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Leserbrief vom 12. Januar 2023:
Die Quelle des demokratischen sozialen Rechtsstaates.
Freuen Sie sich auch immer auf das arbeitsfreie Wochenende? Geht Ihr Kind auch seit dem 6. Geburtstag kostenfrei zur Schule? Wohnt in Ihrer Nachbarschaft ein Mensch, der dort Asyl gefunden hat? Sind Sie auch schon einmal in einem Rechtsstreit in die Berufung gegangen? Mussten Sie wegen einer Gesetzesübertretung schon einmal eine Geldbusse zahlen? Bekommt erst ihr Haustier sein Futter, ehe Sie sich an den Tisch setzen? Ist für Sie die Unantastbarkeit der Menschenwürde eine Selbstverständlichkeit?
Die Kriterien eines demokratischen und sozialen Rechtsstaats sind uns heute selbstverständlich. Wir wissen, dass sie in der jüngeren Vergangenheit erfolgreich erkämpft wurden. Wir feiern sie als das Ergebnis unserer jüngeren Geschichte. Dabei sind sie uralt, über 2.500 Jahre. Sie wurden nur nicht beachtet, und wenn, dann von einer kleinen Minderheit der Menschheit. Die jüdische Thora enthält zahlreiche Vorschriften, die auch für das heutige gesellschaftliche Leben richtungweisend sind.
Als der griechische Historiker Herodot auf seinen Reisen nach Israel und Judäa kam, fand er es höchst merkwürdig, dass dort an einem Tag der Woche nicht gearbeitet wurde. Zwar wusste er, dass auch die Griechen und andere Völker gern einmal einen Ruhetag zu Genuss und Feierlichkeit einlegten, aber das war immer den Wohlhabenden und Herren vorbehalten. Hier waren aber auch die Knechte und Mägde, sogar die Haustiere von der Arbeit befreit. Das liess ihn das Schlimmste für die jüdische Gesellschaft befürchten. In der Thora ist dieser freie Tag im 2. Buch Mose, Kapitel 20, Vers 8 als Pflicht beschrieben. Damit ist gleichzeitig auch die Siebentagewoche, wie wir sie heute zählen, festgelegt. Die ganze Welt zählt heute ihre Wochen so.
Verfolgten soll man Asyl gewähren. Das schreibt das 2. Buch Mose in Kapitel 21, Vers 13 vor. Sechs Städte hatten die Aufgabe, Verfolgte vor gesetzloser Lynchjustiz zu schützen. Vor dem Gesetz sind alle Menschen gleich. Das ist nicht in allen Gesellschaften der Fall. Mal werden Frauen benachteiligt, mal Andersgläubige, mal Arme und mal Fremde.
Im 3. Buch Mose, Kapitel 19, Vers 15 heisst es „Ihr sollt nicht unrecht handeln im Gericht, und sollt nicht vorziehen den Geringen noch den Grossen ehren; sondern du sollst deinen Nächsten recht richten“. Das war in der Antike in der Regel nicht der Fall und ist es auch heutzutage in vielen Staaten nicht. Es war der Schwiegervater von Moses, Jethro, der ihm den Rat gab, sich nicht in 1.000 Kleinigkeiten zu verzetteln, sondern ein differenziertes Gerichtswesen mit unterschiedlichen Instanzen einzurichten (2. Buch Mose, Kapitel 18, Vers 13 ff), in dem ehrenhafte Mitglieder der Gesellschaft Recht sprechen sollten. Da konnte dann ein Kläger oder Beklagter, der in einer unteren Instanz sich ungerecht beurteilt fühlte, in höheren Instanzen sein Recht suchen.
Der babylonische Herrscher Hammurabi legte in seinen Gesetzen fest, dass Gleiches mit Gleichem zu vergelten sei. Wer ein Auge verletzt, verliert ein Auge, das ist das ius talionis. Solche Rechtsvorschriften, die Körperverletzungen als Strafe vorsehen, waren im Orient häufig und sind es auch heute noch in muslimischen Staaten. Da werden als Spiegelstrafe Körperteile amputiert, zum Beispiel dem Dieb die Hand abgehackt, die Augen geblendet, und Prügel sind verbreitete Strafen. Mit dieser Praxis bricht die Thora. Im 21. Kapitel des 2. Buch Moses wird dagegen die Geldbusse als Strafe vorgeschrieben, damit der Geschädigte für seinen Schaden Genugtuung erhält und der Schädiger nach Leistung der Geldbusse wieder seinem normalen Leben nachgehen kann.
Die Allgemeine Schulpflicht kennen wir erst seit dem 18. Jahrhundert. Aber bereits im Jahr 64 nach unserer Zeitrechnung verfügte der Rabbi Ben Gamla eine Schulpflicht für alle Kinder ab dem 7. Lebensjahr. Der Schulbesuch sollte gratis sein, die Kosten sollte die Gemeinde übernehmen. In einer Schulklasse sollten nie mehr als 25 Kinder gleichzeitig unterrichtet werden. Haben unsere Bildungspolitiker vielleicht bei Ben Gamla abgeschrieben?
Nicht nur die Menschen, auch die Tiere wurden rechtlich geschützt. Im 5. Buch Mose, Kapitel 25, Vers 4 wird untersagt, dem Ochsen bei der Arbeit das Maul zuzubinden, und im Talmud wird gelehrt, dass wir zuerst die Haustiere füttern sollen, ehe wir uns selbst zu Tisch setzen.
Die grösste gesellschaftliche Revolution der Thora ist die Verkündung des Monotheismus. Die griechischen G‘tter waren zahlreich, untereinander oft zerstritten und wahrlich keine Vorbilder, denn sie begingen die gleichen Verstösse gegen die Regeln der Sittlichkeit wie die Menschen. Sie waren nach den Menschen gemacht, und der Olymp war kein Paradies. In anderen Gesellschaften war es nicht viel anders. Die Verkündung des einen G‘ttes in der Thora, der die Menschen gemacht hat in seinem Plan nach seinem Bild, ist die Quelle des Grundsatzes der Gleichheit aller Menschen und der unantastbaren Würde aller Menschen.
Manfred Wolff
Leserbrief vom 6. März 2023:
Der Stellvertreterkrieg zwischen Russland und den U.S.A., der auf Kosten der Ukraine, aber auch der EU ausgetragen wird, sollte endlich ein Ende nehmen.
Österreich ist trotz seiner immerwährenden Neutralität indirekt via EU beteiligt. Die aktuelle Friedensbewegung hat unter der Anleitung von Sahra Wagenknecht und Alice Schwarzer ihren Anfang genommen und wird in naher Zukunft, wie zu hoffen ist, immer grösser werden.
Der Vietnamkrieg, der seinerzeit 20 Jahre lang gedauert hat, hat erst sein Ende gefunden, als offensichtlich die Mehrheit der friedliebenden Menschen in Ost und West durch ihre Proteste die Initiative im öffentlichen Bewusstsein ergriffen hat. Der seinerzeitige US-Aussenminister Henry Kissinger war am Friedensschluss massgeblich beteiligt, wofür er gemeinsam mit seinem nordvietnamesischen Gegenspieler Le Duc Tho 1973 den Friedensnobelpreis bekommen hat.
Henry Kissinger wird am 27. Mai 2023 100 Jahre alt werden. Er fordert nun aufgrund seiner langjährigen Erfahrung als Aussenpolitiker (zuletzt bei der internationalen Tagung in Davos), dass der Krieg in der Ukraine durch Verhandlungen ein Ende nehmen muss. Voraussetzung dafür wird sein, dass die Ukraine als das Ergebnis von Friedensverhandlungen einen international gesicherten Status der Neutralität gewinnt (vergleichbar mit Österreich), die Halbinsel Krim russisch bleibt und die Oblasten im Osten aufgrund eines Volksentscheides unter Aufsicht der UNO ihre Zugehörigkeit zur Ukraine oder Russland selbst bestimmen können. Diese Lösung wird auf Dauer nicht aufzuhalten sein, wenn der Krieg nicht viele Jahrzehnte fortdauern oder womöglich in einen Dritten Weltkrieg münden soll.
Mit freundlichen Grüssen
Professor Dr. Rudolf O. Zucha, Wien und Villach
Leserbrief vom 31. Dezember 2022:
Zum Beitrag „Zur Gedenkveranstaltung der Stadt Wels am 9. November 2022“, Heft 135, Chanukka 2022.
Die Welser Initiative gegen Faschismus ist eine lokale Organisation des Mauthausen Komitees. Sie hat die lange verdrängte Geschichte der Welser Jüdinnen und Juden wieder ins öffentliche Bewusstsein gebracht. Inzwischen ist diese Geschichte erforscht und dokumentiert. Jedes Jahr verleiht die Initiative einen Preis, der nach Elfriede Grünberg (1929 – 1942) benannt ist. Das jüngste Welser Holocaust-Opfer wurde im Alter von 13 deportiert und ermordet. Die Initiative konnte auch ein Denkmal für die jüdischen Bürgerinnen und Bürger der Stadt durchsetzen. Seit 2004 befindet sich dieses Denkmal im Pollheimerpark.
Schon 25 Jahre lang lädt die Welser Initiative gegen Faschismus um den 9. November zu einer Pogromnacht-Kundgebung ein. Mehr als 40 religiöse, politische, gewerkschaftliche, kulturelle und humanitäre Organisationen tragen diese Gedenkveranstaltung mit, darunter auch die Israelitische Kultusgemeinde Linz. Von 2001 bis 2015 wurde die traditionelle Kundgebung gemeinsam mit der Stadt Wels durchgeführt. Als der FPÖ-Politiker Andreas Rabl Bürgermeister wurde, lehnte die Welser Initiative gegen Faschismus eine Fortsetzung der Kooperation ab.
Erst im September 2022 hat Rabl ein Treffen rechtsextremer und antisemitischer Burschenschafter mit Steuergeld gefördert und die „Schlagenden“ persönlich empfangen. Ausserdem strebt er ein Campierverbot für durchreisende Roma und Sinti an, obwohl ein solches vom Land Oberösterreich schon einmal als rassistisch aufgehoben wurde. Nicht zuletzt hat die Welser FPÖ versucht, einen Fussgängerübergang in den Regenbogenfarben – ein Zeichen der Toleranz – zu verhindern, ist damit allerdings gescheitert.
Wie hat Cornelius Obonya, Präsident der Aktion gegen den Antisemitismus, schon im Jahr 2017 an Bürgermeister Rabl geschrieben:
„Wenn ein offizielles Holocaust-Gedenken der Stadt Wels Sinn haben soll, müssen Sie gegen die antisemitischen Vorkommnisse in Ihrer Partei konsequent und öffentlich Stellung beziehen, oder aber Ihre Mitgliedschaft in dieser Gesinnungsgemeinschaft überdenken.“
Mag. Werner Retzl, Vorsitzender der Welser Initiative gegen Faschismus
Leserbrief vom 16. März 2023:
Sehr geehrter Herr Beresin,
Sie erinnern sich sicherlich daran, dass ich im Jahr 2016 bei Ihnen in der von mir sehr geschätzten Zeitschrift DAVID meinen Aufsatz „Wohin mit dem Moses?“ veröffentlichen konnte. Nun endlich hat das doch Früchte getragen. Nach langem Zögern wurde nun im Museum für Geschichte in der Sackstraße in Graz (Abteilung des UM Joanneum) diese Moses-Statue (Replik des bekannten Moses von Michelangelo) doch aufgestellt, als Zeugnis des schrecklichen Schicksals ihres ehemaligen Eigentümers, des Herrn Adolf Bauer aus Wien. Nun ist auch die Erläuterung dazu richtig gestellt (zuvor war sie falsch) und ich hoffe, dass mein damaliger Aufsatz über die Geschichte dieser Statue auch noch in den dortigen, umfangreicheren Erläuterungen Platz finden wird. Jedenfalls bin ich mit der dortigen Direktorin, Frau Dr. Bettina Habsburg-Lothringen im Kontakt. Anlass der Aufstellung der Moses-Statue war die Ausstellung „Warum? Die Steiermark im NS“, die im Herbst vergangenen Jahres hier in Graz eröffnet wurde.
Mit freundlichen Grüssen,
Dr. Wolfgang J. Pietsch, Graz
Leserbrief vom 23. Februar 2023:
Zu Heft 135, Chanukka 2022.
Sehr geehrter Herr Ilan Beresin!
Die Arbeit, die Zeitschriften wie die Ihre für unsere Gesellschaft leisten, ist nur schwer in deren Wichtigkeit zu erfassen. Daher freut es mich sehr, dass Sie sich bereits jetzt an die Sozialdemokratie Niederösterreichs wenden, um auch in Zukunft eine gute Basis der Zusammenarbeit sicherzustellen. Diese ist selbstverständlich auch in unserem, beziehungsweise meinem ganz persönlichen Sinne.
Ich verbleibe mit den besten Grüssen und wünsche Ihnen alles Gute!
Mag. Sven Hergovich, desg. Landesparteivorsitzender
Sozialdemokratische Partei Niederösterreich
Leserbrief vom 15. März 2023:
Guten Tag, geehrter Herr Beresin,
Danke für Ihren Brief und für Ihre warme Worte.
Unsere Spende an die Zeitschrift DAVID ist nicht so grosszügig wie Sie meinen. Wir würden gerne auch mehr ausgeben. Allerdings geben wir regelmässig Spenden auch an andere jüdische Einrichtungen, an Tierheime, Gesundheitsorganisationen – mehr geht leider nicht: wir haben drei Kinder (der älteste heisst auch David), Hund und Katze aus dem Tierheim. Trotzdem finde ich Ihre Zeitschrift grossartig und wir werden sie/Sie weiterhin unterstützen
Mit freundlichen Grüßen, with best wishes
Dipl.-Ing. Janos Halasz, Linz
Lieber, verehrter Herr Regierungsrat Beresin,
Soeben habe ich per Post die Sommerausgabe 2023 Ihrer Kulturzeitschrift „DAVID“ erhalten und damit wieder eine Publikation, die ich mit grösstem Interesse lese. Es sind ja nicht nur die Rückblicke in die jüdische Geschichte Österreichs und Südosteuropas, sondern nicht zuletzt auch die Beiträge, die bedeutender jüdischer Persönlichkeiten des geistig-kulturellen und politischen Lebens gedenken. Die jüdische Diaspora ist schliesslich nicht auf geographische Räume beschränkt, sondern verdankt das Überleben der Judenheit post exodus dem globalen interfamiliären Austausch.
