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Freuds Reisen

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7. März - 5. Oktober 2014 im Sigmund Freud Museum

Die Sonderausstellung „Freuds Reisen. Kulturelles Erfahren - psychoanalytisches Denken" im Sigmund Freud Museum geht ab 7. März 2014 den zahlreichen Reisen nach, die Sigmund Freud beruflich und privat unternahm. Anlässlich Freuds 75. Todestages am 23. September 2014 wird die erzwungene Flucht vor den Nationalsozialisten nach England beleuchtet. Diese letzte Reise führte dazu, dass er nicht in seiner Heimatstadt verstarb, sondern in London. Das Exil ermöglichte ihm, wie er anmerkte, „to die in freedom".

Im Zentrum der Ausstellung stehen weiters die Übersiedlung der Freuds von Freiberg nach Wien als erste Reise des dreijährigen Sigmund, Rundreisen an antike Schauplätze in Italien und Griechenland sowie die 1909 per Schiff unternommene Vortragsreise an die US-Ostküste. Erstmalig sind in Freuds ehemaligen Privaträumen in konzentrierter Form Dokumente und Bilder von den Aufenthalten im In- und Ausland zu sehen. Während die ständige Ausstellung Einblicke in Sigmund Freuds Schaffen inmitten seiner Arbeitsräume - seiner „Gedächtnishöhle" - vermittelt, verweist die Sonderausstellung auf die zentrale Rolle, die weltweite Schauplätze in seinem Leben spielten.

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Anna und Sigmund Freud, VI. Internationaler Psychoanalytischer Kongress in Den Haag 1920. Sigmund Freud Privatstiftung. Mit freundlicher Genehmigung Sigmund Freud Museum Wien.

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Sigmund Freud, Pötzleinsdorf 1931. Sigmund Freud Privatstiftung. Mit freundlicher Genehmigung Sigmund Freud Museum Wien.

Die Ausstellung hat es sich mittels einiger erstmals öffentlich gezeigter Objekte zur Aufgabe gemacht, neben dem Reisen als Erholungs- und Genusserlebnis auch die Bedeutung für Freuds theoretische Arbeit zu untersuchen und eröffnet damit völlig neue Blickwinkel auf die Urlaube und Arbeitsreisen Freuds.

Freuds Reisen

Die Zeit von Mitte der 1890er Jahre bis zum Beginn des Ersten Weltkriegs 1914 markiert den Höhepunkt der Reiseaktivitäten Freuds. Mehrwöchigen Familienurlauben in den österreichischen Alpen oder in Bayern folgten zumeist ausgedehnte Rundreisen in der Begleitung von Familienangehörigen oder Kollegen. Als begeisterter Anhänger der klassischen Kultur besuchte Sigmund Freud immer wieder Italien und auch Griechenland; seine Reisen führten ihn zudem nach Kroatien, England und in die Niederlande sowie 1909 in die Vereinigten Staaten. 1938 flüchtete die Familie vor den Nationalsozialisten über Paris nach London, wo er 83-jährig am 23. September 1939 verstarb. Seine Urlaube ebenso wie Reiseeindrücke aus der Kindheit hatten Einfluss auf die Theoriebildung und stellen einen bedeutenden Faktor in der Entwicklung der Psychoanalyse dar.

Alexander und Harry Freud

Die Ausstellung wird sich auch zwei bisher weniger bekannten Familienmitgliedern widmen: Alexander Freud (1866-1943) galt als einer der führenden Eisenbahnexperten der Monarchie und begleitete seinen Bruder Sigmund zwischen 1895 und 1904 regelmässig auf Reisen. An der k.u.k. Exportakademie hielt Alexander Freud Kurse über das Fracht- und Tarifwesen. 1904 publizierte er sein Werk Die Eisenbahntarife in ihren Beziehungen zur Handelspolitik und übernahm im selben Jahr als Alleininhaber die wöchentlich erscheinende Wirtschaftszeitschrift „Allgemeiner Tarif-Anzeiger" (ATA).

Harry Freud (1909-1968), Alexanders einziger Sohn, bereiste zwischen 1932 und 1939 jene europäischen Städte, die auch sein Onkel Sigmund ein gutes Vierteljahrhundert zuvor besucht hatte. Der leidenschaftliche Fotograf hielt neben privaten, politischen und alltäglichen Ereignissen und Begebenheiten auch seine Reisen fest. 1939 sah sich Harry gezwungen, in die USA zu emigrieren. Ein grosser Teil seines Nachlasses befindet sich im Besitz der Sigmund Freud Privatstiftung und wird in der Ausstellung gezeigt.

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Sigmund Freuds Reise-Spielekassette. Sigmund Freud Privatstiftung/Lierzer. Mit freundlicher Genehmigung Sigmund Freud Museum Wien.

Kindheit, Kulturreisen, Flucht

Die erste Reise führte Sigmund Freud gemeinsam mit seiner Familie als Dreijährigen aus seinem Geburtsort Freiberg in Mähren über Leipzig, Dresden und Prag nach Wien, wo die Freuds sesshaft wurden. Als Erwachsener unternahm er nahezu 20 Fahrten nach Italien: Nach ausgiebiger Vorbereitung besichtigte Freud vor Ort zahlreiche Kunst- und Kulturdenkmäler. Er legte grossen Wert auf Begleitung durch Familie oder Freunde, ebenso wie auf gutes Essen und bequeme Unterkünfte.

Seiner Sammelleidenschaft für Antiken ging er auf den Urlauben intensiv nach, Mitbringsel und Ansichtskarten für Daheimgebliebene mit mehrmals täglich versandten Berichten gehörten zu seinen Routinen. Im Spätsommer 1909 unternahm er seine einzige Reise in die USA. Auf Einladung der Clark University in Worcester, Massachusetts, reiste Freud gemeinsam mit C.G. Jung und Sándor Ferenczi für knapp ein Monat in die Staaten.

Die letzte, von Krebs und Alter gezeichnete Reise war Freuds Flucht vor den Nationalsozialisten: Am 15. März 1938 betrat ein SA-Trupp die Berggasse 19, um die Wohnung der Freuds zu durchsuchen. Am 22. März 1938 fand eine Razzia der Gestapo in Freuds Räumlichkeiten statt. Anna Freud wurde verhaftet, erst nach stundenlangem Verhör kehrte sie zurück. Diese Bedrohung führte zum spät gefassten Entschluss zur Flucht aus Wien nach London: Sigmund, Martha und Anna Freud verliessen Wien am 4. Juni 1938 für immer.

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Sigmund und Anna Freud in den Dolomiten 1913. Sigmund Freud Privatstiftung. Mit freundlicher Genehmigung Sigmund Freud Museum Wien.

Freuds Reisen

  

Kulturelles Erfahren - psychoanalytisches Denken

Ausstellung im Sigmund Freud Museum

Ab 7. März 2014

Kuratiert von Daniela Finzi und Simone Faxa

Täglich 10-18 Uhr

Berggasse 19, 1090 Wien

www.freud-museum.at