eine lange Geschichte der Kooperation vor allem der britischen Geheimdienste und der US-amerikanischen CIA mit islamistischen und anderen Extremisten auf. Kapitel 1 gibt einen Überblick über diese Zusammenarbeit vom Afghanistankrieg der 1980er Jahre des 20. Jahrhunderts bis zu 19/11. Kapitel 2 und 3 beschäftigen sich mit den zwei europaweit agierenden terroristischen Strukturen, auf die nahezu alle Anschläge in Europa zurückzuführen sind: Die so genannte Londoner Zelle rund um die Finsbury Moschee und die süddeutsche Zelle, die sich zunächst in Freiburg gebildet und danach nach Ulm verlagert hatte. Die folgenden zwölf Kapitel untersuchen in detaillierter Weise Attentate, Attentatversuche sowie mutmaßliche Attentatsversuche in Europa in der Zeit ab Mitte der 1990er Jahre, dem Berichtszeitraum des Buches. So unter anderem die so genannte Hamburger Zelle der Flugzeugentführer des 11. September 2001, das Attentat in Madrid 2004, die Anschläge in London 2005, mehrere Attentatsversuche in Berlin, der angeblich vereitelte „deutsche 9/11" von 2007 oder die 2007 in Wien festgenommenen so genannten Cyberterroristen. Kapitel 16 analysiert, wie verdeckte Operationen, die während des Kalten Krieges von der Geheimorganisation Gladio gegen den kommunistischen Feind geplant wurden, nunmehr unter einem anderen Deckmantel gegen den islamistischen Feind fortgeführt werden. In den beiden anschließenden Kapitel zieht Elsässer gewissermaßen seine Schlussfolgerungen und beschreibt, wie seiner Ansicht nach durch geduldeten oder inszenierten Terrorismus eine Situation der Spannung geschaffen werden soll, die als Vorbereitung für einen gigantischen Überwachungsstaat zu sehen ist. Elsässer zeigt sehr komplexe Sachverhalte auf, Sachverhalte, die zum Teil kaum realistisch scheinen sondern eher als Fiktion. Stimmt nur ein Teil der von Elsässer aufgeworfenen Thesen, so ist das Buch in der Tat mehr als beunruhigend. Das Buch gibt sicherlich Anlass, bisher als richtig angenommene Tatsachen zu hinterfragen, die Schlüsse die man dabei ziehen kann, müssen aber nicht unbedingt denjenigen Elsässers entsprechen. „Terrorziel Europa. Das gefährliche Spiel der Geheimdienste" ist auf jeden Fall Anlass genug, sich Gedanken über das Spannungsfeld von Demokratie und Rechtsstaat auf der einen und der Notwendigkeit, die bürgerlichen Freiheiten, um diese gegen den transnationalen Terrorismus schützen zu können, einschränken zu müssen, auf der anderen Seite, zu machen.

 

Thomas Pankratz