Wie könnte ich an dieser Stelle versäumen, Ihnen und Ihren Mitarbeitern im Anschluss an die schon traditionellen Grussworte vieler prominenter Absender, wenn auch nur nachträglich und in aller Bescheidenheit, ebenfalls einen erholsamen Sommer zu wünschen.
Es grüsst Sie sehr herzlich,
Ihr Werner Kaltefleiter, Wiesbaden
21.08.2023
Lieber Herr Beresin,
Vielen Dank für alle Ihre Mühen, so eine tolle Zeitschrift zu produzieren.
Und auch ich wünsche Ihnen und Ihren Lieben von ganzem Herzen einen noch schönen Sommer und gute Vorbereitungen fürs Neujahrsfest und dann einen guten Start ins Neue Jahr. Danke für Ihre Erklärungen dazu beim letzten Telefonat. Es war sehr interessant für mich.
Mit lieben Grüssen aus dem heissen Innsbruck,
MMag. Dr. Gisella Schiestl
Referentin des Bischofs
Bischofsbüro
Diözese Innsbruck
Domplatz 5
6020 Innsbruck
Leserbriefe
Sehr geehrter Herr Beresin,
Ich habe die bis jetzt erhaltenen Ausgaben von DAVID mit grossem Interesse gelesen. Alles Geschichtliche vor allem: Ich stamme ja mütterlicherseits aus einer im ehemaligen Böhmen recht bekannten Familie, weiss aber über die Länder der ehemaligen Donaumonarchie (Ungarn vielleicht ausgenommen) beschämend wenig. Auch die Ankündigungen der diversen Ausstellungen werden mir bei meinen gelegentlichen Reisen nach Österreich wichtige Tipps geben. Die Bücher, auf die Sie hinweisen - einige habe ich im nahen Penzberg schon bestellt!
Martin Focke, Benediktbeuern
Lieber Herr Reg R Beresin CR!
In tiefstem Mitgefühl und tiefster Erschütterung über das grösste antisemitische Massaker seit dem Holocaust in Israel.
Herzlich,
Ihr Rainer Hölger
Auch im Burgenland möchte ich entsprechende Veranstaltungen geben.
Lieber Herr Regierungsrat, liebe Frau Walzer,
Von der Prinzeninsel Burgaz nahe Istanbul möchte ich Ihnen ein herzliches Schana Tova uMetuka zurufen und bei dieser Gelegenheit auch erwähnen, dass ich mich geehrt fühle, Artikel in Ihrer ausgezeichneten Quartalsschrift DAVID veröffentlichen zu können.
Auf eine weitere Zusammenarbeit und alles Gute für ein gesundes & erfolgreiches 5784!
Mit besten Grüssen,
Dr. Robert Schild
Lieber Herr Beresin!
Ich bin von dem neuen Layout des DAVID so begeistert.
Liebe Grüsse,
Alexander Verdnik
Leon Zelman-Preis für Dialog und Verständigung 2023 geht an die Kulturvermittlerin Hannah Landsmann
Seit 2000 bringt Hannah Landsmann als Leiterin der Abteilung Kommunikation und Vermittlung im Jüdischen Museum Wien generationsübergreifend Besucher:innen von 4 – 99 aus dem In- und Ausland das jüdische Leben in Wien in all seinen Facetten und seine für Wien bedeutende Geschichte näher. Als Doyenne der Vermittlungsarbeit in Jüdischen Museen hat sie zahlreiche unterschiedliche Bildungsformate geschaffen und vor allem auch im Rahmen der Holocaust Education in Zusammenarbeit mit Schulen Pionierarbeit geleistet.
Die Preisträgerin Hannah Landsmann trägt durch ihre langjährige umfangreiche Vermittlungsarbeit wesentlich dazu bei, ein öffentliches Bewusstsein in Bezug auf die jüdische Kultur herzustellen. Mit Engagement und Empathie führt sie durch die Dauerausstellung über das Jüdische Wien und die Wechselausstellungen, immer im Gespräch mit den Besucher:innen unterschiedlicher Herkunft. Dies gilt insbesondere für Holocaust-Überlebende und ihre Nachkommen, hier erfüllt Landsmann ganz im Sinne des Namensgebers des Preises eine Brückenfunktion und trägt mit ihrer pädagogischen Arbeit wesentlich zum Dialog zwischen dem heutigen Wien und den Überlebenden der NS-Verfolgung bei.
Milli Segal, Agentur für Presse, PR und Veranstaltungen, Wien
Hannah Landsmann. Foto: Wulz, mit freundlicher Genehmigung M.Segal.
27. Februar 2024
Zehn Mythen zum Nahostkonflikt
Dr. Theodor Much (Generalsekretär Bnai Brith)
Kein Land der Welt wird so häufig wie Israel von unterschiedlichen Seiten, darunter auch von undemokratischen Staaten denen Menschenrechte ein Fremdwort ist, heftig kritisiert. Kritik an Israels Regierung und Vorgehensweise im Zuge des Nahostkonflikts sind durchaus legitim, aber nur solange diese Kritik seriös und ausgewogen ist. Bedauerlicherweise ist Kritik an Israel nicht selten hasserfüllt und verlogen, oftmals durch Unkenntnis der Geschichte geprägt. Daher erscheint es notwendig Mythen, die nicht der Wahrheit entsprechen, zu widerlegen. Dabei geht es auch um antisemitisch geprägte Anschuldigungen, die durch drei Kriterien gekennzeichnet sind: Dämonisierung des Landes, Delegitimierung des Existenzrechts Israels und Doppelstandard der Kritik (die sogenannten 3Ds).
Mythos 1: „Die Hamas ist eine Befreiungsorganisation, die lediglich gegen Unrecht und Unterdrückung kämpft“.
In Wirklichkeit ist die Hamas eine radikal islamistische Terrororganisation, die den Jihad gegen alle „Ungläubigen“ - Christen und Juden - propagiert, offen zur Vernichtung Israels und zur Ermordung von Juden in aller Welt aufruft (siehe: Hamas Charta, Artikel 7), Demokratie verachtet und Frauen als Besitz des Mannes sieht. Eine Terrororganisation, die seit ihrer blutigen Machtergreifung in Gaza unzählige Raketen regelmäßig auf israelische Orte und Brandsätze in israelisches Gebiet schießt, auch Selbstmörder ausschickt, die im Namen Gottes Zivilisten ermorden. Die Hamas will auch keine Zweistaatenlösung, sondern eine einzige islamistische Entität in Palästina errichten. Anstatt die Milliardenbeträge - Spenden aus aller Welt - für den Aufbau von Gaza zu verwenden, flossen die Gelder entweder in die Taschen der Hamasanführer oder in militärische Anlagen (eine ganze unterirdische, untertunnelte Stadt) und militärische Aufrüstung investiert. Mit dem bestialischen Massaker am 7.Oktober, mit rund 1400 Ermordeten und hunderten Verschleppten sollte der Welt klar sein, welches Gedankengut die Hamas vertritt. Doch scheinbar ist das nicht überall der Fall.
Mythos 2: „Der Gazastreifen ist ein Freiluftgefängnis, das durch Israel von der Welt abgeschnitten ist“
In Wirklichkeit hat Israel im Jahr 2005 das im 6-Tagekrieg eroberte Gaza freiwillig verlassen und eine intakte Infrastruktur (incl. Flughafen) hinterlassen. All das wurde von der Hamas ganz bewusst zerstört. Seither versorgt Israel die Palästinenser in Gaza mit Energie, Nahrungsmittel und Medizin. Zehntausende Arbeiter aus Gaza durfte ihr Geld in Israel verdienen. Anders als Ägypten hat Israel den Gazastreifen nie total abgeriegelt.
Mythos 3: „Israel ist ein Apartheid- und Kolonialstaat“
Israel ist die einzige Demokratie im Nahen Osten. Das zeigt auch ein Blick auf den internationalen Demokratieindex, der britischen Zeitschrift „The Economist“. Hier schneidet Israel besser ab als diverse westliche Staaten wie u. a. Spanien, USA, Italien und Portugal. Israel als Apartheidstaat zu bezeichnen ist unsinnig. Denn alle Bürger des Landes - auch die Araber Israels - genießen gleiche Rechte. Die arabischen Staatsbürger haben ihre Vertreter in der Knesset, sind in allen Berufen vertreten und eine physische Trennung nach „Rassen“ (wie es in Süd-Afrika einst war) existiert nicht. Wenn ein Staat fremdes Land, gewaltsam - und vor allem aus wirtschaftlichen Gründen - ausbeutet, spricht man von „Kolonialismus“. Doch genau das trifft auf Israel nicht zu.
Mythos 4: „Israel als Aggressor“
Alle großen Kriege der Jahre 1948 (Unabhängigkeitskrieg), 1967 (6-Tagekrieg) und 1973 (Yom Kippurkrieg), waren Folge von Angriffen der arabischen Staaten. Im Jahr 1948 griffen fünf arabische Armeen Israel an im Bestreben einen jüdischen Staat zu verhindern und sie unterlagen. Israel hat auch den UNO-Teilungsplan von 1947, ganz im Gegensatz zur arabischen Seite, akzeptiert. Hätten die Araber den Teilungsplan angenommen und Israel nicht angegriffen, gäbe es längst einen Staat Palästina.
Mythos 5: „Arabische Nakba“
Im Jahr 1948 verließen lt. offiziellen Berichten der UN-Vermittler für Palästina 472.000 Araber ihre Wohngebiete, kritische Historiker sprechen heute von 600.000 bis 700.00 Flüchtlingen. Viele von ihnen in Erwartung des Sieges der arabischen Armeen und auf Anordnung arabischer Führer, andere wurden während der kriegerischen Auseinandersetzungen vertrieben. Doch 160.000 Palästinenser verblieben in ihren Dörfern und Städten, sie alle erhielten die israelische Staatsbürgerschaft, und heute sind es an die zwei Millionen. Die Flüchtlinge wurden in ihren (muslimischen) Gastländern nie integriert, sondern bewusst in Flüchtlingslagern eingesperrt. Gleichzeitig wurden rund 900.000 Juden aus ihren arabischen Heimatländern vertrieben, ihr gesamter Besitz eingezogen. Sie wurden in Israel, tw. In Frankreich, aufgenommen und integriert. Im Gegensatz zu allen anderen Flüchtlingen weltweit, wird nur bei den arabischen Flüchtlingen der Flüchtlingsstatus durch die Vereinten Nationen, jetzt schon in 8. Generation, vererbt. Die jüdische Nakba ist hingegen in Vergessenheit geraten.
Mythos 6: „In arabischen Staaten wurden die Juden, ganz im Gegensatz zu Europa, stets gut behandelt, sie waren respektierte Staatsbürger“
In Wirklichkeit waren Juden, auch Christen, im islamischen Raum Bürger zweiter Klasse. Sie waren Schutzbefohlene (Dhimmis), mit weit geringeren Rechten als muslimische Staatsbürger und oftmals gedemütigt. Auch im islamischen Raum gab es zu allen Zeiten immer wieder antijüdische Pogrome so u. a. in Granada im Jahr 1066, mit mindestens 6000 Ermordeten Juden oder in Fez, Algier, Jerusalem oder Hebron etc. Auch der Hitlerfreund der Großmufti von Jerusalem Amin Al Husseini, war maßgeblich an der Ermordung von tausenden Juden am Balkan führend beteiligt. Der islamische Judenhass ist uralt und zum Teil durch judenfeindliche Passagen in Koran und Hadithen begründet. Heute ist der Antisemitismus unter Muslime weit virulenter als unter Christen.
Mythos 7: „Der Konflikt zwischen Arabern und Israelis ist in erster Linie Folge der Errichtung von jüdischen Siedlungen im Westjordanland“
Nein. Der Konflikt zwischen beiden Parteien besteht seit rund 100 Jahren, also lange vor dem 6-Tagekrieg. Schon am 23. August 1929 wurden 67 Juden in Hebron massakriert und der blutige antijüdische Terror der Fedajin (Freischärler), die aus Jordanien und Ägypten agierten, begann im Jahre 1948. Dieser Terror hat seither nie aufgehört.
Mythos 8: „Israels Armee muss verhältnismäßig agieren“
Israel wurde der Gazakrieg am 7.10. aufgezwungen. Israel kämpft nicht aus kolonialistischen Gründen, sondern um die Macht der Jihadisten zu brechen und so die eigene Bevölkerung vor weiteren Massakern zu schützen. Es ist eine noch nie zuvor dagewesene militärische Auseinandersetzung, gegen einen erbarmungslosen, fanatischen und mörderischen Feind, der sich hinter Zivilisten in Tunnels, Krankenhäuser, Kindergärten und Moscheen versteckt und von dort aus auch Israel mit tausenden Raketen beschießt. Um die Macht der Hamas zu brechen kann Israel nicht auf den Einsatz seiner Luftwaffe verzichten. Doch Israel agiert in diesem Krieg weit humaner als alle anderen Staaten es tun oder je taten, indem es Zivilisten vor Bombardierungen vorwarnt und ihnen die Möglichkeit gibt, sich in Sicherheit zu bringen. Trotzdem wird Israel „Völkermord“ vorgeworfen. An den tausenden Toten trägt nur die Hamas die Verantwortung, die jederzeit die Möglichkeit hätte die Geiseln freizulassen und den Krieg zu beenden. Doch Islamisten ist das eigene Leben und das der Zivilisten egal, denn sie sterben ja alle als Märtyrer für den Jihad. Und was heißt „verhältnismäßig“? Muss Israel für jeden ermordeten Staatsbürger genauso viele Gaza Bewohner umbringen, ganz im Sinne von „Auge um Auge“ agieren? Wobei das „Auge um Auge“ Prinzip im Judentum nie eine Rolle spielte. Denn dieses biblische Talionsgesetz war stets ein Sozialgesetz, das Opfern im Sinne von „Maß für Maß“ eine gerechte Entschädigung sichern sollte.
Mythos 9: „Wenn Israel seinen Krieg gegen die Hamas bedingungslos einstellt, kehrt wieder Friede ein“
Diese Forderung ist naiv und blauäugig. Denn dann würde die Hamas sich als Sieger sehen und ihren Terror wieder aufnehmen. Noch schlimmer: eine „siegreiche“ Hamas würde so noch weit mehr Anhänger in der gesamten islamischen Welt gewinnen und zum Vorbild zum Kampf gegen alle „Ungläubigen“ weltweit werden. Ein Friede zwischen Palästinensern und Israelis wäre dann ein Ding der Unmöglichkeit.
