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Wolfgang Hildesheimer: „Alles andere steht in meinem Roman“.
Zwölf Briefwechsel.
Herausgegeben von Stephan Braese gemeinsam mit Olga Blank und Thomas Wild.
Berlin: Suhrkamp Verlag 2017.
539 Seiten, gebunden, Euro 48,00
ISBN 978-3-518-42769-9
Wolfgang Hildesheimer (1916 – 1991), einer der bedeutendsten deutsch-jüdischen Schriftsteller der Nachkriegszeit, 1966 ausgezeichnet mit dem Georg Büchner Preis, wuchs als Sohn des Chemikers Arnold Hildesheimer und seiner Frau Hanna Goldschmidt in Hamburg und ab 1923 in Mannheim auf. Arnold, Enkel des Rabbiners von Eisenstadt und Gründers des orthodoxen Rabbinerseminars in Berlin Esriel Hildesheimer, war zwar nicht mehr religiös, aber ein engagierter Zionist. Im Haus Hildesheimer in Mannheim verkehrten Chaim Weizmann, Leo Motzkin und Martin Buber. 1933 emigrierte die Familie nach Palästina, sie lebte in Rehavia in Jerusalem und ab 1937 in Haifa, und Wolfgang Hildesheimer begann eine Tischlerlehre. Von 1937 bis 1939 absolvierte Hildesheimer die Central School of Arts and Crafts in London. Ab 1939 lebte er wieder in Jerusalem, wo er 1943 Mitarbeiter des britischen Public Information Office wurde.
Von 1947 bis 1949 war Hildesheimer Simultandolmetscher bei den Nürnberger Kriegsverbrecherprozessen, eine Erfahrung, die sein Werk nachhaltig prägte. Bis 1957 lebte er als Maler und Schriftsteller in Bayern. 1952 heiratete er die Malerin Silvia Dillmann. 1953 besuchten sie Israel, wo Hildesheimers um zwei Jahre ältere Schwester Eva Teltsch lebte. 1957 übersiedelte das Paar nach Poschiavo in Graubünden in der Schweiz.
1991 erschien eine Gesamtausgabe seiner Werke in sieben Bänden. In dem 1978 publizierten Essay Mein Judentum fand Hildesheimer keine Worte für ein positiv gelebtes Judentum, aber er schrieb: „Juden, die ihr Judentum verleugnen, haben für mich etwas leicht Verächtliches […].“
Stephan Braese, Ludwig-Strauss Professor für Europäisch-jüdische Literatur- und Kulturgeschichte in Aachen, hat 2016 eine genau recherchierte und gut geschriebene Biographie Hildesheimers vorgelegt. Der vorliegende, kompetent eingeleitete und kommentierte Briefband zeigt vor allem Hildesheimers Engagement und Leiden an Deutschland. Die Korrespondenz mit Hermann Kesten dokumentiert die Entstehungsgeschichte des Sammelbandes Warum lebe ich nicht in der Bundesrepublik. Mit Hans Magnus Enzensberger hätte Hildesheimer 1967 gerne an einer Israelnummer des Kursbuchs mitgewirkt, wozu der Herausgeber sich jedoch nicht durchringen konnte. 1970 bat er seinen Verleger Siegfried Unseld vergeblich, eine Pro-Israel: Petition zu unterzeichnen.
Evelyn Adunka