Erich Hackl, Evelyne Polt-Heinzl (Hg.): Im Kältefieber. Februargeschichten.
Wien: Picus Verlag 2014.
330 Seiten, gebunden mit Schutzumschlag,
Euro 22,90
ISBN 978-3-7117-2009-2
Am Morgen des 12. Februar fielen vor dem Parteiheim der Sozialdemokratischen Arbeiterpartei in Linz Schüsse. Es war der Auftakt für einen viertägigen Bürgerkrieg mit unzähligen Toten. Er lieferte der Regierung den Vorwand zum Verbot der Sozialdemokratie, machte den Weg in die ständestaatliche Diktatur frei und beeinflusste die politischen Verhaltensmuster Nachkriegsösterreichs nachhaltig.
80 Jahre liegen die Februarkämpfe zurück. Dass die Erinnerung an die Ereignisse von 1934 zu Unrecht verblasst, obwohl aus Gründen demokratischer Traditionspflege mehr darauf rekurriert werden müsste, zeigen Erich Hackl und Evelyne Polt-Heinzl mit ihrer Anthologie „Im Kältefieber" - der bislang umfangreichsten zum Thema. Grundsätzliche Fragen, inwieweit persönliche Freiheiten zum Staatswohle beschnitten werden dürfen oder ab wann Widerstand legitim ist, waren damals so drängend wie heute.
In einer originellen, abwechslungsreichen Auswahl abseits des Literaturkanons - bereichert um ein hilfreiches bio-bibliographisches Register - gibt es viel zu entdecken: Erstmals liegen hier auf Deutsch veröffentlichte Texte vor, kommen vergessene Autoren wie Franz Höllering oder literarische Aussenseiter wie Veza Canetti und Reinhard Federmann zu Wort, wechselt die Perspektive zwischen österreichischen und ausländischen Beobachtern, darunter Anna Seghers und Ilja Ehrenburg. Was sie alle eint, ist ihre Sympathie für die Kämpfenden und die Arbeiter, deren Frauen und Familien. Im literarischen Spannungsbogen zwischen Fiktion und Fakten eröffnen die Texte einen verstörenden Blick auf das Februargeschehen, aber auch auf Vorgeschichte und Nachwirken dieser denkwürdigen Ereignisse.