Mythos 10: „Ein Palästinenserstaat muss sofort her“
Israel hat sowohl unter Ministerpräsident Rabin als auch später unter Ministerpräsident Barak einer Zweistaatenlösung zugestimmt, Doch es scheiterte an Jassir Arafat, der weiterhin auf Terror setzte und unrealistische Forderungen stellte, so unter anderem die Rückkehr von Millionen „Flüchtlinge“ in ihre alten Behausungen. Eine Forderung, die Israel nicht akzeptieren kann, ohne seine Existenz als jüdischer und demokratischer Staat aufs Spiel zu setzen. Denn ein zweites Libanon kann sich die Region nicht leisten. Gäbe es jetzt freie Wahlen im Westjordanland, dann würde die Terrororganisation Hamas klar gewinnen und aus nächster Nähe alle großen Städte Israels bedrohen. Die Zweistaaten Lösung ist nur unter einer gemäßigten palästinensischen Führung möglich, die aber derzeit weit und breit nicht zu sehen ist.
Es ist daher erforderlich Mythen und antijüdische Vorurteile beim Namen zu nennen, mit der antisemitischen Dämonisierung des Landes Schluss zu machen und Israel das Recht auf Selbstverteidigung zubilligen.
Dr. Theodor Much (Generalsekretär Bnai Brith), 27. Februar 2024
Lieber Herr Beresin,
Entschuldigen Sie bitte, dass ich verspätet meiner Dankesschuld für die Zusendung der jüngsten DAVID-Ausgabe nachkomme, verbunden mit zwar überfälligen, doch herzlich gemeinten Grüssen und guten Wünschen zu Chanukka 5784 – aus gegebenem Anlass mit besonderem Nachdruck.
DAVID bietet dem Leser wiederum eine Vielzahl von Themen, die über den spezifischen Gegenstand hinaus einen historischen Kontext ansprechen. Darin sehe ich eine besondere Leistung der Kulturzeitschrift gerade auch für jüngere Leser, deren Aufmerksamkeit vermutlich stärker von den aktuellen Ereignissen beansprucht wird, Gaza und die Ukraine, um Beispiele zu nennen, und die auch im Fokus der publizistischen Auseinandersetzungen stehen.
Wie geradezu unverzichtbar die Beiträge sind, die an die Jahre der Finsternis unter dem Hakenkreuz erinnern, muss ich angesichts des Auftriebs, den die rassistisch grundierte Homophobie unserer Tage erfährt, nicht betonen. Das geht ja inzwischen bis hin zu einer neuen Art „Blutschutzgesetz“ nach Donald Trump. Nationalistische Ideologien verbünden
sich mit militantem religiösem Fanatismus.
Lassen Sie mich einen Faden ziehen, der vermutlich alles andere als Meinung ist: Im Jahre 1096 erreichte ein Kreuzfahrer-Heer die Stadt Mainz am Rhein – blutige Zwischenstation auf dem Weg, das „christliche“ Jerusalem von arabisch-islamischer Okkupation zu befreien. Der „Marschbefehl“ des Papstes im Namen G‘ttes (Deus lo vult) wurden von seinen Kriegern offensichtlich radikaler interpretiert: Sie machten die jüdische Gemeinde von „Magenza“
nieder. Neunhundert Jahre später, an jenem 7. Oktober 2023, fallen menschliche Bestien über Frauen und Kindern her, über kranke und betagte Menschen – zerfleischen sie mit dem Ruf „Allahu akbar“. Zwischenzeitlich hatte ein von Megalomanie Besessener verkündet: „In dem ich mich des Juden erwehre, kämpfe ich für das Werk des Herrn“ (A. Hitler: Mein Kampf). So ist das, wenn Religion sich wie Gift in Köpfen festsetzt, mit dem Anspruch,
im Alleinbesitz der Wahrheit zu sein.
Deshalb scheint es mir so wichtig zu sein, die geschichtlichen Wurzeln im Blick zu halten. Dann kann es nicht geschehen, dass ein deutscher Bundeskanzler (Herr Scholz) bei seiner Rede in einer Berliner Synagoge (sic!) im Gedenken an die Opfer des 9. November 1938, den evangelischen Theologen Martin Niemöller zitiert – zwar mit einer wohlmeinenden Aussage desselben, aber nicht eingedenk, dass dieser Martin Niemöller eben nicht nur
„Kirchenmann und Pazifist“ war und „persönlicher Gefangener Hitlers“, sondern auch Antisemit. Er hat erst spät, als er in Dahlem war, angefangen, in theologischen Kategorien zu denken, aber was man so kulturellen oder gesellschaftlichen Antisemitismus nennen kann – die Juden, die uns zum Opfer machen, die sich zu viel Einfluss rausnehmen – das hatte er nicht 1933 abgelegt, auch nicht 1945, sondern das hat ihn eigentlich bis ins hohe Alter
begleitet. (Benjamin Ziemann, Professor für neuere deutsche Geschichte, University of Sheffield, in Deutschlandfunk Kultur vom 8.9.2019).
Oder die Gebrüder Grimm: Die Stadt Wiesbaden hat nach einigem Hin- und Her damit begonnen, Strassen, die „belastete Namen“ aus der Zeit des Nationalsozialismus tragen, umzubenennen. Dass der Antijudaismus/Antisemitismus – ob religiös, soziokulturell oder
nationalistisch- politisch terminiert, nicht mit den Nazis „vom Himmel gefallen“ ist, sondern vor allem im 19. Jahrhundert und schon davor seine „modernen“ Wurzeln hat, scheint nicht so gewichtig zu sein: Fichte und Hegel, Marr, Treitschke und Stöcker, Turnvater und Gustav Freytag – wer kennt sie heute noch. Die neuen Staatsbürger, die mit Migrationshintergrund, namentlich die aus ost- und südost-europäischen Ländern und aus der arabischen Welt erst gar nicht zu nennen.
Es genügt eine Leseprobe aus Wilhelm Grimms Kurtagebuch von 1833, in dem es heisst: ‚Ich bemerke nur dass die Juden immer mehr überhand nehmen, ganze Tische u. Plätze sind damit angefüllt, da sitzen sie mit der ihnen eigenen Unverschämtheit, fressen Eis u. legen es auf ihre dicken u. wulstigen Lippen, dass einem alle Lust nach Eis vergeht. Getaufte Juden sind auch zu sehen, aber erst in der 5ten oder 6ten Generation wird der Knoblauch zu Fleisch.‘“
„Der erste Germanist, der sich mit dem Judenbild der Brüder Grimm beschäftigte, war Wilhelm Schoof (1876–1975). Das Leitmotiv, dem er dabei folgte, klingt in einem Artikel an, den er am 3. Januar 1935, einen Tag vor Jacob Grimms 150. Geburtstag, im Hanauer Anzeiger veröffentlichte. Darin stellte Schoof sich auf den Standpunkt, dass ‚Jacob Grimm von den gleichen Gedanken beseelt war und um dasselbe Ziel gerungen hat wie Adolf Hitler‘.“
Quelle: Judenhass der Brüder Grimm. Eine lange Liste antisemitischer Textstellen. Von Jan Drees, 07.11.2019. Archiv Deutschlandfunk.
Im vatikanischen Archiv, in das hineinzuschauen sich kaum jemand bemüht, befindet sich der Wortlaut jener Ansprache (Allokution), die Pius XII. vor dem hohen Klerus der vatikanischen Kurie an Heiligabend 1942 gehalten hat. (Das war im Jahr der Wannseekonferenz!) Der Heilige Vater spricht dort wörtlich vom „Gottesmord“ Jerusalems.
Ebenso wenig gefragt ist der Brief, den Edith Stein an Pius XI. geschrieben hat, mit der (allerdings vergeblichen) Bitte, „dass die Kirche Christi ihre Stimme erhebt, um diesem Missbrauch („von einer Regierung, die sich ´christlich´ nennt“) Einhalt zu tun.“ Ich habe diesen Brief und die vage römische Antwort (von Pacelli, damals Kardinalstaatssekretär, an Abt Walzer) in meiner Schrift „Zwischen Kreuz und Hakenkreuz“ veröffentlicht.
Erlauben Sie mir bitte noch eine Korrektur zu dem Beitrag über Rosa Stein, der Schwester von Edith Stein. Beide wurden zunächst in das Polizeiliches Durchgangslager Amersfoort gebracht und von dort in das Polizeiliche Judendurchgangslager (KZ-Sammellager) Westerbork in der niederländischen Provinz Drenthe) – also nicht, wie in dem Artikel beschrieben, in ein Sammellager Westerburg, im Westerwald in Rheinland-Pfalz. Anbei einige Fotos von Westbork, das ich im vergangenen Herbst besucht habe.
Ist ein wenig viel geworden, lieber Herr Beresin. Aber ich dachte, ich sollte Ihnen das geschrieben haben.
Mit den allerbesten Grüssen,
Ihr Werner Kaltefleiter
19.04.2024
Grüss Gott, Herr Beresin,
Vielen Dank für die zwei Exemplare Ihres schönen neuen DAVIDs.
Liebe Grüsse von Johannes Tosin
19.04.2024
Sehr geehrter Herr Reg.Rat Beresin!
Mit grosser Freude habe ich die Nr. 140 von DAVID im Postfach vorgefunden.
Jede Ausgabe ist wie ein Teil einer wunderbaren Enzyklopädie.
Shabbat Shalom & Chag Pessach Sameach!
Rudi Jungbauer
22.04.2024
Liebe Frau Walzer,
Ich habe heute die neue Ausgabe von DAVID gesehen. Sie ist wieder sehr schön geworden, ich freue mich, darin vertreten zu sein.
Liebe Grüsse
Günter Krenn
Lieber Herr Beresin,
Ganz herzlichen Dank für die diesjährige Pessach-Ausgabe der Kulturzeitschrift DAVID, immer wieder mit mein Wissen bereichernden Beiträgen. Wie zwingend doch die Rückschau auf die jüdische Geschichte in der Diaspora, auf den Glanz jüdischen Geistes und jüdischer Kultur, den nicht enden wollenden Verletzungen zum Widerspruch. Das Bitterkraut am Sedertisch, wann wird es sich erübrigen, nur Erinnerung sein? Die Aufmerksamkeit der Medien konzentriert sich auf jene, die auf den Strassen und Plätzen Anti-Israel-Parolen skandieren zugleich gespickt mit Hasstiraden gegen alles angeblich „typisch Jüdische“. Selbst in politischen Reden und Sympathiebekundungen geht der Blick verloren auf das, was den Untaten in unserer Zeit vorausging: Die „Blutspur“, von der Pinchas Lapide s.A. mir gegenüber einmal sprach, die in den Pogromen vor tausend Jahren zum Beispiel in Mainz ihren furchtbaren Ausgang nahm, als die Kreuzfahrer das päpstliche Deus lo vult auf ihre Weise auslegten und praktizierten, diese Blutspur führt zu dem Allahu akbar der Hamas-Terroristen – von der den G‘ttesnamen lästernden Anmassung „In dem ich mich des Juden erwehre kämpfe für das Werk des Herrn“ (des Verfassers der NS-Bibel „Mein Kampf“) zur Vernichtungsstrategie der militanten Islamisten.
Das grauenvolle Sterben liefert die Schlagzeilen in unseren Tagen – als wäre da nicht noch etwas anderes. Die Marr und Treitschke, Stöcker und Freytag, Fichte und Hegel, der Turnvater Jahn und nicht zuletzt die Brüder Grimm – wer noch als geistige Wegbereiter des sogenannten modernen Antisemitismus deutscher Provenienz. In Österreich fehlt es nicht an gleichgesinnten Namen. „Jud is Jud“ – seit Jahrhunderten tradiertes Klischee – Stimmen, die mir auf meinen Rundgängen immer wieder begegnen. In Wiesbaden halten bestimmte Kreise den nassauischen Mundartdichter Rudolf Dietz (1863–1942) bis heute für einen ehrenwerten „Heimatdichter“, ungeachtet seiner an Widerwärtigkeit nicht zu überbietenden, Juden und Judentum herabsetzenden Verse. An der Öffentlichkeit vorbei (jeder siebte Einwohner hat Migrationshintergrund) hacken Befürworter und Gegner aufeinander ein. Mal ging es um die Umbenennung einer nach Dietz benannten Schule (inzwischen erledigt), jetzt um einen Strassennamen. Der Ortsvorsteher eines Wiesbadener Stadtteils, Geburtsort von Dietz, spricht von möglichen positiven Verdiensten des braunen Barden und Streicher-Verschnitts, wie ich ihn bezeichnen möchte, gemessen an seinen antijüdischen lyrischen Pamphleten. Ich denke, es handelt sich nicht nur um eine Lokalposse um parteipolitische Interessen. Der Vorgang legt vielmehr die Wurzeln bloss. Und die sind fruchtbar noch, nicht nur am Rhein. Ich füge nachfolgend die Kopie eines Email-Briefes an die Lokalredaktion des Wiesbadener Kuriers bei, deren Berichterstattung ich als nicht ganz hinreichend empfand, vornehm ausgedrückt. Wie zu erwarten: keine Reaktion von dort. Mag ja sein, dass es vergebliche Mühe ist, gegen diese Indolenz, Ignoranz oder was weiss ich, anzukämpfen. Dennoch will ich es mit Joann Sfar halten (zitiert nach DAVID): „Deshalb muss man aber nicht die Klappe halten.“
Es grüsst Sie herzlich und nicht vergessend Ihnen und Ihren Lesern anlässlich des jüdischen Festes des Friedens, Mut zuzusprechen, Hoffnung wider alle hoffnungslose Hoffnung.
Ihr Werner Kaltefleiter, Wiesbaden, 02.05.2024
Leserbrief
Sehr geehrter Herr Beresin,
Ich möchte Sie auf zwei Fehler aufmerksam machen, die Sie in der letzten Ausgabe Nr. 140 des DAVID-Magazins vom April 2024 abgedruckt haben. Auf Seite 7 wird angegeben, dass Ruth Ellen Gruber von 1911 bis 2016 gelebt hat, aber die Dame ist bei guter Gesundheit und betreibt weiterhin die Website von Jewish Heritage Europe (E-Mail regruber@gmail.com ). Auf den Seiten 48-49 schreiben Sie im Artikel „Das ist Terrorismus“ über eine Stadt, die hier ohne Erklärung ständig nur Nizza genannt wird. Allerdings trug diese Stadt diesen Namen nur während der Jahre, als sie von Italien besetzt war. Es liegt tatsächlich in Frankreich und heisst Nice. Diesen Sachverhalt sollten Sie auch relativieren.
Ich lese ihre Zeitschrift seit vielen Jahren aufmerksam, weil Sie darin über Synagogen berichten, was ein Bereich ist, der mich interessiert.
Ich verbleibe mit einem freundlichen Gruss,
Jaroslav Klenovsky, Brno, Tschechische Republik, 24.05.2024
Erratum
In Heft 140 wurden die Lebensdaten von Ruth Ellen Gruber versehentlich falsch angegeben – tatsächlich hat der Bearbeiter des deutschen Textes, Dr. Erwin A. Schmidl, Ruth Ellen Gruber (geb. 1949) mit Ruth Gruber (1911–2016) verwechselt. Wir bitten dafür um Entschuldigung und danken Herrn Jaroslav Klenovsky, der uns darauf aufmerksam gemacht hat, für diesen Hinweis.
Herr Jaroslav Klenovsky machte uns darauf aufmerksam, dass die Stadt Nizza heute zu Frankreich gehört und im Französischen als Nice bezeichnet wird. Wie für so viele Orte in Europa gilt auch hier, dass es viele Bezeichnungen gibt – für Nizza etwa die örtliche okzitanische Version Niça oder Nissa. Die ursprünglich griechische Stadt Níkaia („die Siegreiche“, nach der Siegesgöttin Nike) wurde 154 v. Chr. römisch und gehörte im 6. Jahrhundert zum Reich der Ostgoten, dann zum Frankenreich. Später war sie Teil der Grafschaft Provence und gehörte seit 1388 zu Savoyen. Von 1793 bis 1814 war Nizza französisch, kam aber mit dem Wiener Kongress an Savoyen zurück. In der Folge des Krieges von 1859 musste Piemont das Gebiet um Nizza an Frankreich abtreten, was 1860 in einer Volksabstimmung mit grosser Mehrheit gebilligt wurde. 1940 bis 1944 war Nizza zuerst italienisch, ab 1943 deutsch besetzt. Dennoch ist im Deutschen die italienische Bezeichnung „Nizza“ allgemein üblich. Daher haben wir in unserem Beitrag diese Form gewählt, ohne dadurch irgendwelche territorialen Ansprüche ausdrücken zu wollen.
LESERBRIEF
„Stadtlich“ verordnete Gedenkkultur in Innsbruck
Gibt es Institutionen, die über die Formen von Gedenkkultur bestimmen dürfen? Für mich ist es völlig klar und auch wünschenswert, dass der Staat/Rechtsstaat nicht nur Gedenkkultur, sondern auch alle anderen Bereiche, die unser Zusammenleben betreffen, „im Auge“ zu behalten hat.
In der Gedenkkultur stellt sich mir aber die Frage, ob ein Bürgermeister, ein Gemeinderat berechtigt ist, einer unbescholtenen Bürgerin, einem unbescholtenem Bürger, die Bitte nach der Verlegung eines Stolpersteins, der nicht nur in ganz Europa (sondern auch in den USA) verbreitet ist und sehr geschätzt wird („Größtes dezentrales Mahnmal der Welt“), sondern auch von höchsten Repräsentanten der Öffentlichkeit und Politik als Ort des Erinnerns, des Gedenkens und auch der Entschuldigung besucht wird, zu verbieten.
In Graz gab es zwar „...komplizierte Vorstellung über die Umsetzung“, aber ihr letztes Argument, es gäbe keinen Trägerverein, stellte sich letztendlich als Brücke zur Genehmigung dar.
Nicht so in Innsbruck; hier gab es weder Interesse noch Entgegenkommen in der Form einer Forderung, sondern nur das sofortige, absolute Verbot - ohne zu einem Gespräch einzuladen - mit Argumenten wie:
"...was sozusagen keinen Hund mehr hinterm Ofen hervorlockt“, „Man geht gleich achtlos darüber hinweg wie über einen Kanaldeckel.“ „Diese faktische Flüchtigkeit von „Stolpersteinen“ widerspricht laut und deutlich unserem Anspruch eines permanenten, lebendigen Gedenkens an die Gräuel der Nazizeit.“ „…überzeugt davon sind, dass ein weiteres statisches Symbol nichts Wesentliches dazu beitragen würde, die Erinnerung lebendig und vor allem das Bewusstsein wach zu halten.“ Nicht ganz verständlich das nächste Argument: „Außerdem sterben nach und nach die letzten Zeitzeugen, die authentisch, also entsprechend eindrucksvoll von ihren Erlebnissen erzählen können.“
Aus diesen „Argumenten“ zieht die Vorsitzende des Kulturausschusses, der der Bürgermeister die Entscheidung übertragen hat, das folgende Resümee:
„Aus all diesen Überlegungen heraus haben wir uns gegen die Zulassung von „Stolpersteinen“ entschieden und stattdessen das Format „gedenk_potenziale“ entwickelt…“ Bis jetzt wurden zwei Projekte (Preisgeld für jedes Projekt € 20 000) von Künstlern, ein Film und ein temporäres Kunstprojekt, bei dem „Üb immer Treu und Redlichkeit“ auf den Gehsteig projiziert wurde, über das die Bürgerinnen und Bürger, so konnte ich beobachten, fast immer recht zügig darüberschritten, umgesetzt.
Das nächste städtische Gedenkprojekt sind die „Zeitpunkte“, hervorgegangen aus einem Wettbewerb, bei dem die Firma "Proxi Design" als Siegerin hervorging (die Design-Erstellungskosten betragen ca. € 100.000, die Kosten der ersten 10 Zeichen bezahlt die Stadt, ein Zeitzeichen kostet € 250 - ob sich der Vorwurf der Stadt, der Stolperstein sei ein „Geschäftsmodell“, dadurch nicht etwas relativiert?).
Aus dem höflichen Ersuchen zur Verlegung des Stolpersteins beim Bauamt der Stadt Innsbruck entstand also ganz offensichtlich ein Wettbewerb, bei dem es einen Verlierer geben musste?
Aus dem persönlichen Schriftwechsel mit dem Herrn Bürgermeister möchte ich nur dies anführen:
„…ich darf mitteilen, dass sich die Stadt Innsbruck nach Diskussion im Kulturausschuss zu einer anderen Form des Gedenkens entschieden hat. Ich finde dies sehr gut, weil „Stolpersteine“ inzwischen schon in mehreren Orten die Form des Gedenkens geworden sind."
„In einer Demokratie muss es allerdings erlaubt sein, dass ein demokratisch gewähltes Gremium …entschieden hat, eine andere Form des Gedenkens an den Holocaust zu wählen, die „gedenk_potentiale.“ Ist ja in Ordnung, aber warum den Stolperstein deshalb VERBIETEN?
Meiner Meinung nach eine recht geschickte Strategie, ein „demokratisch gewähltes Gremium“ zu beauftragen, um einen „undemokratischen“ Willen des Herrn Bürgermeisters durchzusetzen. Leider ist auch das Verhalten der Innsbrucker Bürgerinnen und Bürger anders als z. B. in Tübingen oder Augsburg: dort setzten sich die BürgerInnen FÜR den Stolpersteine ein und erreichten demokratisch! die Erlaubnis zur Verlegung.
Sehr erfreulich und bestätigend war für mich dagegen die Antwort von Herrn Oberbürgermeister Horn aus unserer Partnerstadt Freiburg im Breisgau (ca. 460 Steine):
„In Freiburg und in weiten Teilen Deutschlands ist die Erinnerungskultur mit den Stolpersteinen sehr ausgeprägt, wenn sich auch zum größten Teil Privatpersonen darum kümmern. Aber die Städte und Gemeinden unterstützen das und anerkennen und würdigen diese ehrenamtlichen Verdienste. …vielleicht ist einfach die Zeit der Anerkennung noch nicht gekommen. OB Horn wünscht Ihnen aber weiterhin alles Gute und Erfolg in Ihrem Bemühen.
Viele Grüße aus der Partnerstadt
Wie „demokratisch“ mit Gedenkkultur in Tirol umgegangen wird, sieht man auch daran, dass der erste Preis („Wir haften für unsere Geschichte“) für ein Kunstprojekt am ehemaligen Gauhaus (jetzt Landhaus), durch das Land Tirol (den Landeshauptmann), ohne das Jury-Votum zu nennen, stillschweigend durch den zweiten Preis ersetzt werden sollte. Nach Bekanntwerden dieser Vorgänge und die Ablehnung des Zweitgereihten meinte Landeshauptmann Mattle, dass der Wettbewerb „gescheitert“ wäre.
Ich hoffe, dass meine Beschreibung des Umgangs mit Gedenkkultur in Innsbruck/Tirol nicht zu sehr durch meine Betroffenheit durch das Verbot des Stolpersteins beeinflusst ist, aber das Verhalten der Entscheidungsträger in Innsbruck (Innsbruck war mit seiner Opferzahl die blutigste Stadt im Novemberpogrom im Deutschen Reich) dient sicher nicht dazu, bei der Aufarbeitung der schrecklichen Vorgänge im November 1938, und natürlich darüber hinaus, Hilfe zu leisten. Das, meiner Meinung nach undemokratische/diktatorische heutige Verbot erinnert denn doch zu sehr an die Innsbrucker Vergangenheit.
Eine Zäsur im Darüberschweben über der Innsbrucker Vergangenheit stellt sicher Meriel Schindlers Buch „Café Schindler“, großartig auch in ein Theaterstück umgesetzt, dar. Auch sie hatte zwei mal gebeten, Stolpersteine verlegen zu dürfen, was ihr aber, wie mir, nicht erlaubt wurde - sie ließ daher in Wien Steine des Gedenkens verlegen. Den Stolperstein durfte ich ihr in meiner Wohnung zeigen - sicher einmalig in Europa.
Abschließen noch ein Zitat aus der Arbeit (Irritationen im öffentlichen Raum, Stolpersteine in Italien) der italienischen Kunsthistorikerin Adachiara Zevi, die 2010 das Stolperstein-Projekt in Italien initiiert hat:
„Die eingravierten Texte, die auf den Zeugnissen von Familienangehörigen beruhen und in Gedenkbüchern, Stadtarchiven und Archiven der jüdischen Gemeinden sowie in den deutschen archivalischen Überlieferungen zu den verschiedenen Durchgangs-,Konzentrations- und Vernichtungslagern verifiziert wurden, lassen keinen Raum für Zweifel, Revisionismus oder die Leugnung des Holocaust. Wer die Installation verbietet, der will nicht, dass diese Geschichte eine von allen geteilte nationale Geschichte und Erinnerung wird.“
Meine höchste Anerkennung gegenüber allen Städten und Kommunen, die nicht durch Verbote, sondern durch Respekt, praktizierten Humanismus und Demokratieverständnis den Opfern einer der schrecklichsten und unmenschlichsten Diktaturen/Mörderbanden Abbitte leisten und vor möglichen Wiederholungen eindringlich warnen.
Mit großer Enttäuschung über das Verhalten „meiner Stadt“ und großem Respekt und Anerkennung gegenüber Städten wie Graz, Salzburg (dort darf ich Mitglied im Personenkomitee sein)…für die der Stolperstein - warum nicht Gunter Demnig für den Friedensnobelpreis vorschlagen?- zu einem GEMEINSAMEN (auch im Sinne der EU) Symbol der Verteidigung der Menschlichkeit gemacht wurde/wird.
Mag. Dr. Harald Büchele
Es ist unbegreiflich, daß ein renommierter Erziehungswissenschaftler das Rechnen, Schreiben und Denken einerseits und die Vermittlung von Teamfähigkeit sowie von Kommunikations- und Motivationstechniken andererseits gegeneinander ausspielt. Letztere sind unabdingbar in der heutigen Zeit, die zu bejammern müßig ist, einer zentralen Forderung des Schulunterrichtsgesetzes, dem gemeinsamen Unterricht und dem gemeinsamen Lernen von Lesen, Schreiben, Rechnen und Denken zu maximaler Effizienz zu verhelfen. Die hervorragenden Geistesleistungen des Judentums dürften auch darin mit begründet sein, dass dieser Kulturkreis ausschließlich das gemeinsame Lernen kennt, und zwar von der Schule der Vierjährigen, dem „cheder", bis hin zu den „jeschiwot", den berühmten Talmudhochschulen, die zumindest indirekt bedeutende „Denkschulen" auch abseits religiöser Inhalte sind. In Österreichs Bildungslandschaft wird Stillstand herrschen, solange keine Bereitschaft der Gestalter von Schulen besteht, über Grenzen im mehrfachen Wortsinn zu blicken.
Prof. Ernst Smole
Leiter des Int. Forum für Kunst,
Bildung & Wissenschaft - IFKBW
8680 MÜRZZUSCHLAG
Diese Meldung ging durch die Medien. Die Antwort der medialen und der politischen Öffentlichkeit: tosendes Schweigen. Warum wohl? Keine Sozialmedizin ohne Julius Tandler, keine Bluttransfusionen ohne den Entdecker der Blutgruppen, den Nobelpreisträger Karl Landsteiner, keine systemische Chemotherapie ohne Paul Ehrlich, keine Akzeptanz der Seele als gesundheitsrelevantes menschliches Organ ohne Sigmund Freud, und ohne Ignaz Semmelweis hätten Ärzte vermutlich noch im 20. Jahrhundert den Tod von Millionen von Patienten verursacht - alle Genannten waren Juden. Die vom Präsidenten der Israelitischen Kultusgemeinde angekündigte Zuwanderung sollte statt betretenem Schweigen Begeisterung auslösen und jede erdenkliche politische Unterstützung erfahren! Ist es denn nicht erwünscht, dass die grosse jüdische Tradition in Wissenschaft, Forschung und Kunst, die für uns alle von unermesslichem Nutzen ist und die vor 70 Jahren gewaltsam beendet worden war, nun eine realistische Chance auf Fortsetzung findet?
Ernst Smole, 8680 Mürzzuschlag
Rückstellungsberechtigte ErbInnen
Wenn Templ den Kreis der damals Restitutionsberechtigten auf „die direkten Nachfahren der Opfer" reduziert, ist dies nur zum Teil richtig. In der Tat gab es in den Rückstellungsgesetzen nach 1945 eine Einschränkung des rückstellungsberechtigten Personenkreises. Dieser ging jedoch über „direkte Nachfahren" hinaus. Neben testamentarisch Bedachten konnten als gesetzliche ErbInnen Ehegatten, Vorfahren und Nachkommen, Geschwister und deren Kinder sowie sonstige gesetzliche ErbInnen, die mit dem Verstorbenen in Hausgemeinschaft gelebt hatten, Rückstellung begehren (§ 2 des 1. und 2. sowie § 14 des 3. Rückstellungsgesetzes).
Der Umstand, dass nicht alle nach dem österreichischen Erbrecht Berechtigten auch gemäß den Rückstellungsgesetzen antragslegitimiert waren, ging auf eine Anregung des damaligen Vizepräsidenten der IKG Wien, Rudolf Braun, zurück (siehe JBl 1946, S. 44f). Das entzogene Vermögen von Personen, nach denen es keine ErbInnen aus dem oben genannten Kreis gab, sollte nicht etwa weit entfernten Verwandten, sondern dem allgemeinen Kreis der Verfolgten zukommen. Diese Idee wurde letztlich durch die Einrichtung der Sammelstellen ab 1957 umgesetzt.
Möglichkeiten der Sammelstellen
Templs Behauptung, die Sammelstellen hätten Vermögenswerte ausschließlich in Geldwert und nicht in natura erlangen können, trifft nicht zu. Die Sammelstellen waren eingerichtet worden, um bisher unbeanspruchtes Vermögen von den „AriseurInnen" zurückzufordern und zugunsten von NS-Opfern zu verwerten. Sie waren wie die geschädigten EigentümerInnen berechtigt, das entzogene Vermögen in natura zu begehren. Aus praktischen Gründen regelten die Sammelstellen diese Ansprüche oft in Form von Geldzahlungen. Darüber hinaus konnten die ursprünglichen EigentümerInnen oder deren ErbInnen - diesmal ohne Beschränkung - innerhalb einer bestimmten Frist an die Stelle der Sammelstellen treten und das entzogene Vermögen beanspruchen.
Wissen über Erben
Templ führt in seinem Artikel aus, dass „der Finanzlandesdirektion die Erben" von Lothar Fürth teilweise bekannt gewesen seien. Der im Archiv der Republik zum Sanatorium Fürth einliegende Akt der Finanzlandesdirektion bestätigt dies nicht. Keine der im Akt erwähnten Personen war Erbe/Erbin von Lothar Fürth:
So war etwa dessen Schwester Hertha von ihm als Erbin ausgeschlossen worden. Die von ihm bedachten Schwiegereltern überlebten das Jahr 1945 nicht (und hatten zudem die Erbschaft 1938 ausgeschlagen). Der Legatar John D. hatte versucht, aufgrund des außerordentlichen Erbrechts von Legataren einen Rückstellungsanspruch geltend zu machen. Die Oberste Rückstellungskommission lehnte dies aufgrund des oben dargelegten eingeschränkten Kreises der Rückstellungsberechtigten jedoch ab. Er verfolgte daher seine gerichtliche Anerkennung als Erbe nicht weiter. Belegt ist jedenfalls, dass die Sammelstellen versuchten, mit ihm Kontakt aufzunehmen, um Verwandte Lothar Fürths zum Zeitpunkt dessen Todes auszuforschen.
Empfehlung zur Restitution: 2005
Abschließend bedarf die von Templ mehrfach getroffene Feststellung, das ehemalige Sanatorium sei bis zum heutigen Tag nicht restituiert worden, einer Anmerkung: Die Schiedsinstanz für Naturalrestitution empfahl am 15. November 2005 der Bundesregierung die Rückstellung der Liegenschaft. Diese Empfehlung wurde seitens der zuständigen Bundesbehörden anerkannt. Soweit den Autorinnen bekannt ist, scheiterte die vorgesehene Übergabe lange daran, dass seitens der ErbInnen keine Einigung über die weitere Vorgehensweise zustande kam. Der Grund dafür war wohl insbesondere, dass sich nach 2005 kontinuierlich neue ErbInnengruppen meldeten, sodass sich schließlich 39 Berechtigte die Liegenschaft teilen müssen.
Wie aus dem Grundbuch hervorgeht, hat mittlerweile ein Erbe seinen Anteil angenommen und weiterveräußert. Es scheint, dass damit der erste Schritt zur Umsetzung der Empfehlung der Schiedsinstanz getan ist.
Claire Fritsch und Susanne Helene Betz sind Referentinnen bei der Schiedsinstanz für Naturalrestitution.
Der Autor des angesprochenen Artikels, Stephan Templ, entgegnet dazu:
Die Rückstellungsgesetze der 1940er Jahre widersprachen dem ABGB. Nicht direkt verwandte Opfererben wurden in der damaligen Diskussion als „Auschwitz-Gewinnler" bezeichnet.
Im Verlassenschaftsakt nach Lothar Fürth ist ein Erbe genannt, nämlich Generaldirektor Dr. Ernst Fürth (1865 - 1943). Seine Erben waren der Finanzlandesdirektion bekannt.
Mit Empfehlung 27c vom 23.6.2008 standen alle Erben nach Lothar Fürth fest. Die BIG sperrte sich aber gegen eine Restitution von Anteilen. Erst im Oktober 2009 wurde ein Anteil (1/96) restituiert.
Das Geheimnis der Erlösung heißt Erinnerung. So halte ich das Anliegen Ihrer Zeitschrift, jüdische Geschichte im deutschsprachigen Raum wach zu halten, für wesentlich. Da Bischof Dr. Manfred Scheuer in der Österreichischen Bischofskonferenz für die Ökumene verantwortlich ist, freut es mich besonders, in Heft 82 ein Inserat des Koordinierungsausschusses für christlich-jüdische Zusammenarbeit zu finden, sowie auch den Artikel zur Einweihung der Gedenkstätte am Judenbühel in Innsbruck.
Josef Walder, Diözese Innsbruck
Ich zähle zu den Glücklichen, die nie Opfer aggressiven Bettelns geworden sind. Weder wurde ich von bettelnden Frauen bestohlen, noch hat mir je ein amputierter Bettelroma das verbliebene Bein gestellt. Dennoch fühle ich mich unbehaglich angesichts von Bettlern. Ich fühle mich schlecht, wenn ich die Strassenseite wechsle, so ich einen Bettler erblicke, schlecht fühle ich mich auch, wenn ich zwei Euro herausrücke - ich weiss, dass dies nur mein murrendes Gewissen beruhigt. Ich fühle mich unbehaglich, wenn sich angesichts geigender Bettler in mir die Musikersolidarität regt, sodass ich sie besser dotiere als ihre nichtmusizierenden Konkurrenten.
Doch noch viel schlechter fühle ich mich, wenn die SPÖ, die für Verteilungsgerechtigkeit eintritt, sich gegenüber einem sektoralen Bettelverbot in Graz „aufgeschlossen" zeigt. Die körperbehinderten Grazer Bettler Angehörige einer Mafia, gegen die zockende Investmentbanker Anfänger sind? Wer solchen Legenden glaubt, applaudiert Bettelverboten.
Die Roma sind Opfer der politischen Wende. Die Grundstoffindustrie, die Roma in Osteuropa Arbeit gegeben hatte - Arbeit, die sie trotz ihrer kulturgeschichtlich begründeten teilweisen Schreib- und Leseprobleme qualifiziert verrichten konnten - sind dem globalen Wirtschaftswettkampf zum Opfer gefallen. Gleichzeitig öffneten sich die Grenzen - der Versuch der Roma, am Reichtum des Westens zu partizipieren, ist für Menschen, die der Turbokapitalismus aus der Bahn geworfen hat, eine alternativenlose Überlebensfrage.
Arbeitsscheu? Zigtausend Roma haben die uralte Tradition des Kesselflickens für die heutige Zeit adaptiert und versehen Hotel- und Büropaläste in Osteuropa als gesuchte Spengler mit kunstvollen Dächern. In den Sinfonieorchestern zwischen Szombathely, Sibiu und Moskau, die ich dirigiere, sind Roma die verlässlichsten und loyalsten Musiker. Bettler, die auf unsere Spendenfreudigkeit hoffen, wissen sich zumeist aufgrund von Behinderungen nicht anders zu helfen. Roma zu sein ist heute keine Frage der Volkszugehörigkeit, sondern eine des Lebensstils, der schicksalhaft ist.
Die Ungutmenschen, die Bettler in Ecken verbannen möchten, wo kaum ein Spendenfreudiger vorbeikommt - warum fühlen auch sie sich unwohl? Niemand sonst führt uns die Verteilungsungerechtigkeit dieser Welt so drastisch, so direkt „sinnlich erlebbar" vor Augen, wie bettelnde Menschen. Dass wir uns dabei schlecht fühlen, gibt Hoffnung - es ist ein Zeichen von Mitgefühl in uns. Klar: mit unserem Fit-, Wellness- und Wohlfühlstreben sind Bettler nicht vereinbar. Dennoch sollten wir lernen, mit ihnen zu leben - im Interesse der Menschlichkeit.
Ernst Smole
Meine entscheidende Prägung in bezug auf das Verständnis von Musik insgesamt und der österreichischen (!) Musikkultur im besonderen erfuhr ich an der Grazer Musikhochschule bei Lehrern, die Flüchtlinge aus Osteuropa waren. Bei politisch angepasstem Verhalten waren sie in ihren Heimatländern nicht existentiell bedroht. Heute würde man sie vermutlich als Wirtschaftsflüchtlinge bezeichnen. Die mir von ihnen vermittelten musikalischen und allgemeinkulturellen (Er-)kenntnisse und Einsichten ermöglichen mir ein erfolgreiches und höchst befriedigendes Berufsleben - und erfüllen mich bis heute mit einem Gefühl grosser Dankbarkeit. Das vielfältige Musikleben im Oberen Mürztal - von Blasmusik bis Sinfonik, vom Chorwesen bis zur Produktion von Kinderopern, vom Barock bis zur Avantgarde, eine Vielzahl ganzjähriger Konzertzyklen, Internationale Musikkurse - wäre ohne unsere nicht in Österreich geborenen SchülerInnen, KonzertbesucherInnen, MitarbeiterInnen und PartnerInnen völlig undenkbar!
Ernst Smole
Bauordnung für Synagogen: sie mussten sich innerhalb einer Häuserflucht befinden, durften die angrenzenden Objekte nicht überragen, hatten sich von den Nachbarhäusern nicht zu unterscheiden. Alleinstehende Gebäude und grosse Portale waren verboten; dadurch sollten Menschenansammlungen vermieden werden. Nicht erlaubt waren Türme und ähnliche Gestaltungselemente. Sichtbare Symbole des Judentums an der Fassade waren untersagt, allenfalls Davidstern oder Menorah - natürlich ornamental verfremdet - wurden geduldet. Der Zugang erfolgte über Hinterhofeingänge, um jede Provokation der Mehrheitsbevölkerung zu vermeiden. Diese Auflagen wurden bis ins 20. Jahrhundert, je nach Antisemitismuskonjunktur der Bevölkerung und der Machthaber, gelockert oder verschärft.
Die Diskussion "Minarette für Moscheen ja oder nein" erinnert auf fatale Weise an die Bauordnung für Synagogen. Gerade wenn man in bezug auf den Islam wegen der Sprach- und Schriftbarrieren auf Mutmassungen angewiesen ist, wenn beklagt wird, dass der Islam für uns nicht fassbar, das Ineinanderfliessen von Religion und Politik undurchschaubar ist und man islamischen Predigern und Funktionären unterstellt, in G‘ttesdiensten auf Türkisch oder Arabisch andere Positionen zu vertreten als in offiziellen in Deutsch kommunizierten Stellungnahmen: diese Fakten verlangen, den Islam öffentlich und fassbar zu machen. Sakralbauten sind ein Symbol für Öffentlichkeit, Minarette sind landmarks. Das verfassungskonforme Agieren der Imame ist in offiziellen Moscheen, die wie Kirchen und Synagogen „Häuser für alle Menschen und Völker" sind, weitaus effizienter nachzuvollziehen als in verschwiegenen Keller- und Hinterhofbeträumen, deren Existenz den Behörden oft unbekannt ist. Das Begehren der islamischen Glaubensgemeinschaft nach minarettbestückten Moscheen, die dadurch als solche zu erkennen sind, und die sich harmonisch in eine von Kirchen-, Silo- und Bürotürmen geprägte skyline einfügen, abzulehnen, zeugt von Uninformiertheit und defizitärer Intelligenz. Der Wunsch nach an Minaretten erkennbaren Moscheen sollte positiv gewertet und als ein Zeichen von Offenheit und Integrationswillen aufgefasst werden. Umso verheerender ist der die Minarette ablehnende Schweizer Volksentscheid. Er gibt den Rechtspopulisten in Österreich gefährlichen Auftrieb, da die Schweiz auf Österreicher eine problematische Vorbildfunktion ausübt - Stichwort EU-Verweigerung.
Die unrühmliche Haltung der Schweiz in der Frage der Aufnahme von jüdischen Flüchtlingen ist noch allgegenwärtig. Der Volksentscheid für das Minarettverbot ist eine tieftraurige Bestätigung für diese Haltung.
Prof. Ernst Smole
Johannes Brahms Musikschule Mürzzuschlag/JBMS www.brahmsmusicschool.at
Nikolaus Harnoncourt Fond/NHF
Internationale Musikkurse Mürzzuschlag
Internationales Forum für Kunst, Bildung & Wissenschaft/IFKBW
8680 Mürzzuschlag
Ich freue mich immer sehr über den DAVID, ich kann damit meinen Wissensstand über die jüdische Geschichte erweitern. In Mistelbach werden die Führungen am jüdischen Friedhof sehr interessiert angenommen. Am 9. November möchten wir in besonderer Weise unserer jüdischen Gemeinde gedenken. Für mich gibt es immer wieder sehr emotionelle Begegnungen und ich möchte meine jüdischen Freunde nicht mehr missen.
Mit guten Wünschen und lieben Grüssen,
Christa Jakob, Mistelbach
Ich finde es herzerfrischend und unheimlich selten, dass sich jemand in der heutigen Zeit für eine noch so kleine Spende bedankt. Natürlich bleibe ich Ihnen gewogen, soweit ich kann. Ich habe jetzt ein süsses, kleines Enkelkind, es wird demnächst auf den Namen David getauft.
Liebe Grüsse,
Inge Hackl, Baden
Liebe Redaktion!
Der DAVID gehört zu meiner Pflichtlektüre, daher schreibe ich gleich, wenn mir etwas eigenartig aufstösst. In der Chanukka-Nummer ging es um Herrn Harrer, de mortuis nil nisi bene, aber dass man heute noch schreiben kann, dass jemand ohne sein Zutun zur SS gekommen sei (vor 1941) kommt mir doch sehr waldheimlich vor. Die Artikel über Oberöster-reich erschienen mir ein bisschen schöngefärbt zu sein, da ich von dort stamme und weiss, dass dort ein Born des Antisemitismus ist. In Linz gab es meines Wissens mehr als eine beschmierte Station, das Werk einer Künstlerin (ich glaube, es war Hito Steyerl) wurde von Antisemiten zerstört. Zu meiner Geburtsstadt Steyr fällt mir nichts ein, würde Karl Kraus schreiben. Schön, dass es dort viele Gedenktafeln gibt. Mehr als Juden. Die übrigens nicht wirklich willkommen sind, auch heute nicht. Und dass Überlebende des Holocaust die Stadt besucht haben, ist richtig, doch dass der ehemalige Bürgermeister sich geweigert hat, sie zu empfangen, steht nicht im Artikel. Der Friedhof wurde renoviert - die Grabsteine aber nicht, jedenfalls nicht die meiner Verwandten. Dennoch ist es schön, dass sich Menschen in der Stadt die Erinnerung an die jüdische Gemeinde wach halten. Nichts desto trotz - ich freue mich auf die nächste Ausgabe!
Mit freundlichen Grüssen
Hans Michael Bittner
Neben Argentinien verfolgte Herzl mit hohem Engagement die Option Uganda. Die Entscheidung pro Palästina kam durch Druck von der Straße zustande: anlässlich des entscheidenden Zionistenkongresses rissen sich Delegierte aus Osteuropa aus Protest gegen die Optionen Uganda und Argentinien unter herz(l)zerreißendem Klagen die Kleider vom Leib. Enge Verbündete des nichtreligiösen Herzl (für den Palästina keinerlei spirituelle Bedeutung hatte) für eine nichtpalästinensische Option waren Teile des ultraorthodoxen Judentums, für die die Errichtung eines jüdischen Staates in Palästina vor der Ankunft des Messias den Tatbestand der Gotteslästerung darstellt. Die Vertreter dieser Glaubensrichtung sitzen heute bei antizionistischen Konferenzen im Iran in der ersten Reihe. Als deutlich wurde, dass lediglich die Option Palästina unter den Delegierten des Zionismuskongresses mehrheitsfähig war, äußerte Herzl wiederholt die Hoffnung, dass die jüdische Wirtschaftskompetenz letztendlich Wohlstand für alle, auch für die nichtjüdischen Bewohner des künftigen Judenstaates bringen würde. Das wenig bekannte zionistische Gegenmodell der Sowjetunion, die 1931 gegründete und formal heute noch bestehende „Autonome Jüdische Republik Birobidschan" nahe Wladiwostok, war für einige Jahre durchaus erfolgreich und verzeichnete Zuwanderung aus der ganzen Welt, bevor der Stalinismus diesem Projekt de facto Boden entzog. Nichts zeigt so deutlich wie die Geschichte der Idee der nationalen jüdischen Heimstatt, dass es „die jüdische Position" nicht gibt. Prof. Ernst Smole
Von der Öffentlichkeit wird nun erwartet, dass sich Mladic demnächst vor dem internationalen Gerichtshof für schreckliche Taten die ihm angelastet werden wird verantworten wird müssen. Dass Serben die Gabe zu haben scheinen, Verstecktes sehr gut bewahren und verheimlichen zu können – ob’s mit Mladic richtig war? – kann ich als Zeitzeuge bestätigen. Diese Zeilen zu schreiben wäre mir keinesfalls möglich gewesen, hätten nicht S e r b e n meine Mutter, Schwester und mich bis 1945 vor Hitler und dessen Schergen versteckt gehabt. Deshalb plädiere ich Serben nicht generell in eine Ecke zu stellen.
Hans Gamliel
Hauptstrasse 83
CH-9400 Rorschach
Unter alter Führung wurde nun nach gewonnener Wahl die neue Regierung vereidigt. Beim Prozedere der Vereidigung aller ins Parlament gewählten Abgeordneten gelang es offensichtlich, dem in dieser Regierung mitbestimmen dürfenden rechtsextremen Häuptling, Gabor Vona, zu provozieren. Seinen Parlaments-Eid legte er nämlich im zuvor im Parlamentsgebäude zu tragen verbotenen Wams der Ungarischen Garde ab.
Dazu sei angemerkt, dass fast alle schrecklichen Ereignisse der jüngeren Vergangenheit zwischen Ethnien mit so genannten k l e i n e n Provokationen ihren Anfang genommen haben. Es wäre den Förderern für ein noch engeres Zusammenwachsen Europas zu raten, solch harmlos scheinenden Anfängen wie jetzt in Ungarn geschehen, beizeiten entgegenzuwirken, ehe sich der so herrlich klingende Csárdás zu einem Veitstanz mausern könnte.
Hans Gamliel
Lieber Herr Beresin!
Habe heute die David Kulturzeitschrift erhalten und mit großer Begeisterung gelesen!Besonders die Gedichte haben mir gefallen,da ich selber Lyrikerin bin!
Ich liebe die Psalmen Davids und habe mehrere Übersetzungen gelesen...
Moses Mendelsohn,Martin Buber und die 4Bände aus der hebräischen-Urschrift welche Buber gemeinsam mit F.Rosenzweig herausgegeben haben.
Auch die Erzählungen der Chassidim lese ich immer wieder, sowie auch Rabby Nachmann aus Bratzlaw!
In seinem Buch fand ich das Märchen:"Der Mann des Gebetes!"Es hat mich tief berührt,da mir mein David einfiel...
In meinem Bücherregal gibt es fast nur jüdische Literatur!
Ich hoffe sehr das ich sie lieber Herr Beresin, mit meiner Mail nicht überfordert habe...
Herzliche Grüsse...
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DER SPIEGEL
Nr. 25, 20. Juni 2011
Seite 128
„ANGST TREIBT UNS VORAN"
Interview mit Ian Morris
Dass in der Annäherung an die Frage, wer die Welt gestaltet, dieser Aspekt völlig unerwähnt bleibt, verwundert: Die Mehrzahl der prägenden Geistesleistungen der letzten 2000 Jahre ist im Raum von Rhein und Donau, den bedeutendsten naturgegebenen Verkehrsadern Europas, beheimatet. Auch viele der in anderen Teilen der Erde erdachten Innovativimpulse in Technik, Geistes- und Naturwissenschaft und Kunst haben hier ihre Wurzeln. Auch wenn es rassistisch, biologistisch, darwinistisch, politisch unkorrekt klingen mag: Durch keine Region dieses Planeten zog eine derartige Vielzahl an Völkerschaften und vermischte sich mit der jeweilig „autochthonen" Bevölkerung: (Ost)asiaten wie Hunnen und Mongolen gelangten bis Mitteleuropa, die Vandalen brachten Sklaven aus Afrika in unsere Breiten, die Wikinger transferierten Gene nordamerikanischer Ureinwohner bis an das Schwarze Meer. Die Juden als zwangswanderndes und einziges seit Jahrtausenden ethnologisch „stabiles", aber dennoch immer wieder assimilationswilliges Humankollektiv fungieren als „Kitt" zwischen den Ethnien. Ein Blick auf die Liste der Nobelpreisträger und Erfinder bestätigt diese These, die der Dramatiker Carl Zuckmayr bereits vor über einem halben Jahrhundert in „Des Teufels General" zur Diskussion gestellt hat.
Prof. Ernst Smole
Wissenschaftsminister Töchterle sollte seinen Israelaufenthalt verlängern, um nicht nur seinen Gastgebern, sondern sich selber Staunen zu gönnen. In Israel gibt es pro Einwohner weltweit die meisten Patente in allen Bereichen, in denen man etwas erfinden kann. Die Zahl jüdischer NobelpreisträgerInnen ist Legion. Der bedrohte Zwergstaat zählt zu den erfolgreichsten Exporteuren innovativer Technologien. Warum diese Erfolge? Einer der Gründe ist, dass der Crashkurs in Sachen Bildung im Judentum bereits mehr als drei Jahrtausende währt - so lange besteht die mit spätestens vier Jahren beginnende Schulpflicht. Sie sichert ein Bildungskontinuum, das den mit der Beherrschung der Muttersprache erreichten Lernzenit bruchlos weiterführt - dieses System sollte Anlass für weiteres wissenschaftsministerielles Staunens sein.
Dass Töchterle über genügend Zeit verfügt, um in Monaco einen Societyevent zu besuchen, verwundert und zeugt von wissenschaftsfremder Naivität. Bringen bilaterale Gespräche mit einem Operettenstaat, dessen Universität gerade einmal 350 Studenten zählt und die als eine Hauptstudienrichtung „Luxury Business" führt, aus österreichischer Sicht tatsächlich Nutzen? Zielführender wäre es, Baumeister Lugner zur Fürstenhochzeit zu entsenden. Dieser fände dort sicher Worte, die an anlassbezogener Inhaltsschwere jenen unseres Staatsoberhauptes nicht nachstehen würden. Lugner könnte dort Kontakte zwecks weiteren medialen Aufpeppens des Wiener Opernballs knüpfen.
Nach seiner Rückkehr vom verlängerten Staun-Aufenthalt in Israel wird der Altphilologe Töchterle gemeinsam mit den VertreterInnen der heimischen universitären Erziehungswissenschaft (ja, es gibt sie!) die historischen Quellen über antike Bildungssysteme im griechischen und/oder hebräischen Original studieren. Wenn er dann diese auch für heute hochaktuellen Erkenntnisse politikWIRKsam unter die „bildungsentscheidenden Leute" gebracht hat, war seine Israelreise ein voller Erfolg. Und um die Präsenz Österreichs bei der Fürstenhochzeit brauchen wir uns auch keine Sorgen zu machen!
Prof. Ernst Smole
Zum Beitrag über Hans Habe (1911-1977), in: DAVID, 23. Jg., Nr. 90, Sept. 2011, S. 69-71.
Für das inhaltliche Angebot Ihrer Zeitschrift bin ich sehr dankbar. Ich bin über biographische Fragen rund um Ludwig Wittgenstein auf Ungenauigkeiten in Hitlers Schülerbiographie gestossen - beide haben dieselbe Linzer Realschule besucht; als Wittgenstein dort in die 5. Klasse eintrat, sass der eine Woche ältere Hitler aber erst in der 3. - und konnte dessen Schulzeit weitgehend berichtigend rekonstruieren, auch mit Hilfe des Beitrages von Karl Ramsmeier über Steyr in: DAVID, 10. Jg., Nr. 39, Dez. 1998, S. 17f.
Im DAVID-Beitrag vom Sept. 2011 (S. 69, re. Sp.) wird etwas verkürzt angedeutet, dass Hitlers „ursprünglicher Familienname ... Schickelgruber" gewesen sei. Tatsächlich war das der ursprüngliche Familienname seines unehelich geborenen Vaters Alois Schickelgruber, daher auch der Familienname von dessen Mutter Maria Anna Schickelgruber (also von Adolf Hitlers Grossmutter). Diese heiratete 1842 einen herumziehenden Müllergesellen - Johann Georg Hiedler (sic!), wobei der 5-jährige Alois nicht legitimiert wurde. Was die Vaterschaft an Alois Schickelgruber betrifft, so stehen dieser Johann Georg Hiedler (sic!), aber auch dessen jüngerer Bruder (sic!) Johann Nepomuk Hüttler (sic!) in Verdacht; ob noch eine dritte Person zum Kreis der Verdächtigen zu zählen ist, muss offen bleiben.
Maria Anna geb. Schickelgruber verehel. Hiedler starb 1847, Johann Georg Hiedler starb 1857. 1876 geschah Seltsames, aber nach damaliger Rechtslage Zulässiges: Der verwitwete Johann Nepomuk Hüttler erschien mit drei Nachbarn als „Zeugen" bei einem Notar in Weitra (Waldviertel). Ob der hauptbetroffene Alois Schickelgruber mit von der Partie war, geht aus den Dokumenten nicht eindeutig hervor. Die drei Zeugen gaben zu Protokoll, dass Johann Georg Hiedler wiederholt als seinen letzten Willen erklärt habe, den mit seinem nachmaligen Eheweibe Maria Anna Schickelgruber gezeugten Sohn Alois als seinen ehelichen Sohn und Erben seines Namens zu legitimieren.
Als der Notar den Namen Johann Georg niederzuschreiben begann, muss er bei Hie... innegehalten haben, überschrieb dann das e mit t und setzte so fort, dass Hitler entstand. Es fragt sich, wer den Notar zu dieser Namensschreibweise veranlasst hat. Adolf Hitler hat später seinem Vater Dankbarkeit für diese Korrektur gezeigt, sodass vermutet werden darf, dass dieser doch beim Notar dabei war. Die ganze Aktion lässt auch die Interpretation zu, dass Johann Nepomuk Hüttler sich als leiblichen Vater seines nunmehrigen „Neffen" Alois Hitler vermutete und daher erst nach dem Tode seiner Frau die Legitimierung anstrebte.
Einen Tag nach der Vorsprache beim Notar erschien das Quartett (oder mit Alois: Quintett) beim Pfarrer von Döllersheim (Waldviertel) und legte die notarielle Legitimierungsurkunde vor. Der Pfarrer nahm die Korrekturen im Taufbuch vor, übernahm dabei die Namensschreibung Hitler und stellte eine neue Taufurkunde für Alois Hitler aus.
Adolf Hitler wurde daher 1889 als Sohn Alois Hitlers geboren, die Namensänderung - als „phonetischer Kompromiss" zwischen Hiedler und Hüttler? - geschah also schon beim Vater. Der immer wieder vorgebrachte Kalauer, Adolf Hitler habe eigentlich Schickelgruber geheissen, ist somit eine alberne Mystifkation.
Adolf Hitler verdient keinen Funken Sympathie; es ist aber zulässig, die Entstehung seines Familiennamens wissenschaftlich korrekt darzustellen. (Vgl. Hermann
Möcker: Metalegómena genealogica et biographica Hitleriana; in: Österreich in Geschichte und Literatur [mit Geographie], 52. Jg. 2008, Heft 4-5a, S. 199-210.)
Mag. Hermann Möcker (Wien)
Guten Tag,
ich danke Ihnen für die regelmässigen Informationen.Bedanken möchte ich mich auch bei jener Frau, die telefonisch mit mir gesprochen hat.
Bedanken deshalb, weil Sie so nett, schön und freundlich gesprochen hat.
David ist für mich eine ganz WICHTIGE Zeitschrift, und ich hoffe, dass es diese lange lange gibt.
Leider habe ich viele falsche Wege in meinem Leben betreten, damit vieles verkorkst.
Durch Ihre Zeitschrift David, die ja historisch, aber auch sozialpolitisch eine besondere Schrift ist, freue ich mich immer wieder, diese per Post zu erhalten.
Ich möchte mit diesem Schreiben Ihnen allen danken
und versichern, dass ich Ihrer Zeitschrift die Treue halten werde.
Danke fürs Lesen
Ernst Werbik
Sehr geehrter Herr Beresin,
vielen Dank für Ihre guten Wünsche.
Ich lese Ihre Zeitschrift mit grossem Interesse und finde darin sehr viele wertvolle Anregungen und Hinweise für meine familiengeschichtlichen Forschungen.
Die Familie meiner Mutter stammte aus der Pressburger Umgebung und lebte später in Wien und Umgebung. Aus vielen Besuchen in meiner Jugend bei meinem Onkel in Mödling ist mir Österreich sehr vertraut, und, da meine
Eltern in Prag zu Hause waren, so fühle ich mich selbst nach wie vor Österrreich näher als "Preussen". Ihre Zeitschrift stellt somit für mich ein Band sowohl zu meinen jüdischen Vorfahren als auch zu meiner österreichischen Herkunft dar.
Ich wünsche Ihnen weiterhin viel Erfolg.
Mit den besten Grüssen
Dr. Peter Koppitz
Freiburg, Deutschland
1973 überfielen arabische Staaten - unter ihnen auch Syrien - zum wiederholten Mal Israel mit dem Ziel, diesen Staat auszulöschen.
1974 wurde unter Beteiligung Österreichs die UN-Mission auf den Golanhöhen im Grenzbereich von Israel, Syrien und dem Libanon eingerichtet. Die Drohungen arabischer Staaten, dortiger Machthaber und von politischen Gruppierungen unterschiedlicher Art und Bedeutung, Israel vernichten zu wollen, halten unvermindert bis heute an.
Aufgabe der UN-Mission ist die Beobachtung des Waffenstillstandes und damit die Gewährleistung der Sicherheit Israels hinsichtlich des benachbarten Aggressors von 1973, Syrien.
Ob nun eine Bedrohung Israels durch Syrien von einem dortigen kriegslüsternen Diktator, von einer ebensolchen Demokratie oder von einer völlig instabilen innenpolitischen Situation ausgeht, ist für die Aktualität des UN-Mandates ohne formale Bedeutung.
Derzeit gelingt es der EU nicht zu definieren, wer nun derzeit „Syrien" überhaupt ist. Assad? Rebellengruppen? Welche von diesen? Kräfte, die sich noch nicht im Blickpunkt der Öffentlichkeit befinden? Allein die Debatte innerhalb der EU um Waffenlieferungen nach Syrien zeigt, dass diese die zentrale Frage „Wer ist Syrien" derzeit nicht beantworten kann.
Diese Situation stellt für Israel ein Bedrohungsszenario dar, das vom Territorium Syriens ausgeht. Daher ist das UN-Mandat am Golan aktuell wie seit 1974.
Der überfallsartige Rückzug der österreichischen UN- Soldaten schafft ein gefährliches Vakuum, gefährdet die Sicherheit Israels und nimmt der UNO die Chance, das österreichische Kontingent bruchlos und effizient zu ersetzen.
UN-Missionen werden implementiert, WEIL es in den betreffenden Regionen extrem gefährlich ist. Dieses Faktum zum Grund für den fluchtartigen Rückzug zu machen, zeugt - bei allem Respekt für die stets nötige Sorge um die Unversehrtheit österreichischer Staatsbürger - vom situativen Fehlverständnis der heimischen Entscheidungsträger.
Im aktuellen Disput bleibt der Umstand völlig unberücksichtigt, dass Österreichs UN-Mission auch -zigtausende von ehemaligen ÖsterreicherInnen schützt, die vom deutschösterreichischen Naziterror vertrieben worden waren und auch jetzt im hohen Alter akut bedroht sind. Österreich negiert mit seinem panikartigen UN-Rückzug die Verantwortung für diese Menschen. Diese Haltung ist ein tieftrauriger Ausdruck der immer salonfähiger werdenden austriakischen „Schlussstrich-Mentalität".
Prof. Ernst Smole,
leitet das „Internationale Forum für Kunst, Bildung und Wissenschaft/Nikolaus Harnoncourt Fonds" in Wien
An Seine Exzellenz
Botschafter
Artur Lorkowski
Botschaft der Republik Polen
Hietzinger Hauptstr. 42 c
1130 Wien
Wien, 18.7.2013
Sehr geehrter Herr Botschafter,
Mit Entsetzen habe ich als Präsident der Bnai Brith in Österreich, der mitgliederstärksten internationalen jüdischen Organisation, die sich insbesondere für Menschenrechte und den Kampf gegen Antisemitismus einsetzt, den Beschluss des polnischen Parlaments bezüglich des Verbots der rituellen Schächtung gelesen.
Die Hetze gegen das Schächten, das Schlachten von Tieren entsprechend den jüdischen religiösen Vorschriften, ist ein alttestamentarisches Motiv. Heute wird es unter dem vorgeblichen Titel des Tierschutzes wiederbelebt. Diese Diskussion ist nicht neu und führte auch in anderen EU-Staaten zu Diskussionen und Regelungen, die das Schächten unter den Schutz des Gesetzes stellten, sofern dabei gewisse medizinische und hygienische Standards eingehalten werden. Dies ist gerade beim jüdischen Schächten der Fall, denn die baldige Bewusstlosigkeit des Tieres ermöglicht ein humaneres Schlachten als andere quasi maschinelle Formen der Massentierhaltung.
Durch Art. 53 der polnischen Verfassung ist die Religionsfreiheit geschützt, womit ausdrücklich auch die Ausübung ritueller Formen und Riten geschützt ist. Der Parlamentsbeschluss verstösst gegen diesen Verfassungsgrundsatz.
Die Debatte war durch eine zynische antisemitische Argumentationsweise gekennzeichnet, wie dem Hinweis auf das Nichtentsprechen des Schächtens in Zusammenhang polnischer Traditionen, wobei die jahrhundertealte, allerdings oft leidvolle Geschichte jüdischen Lebens in Polen ausser Acht gelassen wurde. Dies 70 Jahre nach der Vernichtung jüdischen Lebens in Polen durch die Nationalsozialisten, aber durchaus unter Beteiligung und Freude mancher Polen (Jedwabne). Wir waren der hoffentlich nicht falschen Annahme, dass in der polnischen Nachkriegsgeschichte gerade nach den Pogromen nach 1945 in Kielcze und dem politischen Antisemitismus 1967 in den letzten Jahren ein neues Kapitel aufgeschlagen wurde.
Ich hoffe, wir haben uns nicht geirrt. Wer Juden kein Leben entsprechend ihren religiösen Traditionen ermöglicht, lässt sie wissen, dass sie wiederum unerwünscht sind.
Mit vorzüglicher Hochachtung
Victor Wagner
Präsident Bnai Brith Österreich
Mitglied der Exekutive Bnai Brith Europe
Sehr geehrter Herr Präsident,
Im Auftrag des abwesenden Botschafters der Republik Polen danke ich für Ihren Brief vom 19. Juli 2013 und darf folgende Stellung nehmen:
Das Ergebnis der Abstimmung im polnischen Parlament am 12. Juli 2013 ist eine souveräne Entscheidung des Gesetzgebers. Die Botschaft gibt dazu kein Kommentar.
Es ist jedoch hervor zu heben, dass der Beschluss des Sejm nicht in geringster Weise die sehr guten Beziehungen Polens zu den jüdischen und muslimischen Gemeinden im In- und Ausland ändert. Polen wird seine religiösen Minderheiten weiterhin sowohl logistisch als auch finanziell unterstützen, so wie es bisher getan hat.
Bitte merken Sie, dass das polnische Grundgesetz Gewissensfreiheit und Freiheit der Ausübung religiöser Rituale garantiert, so dass nach der Auffassung führender polnischen Verfassungs- und Konfessionsrechtexperten das Schächten in Polen als zulässig erachtet werden kann.
Die Frage wird endgültig von dem polnischen Verfassungsgerichtshof beigelegt werden, wie wir fest hoffen, zu Gunsten der religiösen Minderheiten.
Mit freundlichen Grüßen,
Mag. Grzegorz Gancarz
Erster Botschaftssekretär
Presse Attaché
Botschaft der Republik Polen
Hietzinger Hauptstr. 42c
A-1130 Wien
Tel.: +43 1 870 15 249
Fax.: +43 1 870 15 222
www.wieden.msz.gov.pl
Die Stellungnahmen der beiden Parlamentsklubs der ÖVP und SPÖ finden Sie hier:
Sehr geehrter Herr Präsident Wagner,
der ÖVP-Parlamentsklub dankt für die Übermittlung der Kopie Ihres Schreibens an den polnischen Botschafter betreffend Schächtverbot.
Die österreichische Rechtslage ist in diesem Zusammenhang klar und lässt im Hinblick auf die grund- und menschenrechtlich gewährleistete Religions(ausübungs)freiheit lege artis durchgeführte rituelle Schlachtungsmethoden zu. Diese Rechtslage soll auch weiterhin beibehalten werden. Die ÖVP lehnt es ab, wenn – ähnlich wie zuletzt bei der Debatte um die Beschneidung - die Religionsfreiheit eingeschränkt werden soll. Es ist offensichtlich, dass in derartigen Debatten viele Argumente bloß vorgeschützt werden und die eigentliche Absicht eine andere ist.
Mit freundlichen Grüßen
Dr. Philipp Hartig
Parlamentsklub der Österreichischen Volkspartei
Dr.-Karl-Renner-Ring 3
A-1017 Wien Parlament
Sehr geehrter Herr Präsident Wagner!
Vielen Dank für die Übermittlung Ihres Schreibens an den polnischen Botschafter vom 19.7.2013. Wir haben ebenso mit Besorgnis die Diskussion in Polen verfolgt. Gerade in der Frage der Ausübung religiöser Rituale fordern die Vorgaben der Europäischen Menschenrechtskonvention sowie der EU-Grundrechtscharta eine besondere Zurückhaltung seitens der Gesetzgeber in allen EU-Mitgliedstaaten ein. Ein Verbot rituellen Schächtens ist unserem Verständnis nach daher jedenfalls überschießend. Vielmehr noch sind solche Verbote jedoch dazu geeignet, antisemitische und anti-islamische Ressentiments zu stärken, was jedenfalls nicht im Sinne der polnischen Regierung sein sollte.
Mit freundlichen Grüßen,
MMag. Florian Steininger
--
SPÖ-Klub
Parlament
A-1017 Wien
Tel: 0043-1-40110-3862
Fax: 0043-1-40110-3750
Seit Jahren arbeite ich wissenschaftlich über Fanny von Arnstein. Neben der Publizistik habe ich auch Theaterwissenschaften studiert, und im Rahmen eines Seminars über die Salons von Caroline Pichler bis Bertha Zuckerkandl tauchte der Name Fanny von Arnstein auf. Ab diesem Zeitpunkt liess mich Fanny nicht mehr los. Ich sammelte alles über sie und las natürlich Hilde Spiels Buch über Fanny und ihre Zeit. Kurze Zeit später lernte ich meinen späteren Mann kennen. Als er unter meinen Büchern Hilde Spiels Werk entdeckte, fragte er mich überrascht, warum mich diese Frau, eine direkte Vorfahrin seiner Familie, so interessiere. Fanny fasziniert mich, und ich möchte sie in jenes Licht stellen, das ihr zusteht. Zuerst soll eine Dissertation entstehen und danach, so hoffe ich, ein Buch über Fanny. Sie war für mich eine sehr politische Frau und nicht nur die Gesellschaftsdame in der Zeit des Wiener Kongresses. Ich traue ihr mehr zu, als lediglich die Ehefrau des reichen Arnsteiners gewesen zu sein. Warum, wenn nicht aus politischen Gründen, liess Staatskanzler Metternich diese Frau sonst Tag und Nacht beschatten? Sicherlich nicht, weil sie einen harmlosen Literatursalon führte.
Um das herauszufinden, brauche ich aber noch mehr Unterlagen und versuche daher auf diesem Weg, alle Personen anzusprechen, die mehr darüber wissen. Ich bin auf der Suche nach Briefen, Notizen, Tagebüchern, Bildern oder überlieferten Geschichten. Jeder noch so kleine Hinweis könnte das Bild dieser Frau erweitern helfen. Sehr vieles konnte ich in der Familie meines Mannes schon finden, aber ich gebe den Gedanken nicht auf, noch weiteres Material aufzustöbern. Hilde Spiels Werk arbeitet die Person Fannys romanartig auf. Die Autorin macht teilweise Aussagen darin, die leider ohne Quellenangaben nicht nachvollziehbar sind und deshalb das Buch in der Welt der Romane und Erzählungen verorten. Ich aber möchte Fanny als wichtige politische Netzwerkerin ihrer Zeit herausstreichen. Mein Dank gilt allen, die mich bei dieser Arbeit unterstützen wollen.
Hinweise erbeten an: Homa Jordis metron.impex@utanet.at
Sehr geehrte Damen und Herren, liebe Freunde und Kollegen, Die Ukraine steht heutzutage vor der Gefahr eines Krieges. Unser engster Freund Russland entpuppte sich plötzlich zu dem Feind, dessen Truppen kürzlich die Krim eroberten. Die offizielle Begründung? Es bestehe angeblich die Gefahr für die Russen in der Ukraine seitens der neuen Regierung in Kiev, welche, der Putins Meinung nach, ausschliesslich von den Nazis, Bandera-Leuten und anderer Nationalisten eingesetzt wurde. Welch Blödsinn!
Der Maidan in Kiev kämpfte gegen das korrupte und kriminelle Regime und für die bessere Zukunft des Landes aber nicht gegen Russland oder irgendein anderes Land. Moskau raubt jetzt den Ukrainern ihr Recht auf die Selbstbestimmung und anerkennt nicht die neue prowestliche Regierung in Kiev. Der Grund liegt auf der Hand. Die erfolgreiche, stabile und demokratische Ukraine gefährdet das Putins Regime viel mehr, als alle NATO-Raketen. Der ukrainische Staat erlebt derzeit grundsätzliche Umwandlungen und ist daher schwach wie nie früher. Moskau weisst dies gut für sich zu nützen und versucht, Bürgerkrieg in der Ukraine zu provozieren. Nur der Westen kann in dieser Situation die Putins Kriegspläne dämmen, die Ukraine und sich selbst retten. Falls die westlichen Demokratien auch weiterhin nur reden und nichts unternehmen werden, hat die EU keine Zukunft. Das zweite Münchner Abkommen kann nur zu der allgemeinen Katastrophe führen! Vor dem Hintergrund dieser schwierigen Situation im Osteuropa bitte ich Sie/Euch, ihre Mitbürger über tatsächliche Lage in der Ukraine zu informieren sowie Ihre/Eure Politiker dazu zu bewegen, einen Druck auf Moskau zu machen, damit es wieder zur Vernunft kommt. Ich bitte Sie/Euch nicht nur im Namen vieler Milionen Ukrainer, sondern auch im Namen meiner Kinder!
Ich wünsche Ihnen/Euch Frieden und verbleibe mit freundlichen Grüssen
Mykola Kuschnir
Direktor des Jüdischen Museums Czernowitz
Die Diskussion um rechtsextreme Elemente in den Reihen der ukrainischen Übergangsregierung wird in erster Linie durch russische Einflussagenten angefacht. Ziel ist es, gerade in Deutschland die öffentliche Meinung gegen die Ukraine aufzubringen. Dass man es dabei mit der Wahrheit nicht genau nimmt, versteht sich fast von selbst. In einem offenen Brief des Euro-asiatischen Jüdischen Kongresses an Putin wird dieser aufgefordert, den Propagandakrieg einzustellen. Interessant ist auch, dass sich Russland zur eigenen Interessensdurchsetzung in der Ostukraine selbst rechtsextremer Elemente bedient. Nachdem die meisten Oligarchen in der Ostukraine mittlerweile in das Lager der Übergangsregierung gewechselt sind, sucht der Kreml seine neuen Einflussagenten unter den linientreuen, ideologisch motivierten Leuten aus. So wie einst die Sowjetunion - es werden bloss keine Kommunisten, sondern Faschisten rekrutiert.
Gustav Gressel
http://eajc.org/page32/news43672.html
http://khpg.org/index.php?id=1394442656
Anlässlich der vergangenen Fussball-Weltmeisterschaft konnte man eine spezifisch österreichische Verhaltensweise beobachten: „zu den Gegnern der Deutschen halten." Auch wenn die Präferenzen von Fussballanhängern an und für sich unbedeutend sind, verdient dieses Phänomen doch eine gewisse Beachtung. Es ist nämlich die letzte spezifisch österreichische Eigenart! Jenseits des grünen Rasens oder der Sportbars schreitet die Übernahme deutscher Verhaltensmuster, Meinungsbilder, Sprachwendungen, und Präferenzen politisch, ökonomischen und sozialen Ordnungsmuster durch die Bewohner der „Alpen und Donaugaue" ungebrochen voran. Deutsches Kabelfernsehen „verknoppt" das populäre Geschichtsbewusstsein der Alpenländer, deutsche Webseiten, Testberichte und Konsumentenschützer das Alltagsleben, Zeitungen und politische Analysen (auch in Ermangelung qualitativ ebenwertiger Gegenstücke) das politische Bewusstsein der Bildungsschicht. In kaum einem anderen Fall lässt sich das „neue deutsche Denken" in Österreich so deutlich darstellen, wie im Falle der ausgeprägten Sympathie für das derzeitige russische Regime, unter Ausserachtlassung nicht nur der objektiven Gegebenheiten vor Ort, sondern auch der eigenen österreichischen Interesse und Geschichte. Russland, so die Meinung vieler Österreicher, habe das Recht, sich eine Einflusszone zu zimmern, schliesslich seien „diese Ukrainer und andere" ohnehin keine Europäer. Und wenn der brave Österreicher schon Griechenland erhalten muss, dann nicht auch noch die Ukraine. Keine „müde Mark in den Rachen Kiews" hätte einst Karl Friedrich Sattmann aus der Piefke-Saga vermerkt. Heute stimmt Österreich scheinbar mit ein. So ist es auch kaum verwunderlich, dass Putin in Österreich hofiert wird, ein EU-rechtswiedriger Vertrag mit Gasprom unterzeichnet wird - unter Beifall und Stillhalten der Öffentlichkeit. Österreich signalisiert damit, dass ihm die Gewinnchancen eines Staatsbetriebes über die Freiheits-, Entscheidungs- und Entwicklungsrechte anderer Völker gehen. Ein Österreicher des alten Schlages hätte das anders gesehen. Er wüsste nicht nur, dass die scheinbar bösen Westukrainer vom Maidan einstmals cisleithanische Mitbürger waren, deren Lust, im russischen Reich aufzugehen, enden wollend war und die kleinstaatliche Raison würde gebieten, sich zu hüten, die Interessen der Balten, Ukrainer oder Georgier bereitwillig Grossmachtinteressen zu opfern. Nicht nur, dass es einem selbst so ergehen könnte. Der alte Österreicher weiss aus jahrhundertelanger Erfahrung des Managements eines Vielvölkerreiches, dass dessen dauerhafter Bestand nicht durch Unterdrückung von Minderheiten gesichert werden kann. Rücksicht auf kleinstaatliche Marotten zu nehmen hingegen lernte das ethnisch weitgehend homogene deutsche Reich nie zu entwickeln. Deutschland agiert gegenüber Russland erstens aus eigener historischer Schuld - 1941 bis 1945 - zweitens aus der Perspektive einer globalen Wirtschaftsmacht, die ihre Interessen gegenüber Russland auch bilateral durchsetzen kann. Für Deutschland ist russisches Gas entscheidender als der gesamte zwischeneuropäische Raum, eine kollabierte Ukraine kann durch andere Märkte substituiert werden. In Österreich hingegen ist die Lage anders. Österreichs Wirtschaft ist regional ausgerichtet - auf Mittel- Südost und Osteuropa. Es hat von der EU und NATO Erweiterung enorm profitiert und ist wirtschaftlich mit den neuen Staaten Europas stark verwoben. Es kann diese Märkte weder substituieren, noch eigene Interessen ausserhalb eines rechtlich verbrieften multilateralen Rahmens gegenüber anderen Mächten geltend machen. Die durch Russland forcierte Auflösung oder Revision der europäischen Ordnung ist daher eine ernste Bedrohung auch eigener Interessen. Dass sich Österreich vor diesem Hintergrund Russland als Clown zu Verfügung stellt, europäische Aussen- und Energiepolitik zu unterminieren, zeugt von grob-fahrlässigem Dilettantismus. Ein Einsatz für die Selbständigkeit und Unabhängigkeit der Staaten Osteuropas würde freilich politisches Rückgrat erfordern, das der derzeitigen politischen Klasse fehlt. Es bleibt also abzuwarten, ob nun, da Deutschland auch Weltmeister geworden ist, auch die Zuneigung der Fussballfans dem Opportunismus weichen wird, oder ob sich eine politisch-kulturelle Identität jenseits des Fussballplatzes restaurieren lässt.
Gustav C. Gressel
Liebe Leser,
als Kind wusste ich nichts von Chanukka. Ich bin im schwäbischen Pietismus aufgewachsen. Aber unser Grossvater hat seinen Enkeln die ganze Heilige Schrift vorgelesen, auch die apokryphen Makkabäer-Bücher. Dort wird die Geschichte, die den Hintergrund für das Chanukkafest bietet, erzählt.
So waren mir Mattathias, sein Sohn Judas und König Antiochus ein Begriff, als ich die Gegend um Modiin, das Hügelland und die Wälder am Westabhang des judäischen Berglandes kennenlernte. Besonders im Winter, wenn alles grün wird und blüht, bietet dieser Teil Israels wunderbare Wanderungen. Die Höhlen, in denen sich Makkabäer, Zeloten und die Kämpfer Bar Kochbas versteckten, verlocken zu abenteuerlichen Expeditionen.
Eine Geschichte aus dem siebten Kapitel des zweiten Makkabäer-Buchs hat mich besonders beeindruckt: Weil sie an der Torah festhalten, foltert der heidnische Tyrann eine Mutter und ihre sieben Söhne grausam zu Tode. Erst im Rückblick wurde mir klar, dass Grossvater uns abends vorgelesen hat, was ich selbst niemals als Gute-Nacht-Geschichte empfehlen würde.
Nachhaltig geprägt hat mich aber, wie diese Menschen die eigene Schuld gegenüber ihrem Gtt sehen, dem sie nichts als Erbarmen und Gnade zutrauen. Sie glauben aus tiefstem Herzen, dass Gtt sein Volk niemals im Stich lassen wird. Und dann ist da die Gewissheit, dass mit dem Tod nicht alles aus ist. Vielmehr wird Gtt sie wieder auferwecken. Die Auferstehungshoffnung gab diesen Menschen Kraft, das Wort Gttes höher zu achten als ihr eigenes Leben.
Heute begegnen mir wieder Menschen, die sehr ähnlich gestrickt sind. Sie sind fest überzeugt, dass Gtt sie nach zwei Tausend Jahren aus aller Welt ins Land Israel zurückführt. Sie leben in umstrittenen Siedlungen, im Ostjerusalemer Viertel Silwan, das noch vor hundert Jahren ein jüdisches Dorf war, und mahnen ihr Recht an, auf dem Tempelberg beten zu dürfen. Allen Verleumdungen zum Trotz ist Tatsache, dass sie weder Muslime noch Christen an der freien Ausübung ihres Glaubens hindern wollen. Rabbi Jehuda Glick fordert lediglich Gleichberechtigung. Dafür wurde er am Abend des 29. Oktober von einem Attentäter durch vier Schüsse schwer verletzt. Glick wurde nicht müde, zu betonen, dass der Tempelberg als „Bethaus für alle Völker" gedacht sei, nicht als exklusives Heiligtum einer Religion.
Allerdings scheint, wie schon zur Makkabäer-Zeit, allein die Existenz von torahtreuen Juden die Botschaft zu verbreiten, dass es der Gtt Israels ist, vor dem sich einmal alle Menschen zu verantworten haben. Und das ist einer Welt, die den Menschen zum letztgültigen Massstab erhoben hat, ein Dorn im Auge, ein Pfahl im Fleisch.
Der Zeitgeist erklärt einen Schöpfer für genauso undenkbar wie die Möglichkeit, dass sich alle einmal vor einem Richter zu verantworten haben. Und er sucht die Lehre, dass jeder nach eigener Fasson selig zu werden habe und den damit verbundenen Libertinismus, mit intoleranter Härte durchzusetzen. Deshalb ist es Brandstiftung wenn Juden das fordern, was in einer Welt, die Toleranz zum Dogma erhoben hat, als Religionsfreiheit eigentlich selbstverständlich sein sollte.
Wer Chanukka versteht, versteht einen entscheidenden Aspekt des modernen Staates Israel besser.
Mit herzlichem Schalom grüsst Sie aus Jerusalem,
Ihr Johannes Gerloff
Sehr geehrter Herr Mermertas,
sehr geehrte Damen und Herren,
mit grossem Interesse habe ich Ihre Kulturzeitschrift wahrgenommen als ich für Chanukka recherchierte. Ich selbst bin evangelisch-lutherische Theologin und arbeite seit 2 ½ Monaten als Pastorin in NYC.
Welch informative und interessante Texte! Auch wenn ich nicht Ihrer Glaubensgemeinschaft angehöre, so hat es mich schon immer interessiert. Daher meinen herzlichen Dank.
Herzliche Grüsse aus NYC
Miriam Gross
Zum Interview mit DI George Wozasek, Präsident der Israelitischen Kultusgemeinde Linz, „Ich fühle mich seit 1951 wohl hier – sonst wäre ich nicht geblieben“, in DAVID, Heft 80, Pessach 2009: Herr Roger Bogaert macht die Redaktion freundlicherweise darauf aufmerksam, dass Leopold Mostny, nach dem die Mostny-Strasse in Linz benannt ist, richtigerweise im 100. Lebensjahr, somit im Alter von 99 Jahren, deportiert wurde: „im Alter von 99 Jahren / Leopold Mostny wurde geboren : 30. April oder 1. Mai 1843, wurde am 2. Oktober 1942 nach Terezin (Theresienstadt) deportiert und verstarb dort am 6. Oktober 1942 / 99 Jahren alt.“ Freundliche Grüsse aus Flandern, Belgien, Roger Bogaert
Lieber Herr Regierungsrat Beresin,
Vielen Dank für die neue David-Ausgabe.
Bitte erlauben Sie mir die Richtigstellung einer Bemerkung im Artikel zu Heinrich Heines 160stem Geburtstag. Ich habe am 9. April in Paris im Théâtre des Abbesses (Montmartre) einen Liederabend mit dem Titel „Hommage à Heine" begleitet (ausschliesslich Heine-Vertonungen, von Clara und Robert Schumann, Schubert, Brahms und Liszt)und war am darauffolgenden Tag Heine auf dem Friedhof besuchen. - Und der liegt nicht, wie im Artikel behauptet, in der jüdischen Abteilung, sondern in Block 27 neben Jean Baptiste Greuze und André Jolivet!
Sein Grab ziert ausserdem ein Gedicht in deutscher Sprache - das dürfte auf dem Friedhof Montmartre einmalig sein:
WERD ICH WO IN EINER WÜSTE
VERSCHARRT VON FREMDER HAND?
ODER RUH ICH AN DER KÜSTE
EINES MEERES IN DEM SAND?
Mit herzlichen Grüssen, Ihre Barbara Moser
Sehr geehrte Frau Doktorin Moser,
Vielen Dank für Ihren interessanten Hinweis.
Die DAVID-Redaktion erlaubt sich dazu anzumerken:
Beim Pariser Friedhof Montmarte handelt es sich um einen Kommunalfriedhof, der daher schon von seiner laizistischen Organisationsform her prinzipiell keine konfessionellen Abteilungen eingeplant hatte. Dennoch liessen sich jüdische Familien bevorzugt in einem bestimmten Bereich des Gesamtareals bestatten, indem somit zum überwiegenden Teil Grabmonumente von Personen mit jüdischem Kontext zu finden sind. Daher erscheint es sinnvoll, von einer „jüdischen Abteilung" zu sprechen, selbst wenn es sich dabei im engeren Sinne um keine religiöse Anlage handelt. Heine wurde tatsächlich in diesem konfessionellen Kontext, in unmittelbarer Nachbarschaft zu den bekanntesten jüdischen Familien der Stadt bestattet.
Mit freundlichen Grüssen,
Ilan Beresin